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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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es sage.« Beim letzten Satz dieser hohlen Lüge legte er etwas Stählernes in seinen Ton und wartete dann kurz, bevor er fortfuhr: »Gut, Dottore, dann freue ich mich also auf Ihre Kooperation.«
    Danach konnten die beiden Männer sich nur noch mit ein paar Höflichkeiten voneinander verabschieden.
    Brunetti hing bis zum Erscheinen der Zeitungen am nächsten Morgen ein wenig in der Luft. Das machte ihn etwas ungeduldig, ein Zustand, den er fürchtete, weil er ihn zu übereiltem Handeln verleiten konnte. Nur schwer widerstand er dem Drang, sozusagen die Katze zwischen die Tauben zu setzen, damit sie den Schlag aufmischte. Er ging hinunter zu Signorina Elettra.
    Als er sie bei seinem Eintreten mit den Ellbogen auf dem Schreibtisch sah, das Kinn auf die Fäuste gestützt und die Nase über einem Buch, fragte er unwillkürlich: »Störe ich?«
    Sie sah lächelnd auf und schüttelte langsam den Kopf: So eine absurde Idee.
    »Gehört Ihre Wohnung Ihnen, Signorina?«
    Sie war ja daran gewöhnt, daß Brunetti sich manchmal etwas wunderlich benahm, darum verriet sie auch jetzt kein Erstaunen und antwortete nur mit einem Ja. Mochte er, wenn er wollte, seine Frage näher erläutern.
    Er hatte Zeit gehabt, darüber nachzudenken, also fügte er hinzu: »Ich denke aber, das spielt keine Rolle.«
    »Für mich eigentlich schon, Commissario«, meinte sie.
    »Ja, gewiß, das leuchtet mir ein«, sagte Brunetti, dem erst jetzt aufging, welche Verwirrung er mit seiner Fragerei auslösen mußte. »Signorina, wenn Sie im Moment nicht sehr beschäftigt sind, könnten Sie dann etwas für mich tun?«
    Sie griff nach Notizblock und Bleistift, aber er wehrte ab.
    »Nein, nein«, sagte er, »ich möchte, daß Sie in die Stadt gehen und mit jemandem reden.«
    Er mußte über zwei Stunden auf ihre Rückkehr warten, doch dann kam sie geradewegs zu ihm herauf. Sie trat, ohne anzuklopfen, ein.
    »Ah, Signorina«, sagte er und bot ihr einen Platz an. Dann setzte er sich zu ihr, gespannt, aber stumm.
    »Sie haben nicht die Angewohnheit, mir Weihnachtsgeschenke zu machen, nicht wahr, Commissario?« fragte sie.
    »Nein«, antwortete er. »Werde ich das demnächst ändern?«
    »Jawohl«, antwortete sie mit Nachdruck. »Ich erwarte ein, oder sagen wir zwei Dutzend weiße Rosen von Biancat, dazu eine Kiste Prosecco, denke ich.«
    »Und wann möchten Sie dieses Geschenk in Empfang nehmen, Signorina, wenn ich fragen darf?«
    »Um dem Weihnachtstrubel zu entgehen, könnten Sie es mir vielleicht nächste Woche zustellen lassen, Commissario.«
    »Selbstverständlich. Schon geschehen.«
    »Zu gütig, Commissario.« Sie nickte huldvoll.
    »Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, antwortete er. Dann ließ er sechs Takte verstreichen, ehe er fragte: »Und?«
    »Ich habe in der Buchhandlung auf dem Campo nachgefragt, und der Besitzer hat mir erklärt, wo sie wohnen. Da bin ich also hingegangen und habe mit ihnen gesprochen.«
    »Und?« bohrte er.
    »Es dürften die verabscheuungswürdigsten Menschen sein, denen ich je begegnet bin«, sagte sie in herablassendem Ton. »Mal nachrechnen. Ich arbeite jetzt seit gut vier Jahren hier und hatte es schon mit so manchem Kriminellen zu tun, obschon die Leute bei der Bank, in der ich vorher gearbeitet habe, wahrscheinlich schlimmer waren. Aber diese beiden sind eine Klasse für sich«, sagte sie mit einem Schauder, der echt zu sein schien.
    »Wieso?«
    »Ich glaube, es liegt an der Kombination von Raffgier und Frömmelei.«
    »Wie äußert sich die?«
    »Als ich sagte, ich brauchte Geld, um die Spielschulden meines Bruder zu bezahlen, wollten sie wissen, was ich als Sicherheit zu bieten hätte, und ich sagte, ich besäße eine Wohnung. Ich habe mich bemüht, das ein wenig nervös klingen zu lassen, wie Sie mir geraten hatten. Er ließ sich von mir die Adresse geben und ging damit ins Nebenzimmer, wo ich ihn telefonieren hörte.«
    Sie hielt kurz inne, dann fügte sie hinzu: »Es muß ein telefonino gewesen sein. In den beiden Zimmern, die ich gesehen habe, gab es keine Telefonanschlüsse.«
    »Wie ging es dann weiter?« drängte Brunetti.
    Sie hob das Kinn und blickte zu dem armadio an der gegenüberliegenden Zimmerwand. »Als er wiederkam, hat er seiner Frau zugelächelt, und dann fingen sie an, von der Möglichkeit zu sprechen, daß sie mir vielleicht helfen könnten. Sie wollten wissen, wieviel ich brauchte. Ich habe gesagt, fünfzig Millionen.«
    Das war der Betrag, auf den sie sich geeinigt hatten: nicht zuviel und nicht

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