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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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zwei Eigenschaften, die ihn sonst um diese Stunde selten auszeichneten. Paola schlief noch, und Chiara war im Bad, so daß sie allein am Küchentisch saßen und sich die frischen Brioche munden ließen, die Raffi unten aus der Pasticceria geholt hatte.
    »Sag mal, Raffi«, begann Brunetti bei der ersten Brioche, »weißt du irgend etwas über Leute, die hier Drogen verkaufen?«
    Raffi, der gerade seine Brioche zum Mund führte, hielt inne. »Hier?«
    »Ja, in Venedig.«
    »Meinst du harte Drogen oder leichte Sachen wie Marihuana?«
    Obwohl Brunetti bei dieser Unterscheidung etwas unbehaglich war und er gern mehr darüber gewußt hätte, warum sein Sohn die »leichten Sachen wie Marihuana« so lässig abtat, fragte er nicht nach. »Harte. Heroin, genauer gesagt.«
    »Hat das mit diesem Studenten zu tun, der sich den goldenen Schuß gesetzt hat?« erkundigte sich Raffi, und als Brunetti ihn überrascht ansah, schlug er nur Il Gazzettino auf und zeigte ihm die Meldung. Ein briefmarkengroßes Foto von einem jungen Mann schaute Brunetti an, und es hätte jeder beliebige junge Mann mit dunklem Haar und zwei Augen sein können. Ohne weiteres auch Raffi.
    »Ja.«
    Raffi brach den Rest seiner Brioche in zwei Teile und stippte das eine in seinen Kaffee. Nach einer Weile sagte er: »Man hört von Leuten an der Universität, die es einem besorgen können.«
    »Leute?«
    »Studenten. Glaube ich jedenfalls.« Er überlegte kurz. »Oder sagen wir Leute, die an der Uni eingeschrieben sind.« Er nahm seine Tasse und stützte die Ellbogen auf den Tisch, die Tasse zwischen den Händen, eine Geste, die er von Paola abgeguckt haben mußte. »Soll ich mich mal umhören?«
    »Nein«, antwortete Brunetti sofort. Und ehe sein Sohn auf den scharfen Ton reagieren konnte, fügte er hinzu: »Ich bin nur ganz allgemein neugierig und habe mich gefragt, was wohl so geredet wird.« Er aß seine Brioche auf und trank einen Schluck Kaffee.
    »Saras Bruder studiert Wirtschaftswissenschaften an der Uni. Ich könnte ihn doch mal fragen, was er weiß.«
    Die Versuchung war groß, aber Brunetti verwarf die Idee mit einem gelangweilten: »Nein, spar dir das. Es war nur so ein Gedanke.«
    Raffi stellte die Tasse auf den Tisch. »Du mußt nämlich wissen, daß ich keinerlei Interesse daran habe, papà.«
    Brunetti fiel auf, wie tief Raffis Stimme geworden war. Bald würde er ein Mann sein. Oder vielleicht bedeutete sein Bedürfnis, den Vater zu beruhigen, daß er schon einer war.
    »Freut mich zu hören«, antwortete Brunetti. Er streckte die Hand aus und tätschelte seinem Sohn den Arm. Einmal, zweimal. Dann stand er auf und ging zum Herd. »Soll ich auch für dich noch welchen machen?« fragte er, während er die caffettiera zur Spüle trug und sie aufschraubte.
    Raffi warf einen Blick auf die Uhr. »Nein, danke, papà. Ich muß gehen.« Er schob seinen Stuhl zurück, stand auf und verließ die Küche. Ein paar Minuten später hörte Brunetti, der noch auf seinen Kaffee wartete, die Wohnungstür zuschlagen. Er lauschte Raffis Schritten, wie sie die erste Treppenflucht hinunterdonnerten, doch da brodelte plötzlich der Kaffee auf und übertönte alles.
    Es war noch früh, so daß die Boote nicht überfüllt waren, und Brunetti nahm das 82er und stieg bei San Zaccaria aus. Dort kaufte er sich zwei Zeitungen, die er mit ins Büro nahm. Rossis Tod wurde darin nicht erwähnt, und die Nachricht über Marco Landi enthielt kaum mehr als seinen Namen und das Alter. Darüber stand die inzwischen schon alltägliche Meldung über ein Auto voll junger Leute, die sich und ihr Leben auf dem Weg nach Treviso an eine Platane geklatscht hatten.
    Die gleiche grausige Geschichte hatte er in den letzten Jahren so oft gelesen, daß er kaum näher hinzusehen brauchte, um zu wissen, was passiert war. Die Jugendlichen - in diesem Fall zwei Mädchen und zwei Jungen - hatten nach drei Uhr morgens die Disco verlassen und waren in einem Auto losgefahren, das dem Vater des Fahrers gehörte. Bald darauf hatte diesen Fahrer un colpo di sonno übermannt, wie die Zeitungen es rituell umschrieben, wenn einer am Steuer eingeschlafen war, und der Wagen war von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Es war noch zu früh, um etwas über die Ursache der plötzlichen Schläfrigkeit zu sagen, aber fast immer handelte es sich um Alkohol oder Drogen. Doch das wurde normalerweise erst festgestellt, nachdem an dem Fahrer und denen, die er mit in den Tod gerissen hatte, eine Autopsie

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