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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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wurde er...?« begann Brunetti und wollte eigentlich »verhaftet« sagen, doch statt dessen sagte er: »... aufgegriffen?«
    »Das habe ich Ihnen doch eben gesagt«, blaffte Patta in einem Ton, dem man anhörte, wie nah er einem Wutausbruch war. »Am Lido von Jesolo.«
    »Aber wo dort, Vice-Questore? In einer Bar, einer Disco?«
    Patta schloß die Augen, und Brunetti fragte sich, wie lange der Mann wohl über das alles nachgegrübelt und sich Ereignisse aus dem Leben seines Sohnes ins Gedächtnis gerufen haben mochte.
    »Im Luxor, einer Disco«, antwortete er endlich.
    Brunetti entfuhr ein ganz leises »Ah«, doch es genügte, damit Patta die Augen wieder öffnete. »Wie, was?« fragte er.
    Brunetti winkte ab. »Ich kannte mal jemanden, der dort verkehrte«, sagte er.
    Patta sah seine vage Hoffnung wieder schwinden und wandte sich ab.
    »Haben Sie einen Anwalt eingeschaltet, Vice-Questore?« fragte Brunetti.
    »Ja, Donatini.«
    Brunetti verbarg seine Überraschung hinter einem Nicken und tat, als ob es ganz selbstverständlich wäre, daß Patta den Anwalt wählte, der regelmäßig jene verteidigte, die der Zugehörigkeit zur Mafia angeklagt waren.
    »Ich wäre froh, Commissario ...«, begann Patta jetzt, hielt aber wieder inne, weil er überlegen mußte, wie er es wohl am besten ausdrückte.
    »Ich werde weiter darüber nachdenken, Vice-Questore«, kam Brunetti ihm zuvor. »Und natürlich werde ich mit niemandem darüber reden.« Sosehr er auch vieles verabscheute, was Patta tat, er konnte den Mann jetzt unmöglich in die peinliche Situation bringen, ihn um Stillschweigen in dieser Angelegenheit bitten zu müssen.
    Patta verstand das Abschließende in Brunettis Ton und stand auf. Er begleitete ihn zur Tür und hielt sie ihm auf. Die Hand gab er ihm nicht wieder, aber er brachte noch ein knappes »Danke« über die Lippen, bevor er in sein Zimmer zurückging und die Tür hinter sich schloß.
    Brunetti sah Signorina Elettra an ihrem Schreibtisch sitzen, allerdings war an die Stelle der Papiere und Aktenordner inzwischen ein dickliches Hochglanzprodukt getreten, das der Frühjahrs-Modeausgabe von Vogue verdächtig ähnlich sah.
    Sie blickte von der Zeitschrift auf. »Sein Sohn?« fragte sie.
    Ehe er darüber nachdenken konnte, war es schon heraus: »Haben Sie sein Zimmer verwanzt?« Er hatte es eigentlich als Scherz gemeint, aber als er es sich jetzt fragen hörte, war er da gar nicht mehr so sicher.
    »Nein. Heute vormittag hat ihn der Junge angerufen und schien reichlich nervös, anschließend bekam er einen Anruf von der Polizei in Jesolo. Kaum hatte er mit denen gesprochen, sollte ich ihm Donatinis Nummer heraussuchen.«
    Brunetti überlegte kurz, ob er sie nicht auffordern sollte, ihren Beruf als Sekretärin an den Nagel zu hängen und Polizistin zu werden, aber er wußte, daß sie eher sterben als eine Uniform anziehen würde.
    »Kennen Sie ihn?« fragte Brunetti statt dessen.
    »Wen, Donatini oder den Jungen?«
    »Einen von ihnen. Oder beide.«
    »Ich kenne beide«, sagte sie. Dann fügte sie wie beiläufig hinzu: »Beides Mistkerle, nur daß Donatini besser angezogen ist.«
    »Hat er Ihnen gesagt, worum es geht?« fragte er mit einer Kopfbewegung zu Pattas Zimmer.
    »Nein«, antwortete sie ohne eine Spur von Enttäuschung. »Wenn es Vergewaltigung wäre, hätte es in den Zeitungen gestanden. Also geht es wahrscheinlich um Drogen. Donatini dürfte gut genug sein, um ihn da rauszuhauen.«
    »Würden Sie ihn denn einer Vergewaltigung für fähig halten?«
    »Wen, Roberte?«
    »Ja.«
    Sie dachte kurz nach, bevor sie antwortete: »Nein, das wohl eher nicht. Er ist arrogant und aufgeblasen, aber ich halte ihn nicht für durch und durch schlecht.«
    Irgend etwas ließ Brunetti fragen: »Und Donatini?«
    Ohne zu zögern, antwortete sie: »Dem ist alles zuzutrauen.«
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie ihn kennen.«
    Sie senkte den Blick auf ihre Zeitschrift und blätterte eine Seite um, was wie eine lässige Geste aussehen sollte. »Doch.« Sie blätterte noch eine Seite um.
    »Er hat mich um Hilfe gebeten.«
    »Der Vice-Questore?« Sie sah überrascht zu ihm auf.
    »Ja.«
    »Und werden Sie ihm helfen?«
    »Wenn ich kann«, antwortete Brunetti.
    Sie sah ihn lange an, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Zeitschrift auf ihrem Schreibtisch zuwandte. »Ich glaube, Grau ist nicht mehr das Wahre für die Menschheit«, meinte sie. »Wir haben es alle ein bißchen satt.«
    Sie trug eine pfirsichfarbene Seidenbluse unter

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