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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Zweifel. »Und Freunde in der magistratura. Würde das nicht deren Urteil oder Entscheidungen beeinflussen?«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich«, log Brunetti. »Außerdem gibt es keinen Grund zu der Annahme, daß es zu einem Prozeß kommen wird.«
    »Warum nicht?« wollte Lembo wissen.
    »In einem Prozeß geht es gewöhnlich um die Feststellung von Schuld oder Unschuld. Das ist hier nicht die Frage. Ich denke, es wird eine richterliche Vernehmung und daraufhin eine Geldbuße geben.«
    »Und dann?«
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage verstehe, Signor Lembo«, sagte Brunetti, während er aus dem Fenster über den Kanal blickte, wo soeben eine Taube auf dem Dach des Hauses gegenüber landete.
    »Was passiert, wenn die Geldbuße verhängt ist?«
    »Diese Frage kann ich nicht beantworten.«
    »Warum nicht?«
    »Weil die Geldbuße meiner Frau auferlegt wird und nicht mir.« Er fragte sich, wie oft er diese Antwort wohl noch würde geben müssen.
    »Und welche Meinung haben Sie zu der Tat?«
    »Ich habe keine Meinung dazu.« Jedenfalls keine, die er der Presse mitteilen würde.
    »Das finde ich aber merkwürdig«, sagte Lembo und fügte noch ein »Commissario« an, als glaubte er mit dem Titel Brunettis Zunge lösen zu können.
    »Das steht Ihnen frei«, sagte Brunetti. Und dann mit lauterer Stimme: »Wenn Sie keine weiteren Fragen haben, Signor Lembo, wünsche ich Ihnen einen guten Tag.« Damit legte er den Hörer auf. Er wartete, bis die Leitung wieder frei war, und wählte dann die Vermittlung. »Stellen Sie bitte heute keine Anrufe mehr zu mir durch«, sagte er und legte auf.
    Anschließend rief er unten in der Registratur an, nannte den Namen des Mannes in Amsterdam und wies die Beamten an, nachzusehen, ob es eine Akte über ihn gab und, falls ja, sie sofort an die niederländische Polizei zu faxen. Er erwartete eine Protestarie über die enorme Arbeitsbelastung, doch es kam keine. Statt dessen sagte man ihm, das werde noch heute nachmittag erledigt, vorausgesetzt natürlich, es gebe eine solche Akte.
    Brunetti verbrachte den Rest des Vormittags damit, seine Post zu erledigen und Berichte über zwei Fälle zu verfassen, die er gerade, beide nicht sehr erfolgreich, bearbeitete.
    Kurz nach eins stand er auf, um in die Mittagspause zu gehen. Er ging die Treppe hinunter und durch die Eingangshalle. Dort stand kein Posten an der Tür, aber das war um die Mittagszeit, wenn die Büros geschlossen waren und Besucher keinen Zutritt hatten, nicht ungewöhnlich. Brunetti drückte den Knopf, der die große Glastür aufschloß, und öffnete sie. Die Kälte war in die Vorhalle gedrungen, und er schlug den Kragen hoch und versteckte sein Kinn im warmen Tuch seines Mantels. Den Kopf gesenkt, trat er hinaus ins Feuer.
    Dieses zeigte sich zuerst in einem grellen Lichtblitz, dann noch einem und noch einem. Seine auf den Boden gerichteten Augen sahen Füße nahen, fünf oder sechs Paar, bis sein Weg verstellt war und er stehenbleiben und aufblicken mußte, um zu sehen, was los war.
    Er fand sich eingekeilt von fünf Männern, die ihm Mikrophone entgegenstreckten. Dahinter tanzten in einem nicht so fest geschlossenen Kreis drei weitere Männer herum und hielten Videokameras auf ihn gerichtet, deren rote Lämpchen blinkten.
    »Commissario, ist es wahr, daß Sie Ihre Frau festnehmen mußten?«
    »Wird es zum Prozeß kommen? Hat Ihre Frau sich einen Anwalt genommen?«
    »Und das mit der Scheidung? Stimmt das?«
    Sie fuchtelten ihm mit ihren Mikrophonen vor dem Gesicht herum, aber er widerstand dem momentanen Drang, sie wütend wegzuschlagen. Angesichts seiner Überraschung begannen sie zu kreischen wie Tiere vorm Futtertrog, und ihre Fragen übertönten einander. Er konnte nur einzelne Satzfetzen heraushören: »Schwiegervater«, »Mitri«, »freie Wirtschaft«, »Behinderung der Justiz.«
    Er steckte die Hände in die Manteltaschen, senkte den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung. Er stieß mit der Brust gegen einen Menschenkörper, ging aber weiter, wobei er zweimal schwer auf fremde Füße trat. »... können doch nicht einfach weggehen ...«, »... Verpflichtung ...«, »Recht auf Information ...«
    Wieder stellte sich ihm jemand in den Weg, aber er ging einfach weiter, den Blick gesenkt, diesmal um nicht auf Füße zu treten. An der ersten Ecke bog er nach links ab und wandte sich in Richtung Santa Maria Formosa, stetigen Schrittes und ohne den Anschein zu erwecken, daß er floh. Eine Hand packte ihn bei der Schulter, aber

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