Brunetti 07 - Nobiltà
Rom abgelehnt, und nun das: der kaltschnäuzige Verzicht auf die Gelegenheit zu einem Fernsehauftritt. Wenn das nicht Irrsinn war!
»Nun gut. Wenn Sie es so sehen, Brunetti, dann werde ich das denen sagen.« Wie es seine Gewohnheit war, schob Patta ein paar Papiere auf seinem Schreibtisch hin und her, um zu zeigen, wieviel er zu tun hatte. »Und was tut sich bei den Lorenzonis?«
»Ich habe mit dem Neffen und noch mit einigen Leuten gesprochen, die ihn kennen.«
»Warum denn das?« fragte Patta aufrichtig verblüfft.
»Weil er jetzt der Erbe ist.« Ob dem wirklich so war, wüsste Brunetti nicht genau, aber da es keinen weiteren männlichen Lorenzoni gab, hielt er es für, eine vernünftige Annahme.
»Wollen Sie damit andeuten, dass er womöglich für den Mord an seinem eigenen Vetter verantwortlich war?« fragte Patta.
»Nein, Vice-Questore. Ich sage nur, dass er derjenige ist, der am meisten vom Tod seines Vetters profitiert, und darum finde ich, man sollte sich mit ihm befassen.«
Patta sagte nichts dazu, und Brunetti fragte 'sich, ob er wohl über diese hochinteressante neue Theorie nachgrübelte, dass persönlicher Profit als Motiv für Verbrechen dienen könnte, und ob dies vielleicht bei der Polizeiarbeit hilfreich sein könnte.
»Was noch?«
»Sehr wenig«, antwortete Brunetti. »Es gibt noch ein paar andere Leute, mit denen ich mich gern unterhalten möchte, und dann will ich auch noch einmal mit den Eltern reden.«
»Mit Robertos Eltern?« fragte Patta.
Brunetti verkniff sich die Bemerkung, dass er mit Maurizios Eltern schlecht sprechen könne, da sein Vater tot und seine Mutter verschwunden war. »Ja.«
»Sie wissen natürlich, mit wem Sie es zu tun haben« fragte Patta.
»Lorenzoni?«
»Conte Lorenzoni«, verbesserte Patta automatisch. Während die italienische Regierung alle Adelstitel schon vor Jahrzehnten abgeschafft hatte, gehörte Patta noch zu denen, die sich immer gern mit einem Conte schmückten.
Brunetti ließ es durchgehen. »Ich würde ganz gern noch einmal mit ihm sprechen. Und mit seiner Frau.«
Patta wollte schon etwas einwenden, aber dann fiel ihm wohl TelePadova wieder ein, und er sagte nur: »Gehen Sie angemessen mit ihnen um.«
»Ja, Vice-Questore«, sagte Brunetti. Er spielte kurz mit dem Gedanken, Bonsuans Beförderung noch einmal ins Gespräch zu bringen, sagte dann aber doch nichts und stand auf. Patta wandte seine Aufmerksamkeit den Papieren vor ihm zu und nahm Brunettis Abgang nicht zur Kenntnis.
Signorina Elettra war noch immer nicht wieder an ihrem Platz, weshalb Brunetti nach unten ging, um Vianello zu suchen. Als er den Sergente an seinem Schreibtisch antraf, sagte er: »Ich glaube, wir sollten uns fetzt mal mit den Jungen unterhalten, die Robertos Auto gestohlen haben.«
Vianello lächelte und deutete mit einer Kopfbewegung auf ein paar Blatt Papier, die er vor sich liegen 'hatte. Als Brunetti das gestochene Schriftbild des Laserdruckers erkannte, fragte er: »Elettra?«
»Nein, Commissario. Ich bin auf die Idee gekommen, mal diese ehemalige Freundin von ihm anzurufen - sie hat sich über Belästigung durch die Polizei beklagt und mir erklärt, dass sie Ihnen schon alles gesagt hätte, aber ich habe trotzdem gefragt -, und ich habe die Namen bekommen und dann die Adressen ausfindig gemacht.«
Brunetti zeigte auf die Papiere, die so anders aussahen als Vianellos übliches Gekrakel.
»Sie bringt mir den Umgang mit dem Computer bei«, sagte Vianello, ohne seinen Stolz im mindesten verbergen zu wollen.
Brunetti nahm das Blatt und hielt es auf Armeslänge von sich ab, um das kleine Druckbild lesen zu können; »Hier stehen zwei Namen und Adressen drauf, Vianello. Braucht man dafür einen Computer?«
»Wenn Sie sich die Adressen ansehen, Commissario, werden Sie feststellen, dass der eine gerade in Genua seinen Militärdienst ableistet. Das hat der Computer für mich herausgefunden.«
»Oh«, sagte Brunetti und sah genauer hin. »Und der andere?«
»Wohnt hier in Venedig, und ich habe schon mit ihm gesprochen«, antwortete Vianello leicht gekränkt.
»Gute Arbeit«, lobte Brunetti, dem nichts anderes einfiel, womit er Vianello wieder besänftigen konnte, »Was hat er denn über den Autodiebstahl gesagt? Und über Roberto?«
Vianello blickte auf; die beleidigte Miene verschwand. »Was alle sagen. Daß er un figlio di papà war, der zu viel Geld und zu wenig zu tun hatte. Als ich nach der Autogeschichte fragte, wollte er zuerst leugnen. Aber ich habe ihm
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