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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Männerstimme aus der Sprechanlage, die fragte, wer da sei. Er sagte, er sei von der Polizei, nannte seinen Dienstgrad, aber nicht seinen Namen, hörte eine Zeitlang gar nichts und wurde schließlich zum Eintreten aufgefordert. Das Salz fraß immer noch an den Mauern, und wie zuvor lagen kleine Häufchen Putz und abgeblätterte Farbe auf den Treppenstufen.
    Oben erwartete ihn ein Mann im dunklen Anzug an der offenen Tür. Er war groß und sehr schlank, hatte ein schmales Gesicht und dunkles, kurzgeschnittenes Haar, das an den Schläfen grau wurde. Als er Brunetti sah, machte er Platz, um ihn eintreten zu lassen, und streckte die Hand aus. »Ich bin Sandro Bonaventura«, sagte er, »Paolos Schwager.« Wie seine Schwester zog er es offenbar vor, Italienisch zu sprechen, nicht Veneziano, obwohl der Akzent deutlich hörbar war.
    Brunetti nahm die Hand und trat in die Wohnung, ohne seinen Namen zu nennen. Bonaventura führte ihn in ein großes Zimmer am Ende des kurzen Flurs. Brunetti bemerkte, daß hier noch die ursprünglichen Eichendielen lagen, kein Parkett, und die Vorhänge an den Fenstern schienen echtes Fortuny-Tuch zu sein.
    Bonaventura deutete auf einen Sessel, und als Brunetti saß, nahm er ihm gegenüber Platz. »Meine Schwester ist nicht da«, begann er. »Sie und ihre Enkelin sind für ein paar Tage zu meiner Frau gefahren.«
    »Ich hatte gehofft, sie anzutreffen«, sagte Brunetti. »Wissen Sie, wann sie zurückkommt?«
    Bonaventura schüttelte den Kopf. »Sie und meine Frau stehen sich sehr nahe, wie Schwestern, darum haben wir sie zu uns eingeladen, nachdem, das passiert war.« Er blickte auf seine Hände, schüttelte langsam den Kopf und sah dann wieder zu Brunetti auf. »Ich kann einfach nicht glauben, was da passiert ist, schon gar nicht bei Paolo. Es gab keinen Grund dafür, wirklich keinen.«
    »Es gibt oft keinen Grund, wenn jemand einen Einbrecher überrascht, der daraufhin in Panik gerät...«
    »Sie glauben, das war ein Einbruch? Und dieser Zettel?« fragte Bonaventura.
    Brunetti ließ sich etwas Zeit, bevor er antwortete: »Es könnte sein, daß der Einbrecher ihn sich aufgrund des Aufsehens um das Reisebüro ausgesucht hat. Den Zettel hatte er womöglich bei sich, um ihn hinterher in der Wohnung liegen zu lassen.«
    »Aber wozu diese Umstände?«
    Brunetti hatte keine Ahnung und fand die Erklärung selbst lächerlich. »Um uns abzulenken, damit wir nicht nach einem professionellen Einbrecher suchen.«
    »Völlig unmöglich«, erwiderte Bonaventura. »Paolo wurde von einem Fanatiker umgebracht, der ihn für irgendwelche Vorgänge verantwortlich machte, von denen Paolo gar keine Ahnung hatte. Das Leben meiner Schwester ist vernichtet. Es ist einfach irre. Erzählen Sie mir nichts von Einbrechern, die sich solche Zettel einstecken, und verschwenden Sie nicht Ihre Zeit mit der Suche nach ihnen. Suchen Sie lieber den Wahnsinnigen, der das getan hat.«
    »Hatte Ihr Schwager Feinde?« fragte Brunetti.
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Das finde ich aber merkwürdig«, sagte Brunetti.
    »Was wollen Sie damit sagen?« brauste Bonaventura auf, wobei er sich weit zu Brunetti herüberbeugte.
    »Fühlen Sie sich bitte nicht gekränkt, Signor Bonaventura.« Brunetti hob beschwichtigend die Hand. »Ich meine nur, daß Dottor Mitri Geschäftsmann war, ein erfolgreicher dazu. Ich bin überzeugt, daß er im Lauf der Jahre Entscheidungen treffen mußte, die anderen nicht gefallen haben und die ihm auch verübelt wurden.«
    »Leute bringen sich nicht wegen schlechter Geschäfte gegenseitig um«, erklärte Bonaventura entschieden.
    Brunetti, der wußte, wie oft das vorkam, sagte eine Weile nichts. Dann fragte er: »Fällt Ihnen jemand ein, mit dem er vielleicht Ärger hatte?«
    »Nein«, antwortete Bonaventura prompt, und nach einigem Nachdenken fügte er hinzu: »Da ist niemand.«
    »Aha. Sind Sie mit den Geschäften Ihres Schwagers vertraut? Haben Sie für ihn gearbeitet?«
    »Nein. Ich leite unsere Fabrik in Castelfranco im Veneto. Interfar. Sie gehört mir, ist aber auf den Namen meiner Schwester eingetragen.« Als er sah, daß Brunetti damit nicht zufrieden war, fügte er hinzu: »Aus steuerlichen Gründen.«
    Brunetti nickte verständnisvoll, geradezu priesterlich, wie er fand. Manchmal dachte er, daß einem Menschen in Italien jede Scheußlichkeit, jede Gemeinheit nachgesehen wurde, wenn er nur sagte, er habe es aus steuerlichen Gründen getan. Man konnte seine Familie auslöschen, seinen Hund erschießen, dem

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