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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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dann hatten sie den Nachmittag damit verbracht, Grappa zu trinken und über die alten Zeiten beim Militär zu reden. Nachdem sie auf drei Kameraden getrunken hatten, die inzwischen schon nicht mehr lebten, hatte das Gespräch sich ihrem jetzigen Leben zugewandt. Bonsuan hatte dabei großen Wert darauf gelegt, unmißverständlich klarzumachen, welcher Seite er sich zur Loyalität verpflichtet fühlte, indem er gesagt hatte, daß er so bald wie möglich aus dem Polizeidienst auszuscheiden gedenke.
    Während die drei Polizisten langsam zum Boot gingen, erklärte Bonsuan, daß er keinerlei Schwierigkeiten gehabt habe. Die Flasche Grappa sei noch nicht ganz leer gewesen, da habe er schon den Namen von Signora Follinis Liebhaber gehabt.
    »Vittorio Spadini«, sagte er, nicht ohne Stolz auf seine Leistung. »Er ist von Burano. Ein Fischer. Verheiratet, drei Kinder, die Söhne sind Fischer, die Tochter ist mit einem Fischer verheiratet.«
    »Und?« fragte Brunetti.
    Vielleicht lag es am Grappa, vielleicht aber auch an dem Gespräch von neulich über seine Pensionierung, daß Bonsuan antwortete: »Wahrscheinlich ist das mehr, als Sie und Vianello zusammen hier in einer Woche herausbekommen hätten.« Überrascht von der eigenen Kühnheit, hängte er noch ein respektvolles »Commissario« hintendran, aber erst nach einer deutlichen Pause.
    Sie schwiegen, bis Bonsuan schließlich wieder das Wort ergriff: »Aber jetzt fischt er eigentlich kaum noch. Hat vor ungefähr zwei Jahren sein Boot verloren.«
    Brunetti dachte an Signora Boscarinis Mann und fragte: »In einem Sturm?«
    Bonsuan tat den Gedanken mit einem raschen Kopfschütteln ab. »Nein, schlimmer. Steuern.« Ehe Brunetti fragen konnte, inwiefern Steuern schlimmer sein konnten als ein Sturm, erklärte Bonsuan es ihm schon: »Die Guardia di Finanza hat ihm ein Bußgeld für drei falsche Steuererklärungen aufgebrummt. Er hat sich ein Jahr lang dagegen gewehrt, dann aber doch verloren. Da verliert man ja immer. Und dann haben sie ihm sein Boot weggenommen.«
    Jetzt mischte sich Vianello mit der Frage ein: »Und wieso ist das schlimmer als ein Sturm?«
    »Versicherung«, antwortete Bonsuan. »Gegen die Mistkerle von der Guardia di Finanza kann man sich nicht versichern.«
    »Wieviel war das Boot denn wert?« fragte Brunetti, dem wieder einmal klar wurde, wie wenig er über diese Welt der Boote wußte oder die Männer, die damit die See befuhren.
    »Die wollten fünfhundert Millionen Lire haben. Das war das Bußgeld zusammen mit der Steuerschuld, die sie ausgerechnet hatten. Aber so viel Geld hat keiner flüssig, da mußte er also sein Boot verkaufen.«
    »Was, so viel sind diese Boote wert?« fragte Brunetti.
    Bonsuan sah ihn verwundert an. »Wenn sie so groß sind wie das seine, dann sind sie noch viel mehr wert; die kön-nen eine Milliarde kosten.«
    Vianello sprach dazwischen: »Wenn sie fünfhundert Millionen Lire für drei Jahre wollten, dann hat er sie doch sicher um das Zwei- oder Dreifache betrogen.«
    »Bestimmt«, pflichtete Bonsuan ihm bei, nicht ohne einen Anflug von Stolz auf die Schläue der Männer, die in der Lagune fischten. »Wie Ezio sagt, hat Spadini geglaubt, er gewinnt den Prozeß. Sein Anwalt hat ihm geraten, den Fall durchzufechten, aber das hat er wahrscheinlich nur getan, um sein eigenes Honorar in die Höhe zu treiben. Am Ende hatte Spadini keine Wahl mehr. Da sind sie also gekommen und haben es ihm weggenommen. Denn wenn er jetzt plötzlich mit dem Geld angekommen wäre, um seine Strafe zu bezahlen, hätte das zu viele Fragen aufgeworfen«, sagte er und überließ es den anderen, daraus den Schluß zu ziehen, daß das Geld dagewesen wäre, versteckt auf geheimen Anlagekonten wie so viele von den Reichtümern Italiens. Er warf einen Blick zu Vianello und fügte hinzu: »Jemand hat mir erzählt, daß der Richter ein Grüner war.«
    Vianello funkelte ihn an, sagte aber nichts.
    »Und daß er etwas gegen alle vongolari hatte«, fuhr Bonsuan fort. »Wegen der Sachen, die sie in der Lagune treiben.«
    An dieser Stelle machte Vianello nun endlich den Mund auf, und seine Stimme klang gefährlich gepreßt. »Danilo«, sagte er, »solche Fälle, ich meine Steuerfälle, kommen nicht vor einen Richter.« Ehe Bonsuan darauf antworten konnte, fuhr er fort: »Egal ob der ein Grüner ist oder nicht.« Dann wandte er sich zwar an Brunetti, aber seine Worte schienen doch weiter an Bonsuan gerichtet zu sein: »Als nächstes bekommen wir wahrscheinlich zu hören, wie

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