Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti
Jahren Ärger mit einem gewissen Narduzzi.« Vianello zeigte mit einem Nicken, daß der Name ihm etwas sagte.
»Erinnern Sie sich, was aus ihm geworden ist?« fragte Brunetti.
»Er ist umgekommen, aber ich weiß nicht mehr, wie.«
»Erdrosselt, möglicherweise mit einem Elektrokabel.«
»Und diese beiden?« Vianello deutete mit einer Kopfbewegung zu den Papieren.
»Dasselbe.«
Vianello nahm die Blätter und las sie aufmerksam durch. »Ich habe noch von keinem dieser beiden gehört. Der Mord an Narduzzi war vor ungefähr einem Jahr, nicht wahr?« »Ja. In Padua.« Die dortige Polizei war höchstwahrscheinlich froh, Narduzzi los zu sein. Jedenfalls haben die Ermittlungen sich nie bis nach Venedig erstreckt. »Fällt Ihnen jemand ein, der etwas wissen könnte.«
»Vielleicht der Kollege aus Padua, mit dem Sie mal zusammengearbeitet haben?«
»Della Corte«, sagte Brunetti. »Ja, an den hatte ich auch schon gedacht. Er kennt vermutlich ein paar dunkle Gestalten, die er mal fragen kann. Aber ich dachte, Sie kennen vielleicht jemanden.«
»Zwei«, antwortete Vianello, ohne das näher zu erläutern.
»Gut. Dann fragen Sie die mal.«
»Was kann ich ihnen im Gegenzug anbieten, Commissario?«
Darüber mußte Brunetti ein Weilchen nachdenken und genau abwägen, was er von Kollegen erbitten und wozu er sich selbst gefahrlos verpflichten konnte. Schließlich sagte er: »Ich bin dann ihnen einen Gefallen schuldig, und wenn ihnen in Padua etwas zustößt, steht della Corte dafür ein.«
»Nicht gerade viel«, meinte Vianello unverhohlen skeptisch.
»Mehr liegt nicht drin.«
20
D ie nächste Stunde war ausgefüllt mit Anrufen nach und aus Padua. Brunetti rief bei Polizei und Carabinieri an und stürzte sich in das heikle Geschäft, Gefälligkeiten einzusammeln, die er sich im Lauf seiner Jahre bei der Polizei verdient hatte. Die meisten dieser Gespräche gingen von der Questura zu anderen Dienststellen. Della Corte erklärte sich bereit, in Padua herumzufragen, und machte sich Brunettis Vorschlag zu eigen, für eventuelle Tips entsprechende Gefälligkeiten in Aussicht zu stellen. Danach verließ Brunetti die Questura und ging zu den öffentlichen Telefonen an der Riva degli Schiavoni, wo er einen kleinen Stapel Telefonkarten zu je fünfzehntausend Lire aufbrauchte, um die Handys verschiedener kleiner und nicht ganz so kleiner Ganoven anzurufen, mit denen er in der Vergangenheit zu tun gehabt hatte.
Wie alle Italiener wußte er, daß viele dieser Anrufe von allen möglichen staatlichen Stellen abgehört und aufgezeichnet werden konnten, vielleicht in diesem Moment sogar wurden, darum nannte er nie seinen Namen und sprach immer nur in Andeutungen, sagte zum Beispiel, daß eine gewisse Person in Venedig sich für Ruggiero Palmieris momentanen Aufenthaltsort interessiere, aber diese Person wolle auf keinen Fall mit ihm Kontakt aufnehmen, und Signor Palmieri dürfe auch nicht erfahren, daß nach ihm gefragt werde. Sein sechster Anruf galt einem Drogenhändler, dessen Sohn Brunetti vor ein paar Jahren nicht festgenommen hatte, nachdem der Junge ihn am Tag nach der letzten Verurteilung seines Vaters tätlich angegriffen hatte. Der Mann sagte, er werde sehen, was er tun könne.
»Und Luigino?« fragte Brunetti, um zu zeigen, daß er nicht nachtragend war.
»Den habe ich nach Amerika geschickt. Um Betriebswirtschaft zu studieren«, sagte der Vater, bevor er auflegte. Das bedeutete wahrscheinlich, daß Brunetti ihn würde festnehmen müssen, wenn er ihm das nächstemal begegnete. Vielleicht würde er mit einem Diplom von einer angesehenen amerikanischen Universität aber auch solch schwindelerregende Höhen in der Organisation erklimmen, daß ein kleiner commissario di polizia, aus Venedig gar nicht mehr an ihn herankam.
Mit der letzten Telefonkarte rief Brunetti bei Mitris Witwe an, deren Nummer er von einem Zettel ablas, und wie am Tag nach Mitris Tod bekam er nur eine Ansage des Anrufbeantworters zu hören, daß wegen des Trauerfalls niemand von der Familie zu sprechen sei. Er nahm den Hörer ans andere Ohr und wühlte in seiner Tasche, bis er einen weiteren Zettel mit der Nummer von Mitris Bruder fand, aber auch dort bekam er nur den Anrufbeantworter mit der gleichen Ansage. Kurzerhand beschloß er, zu Mitris Wohnung zu gehen und zu sehen, ob irgend jemand von der Familie zu Hause war.
Er nahm das 82er Boot nach San Marcuola und fand ohne weiteres den Weg zu dem Haus. Er klingelte, und gleich darauf hörte er eine
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