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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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überlegte kurz und antwortete: »Von beiden.«
    »Wenn das so ist«, sagte sie und erhob sich, was sie dank der Absätze fast auf Augenhöhe mit ihm brachte, »dann gehe ich wohl am besten mal runter in Scarpas Büro und mache eine Kopie von der Akte.«
    »Ist die nicht da drin?« fragte er und wies auf ihren Computer.
    »Nein. Der Tenente zieht es vor, seine Berichte auf der Schreibmaschine zu tippen und in seinem Büro aufzubewahren.«
    »Wird er Ihnen denn die Akte geben?«
    Sie lächelte. »Natürlich nicht.«
    Auf die Gefahr hin, sich zu blamieren, fragte Brunetti: »Und wie wollen Sie drankommen?«
    Sie bückte sich, zog eine Schublade auf und entnahm ihr ein schmales Lederetui. Als sie es öffnete, sah er einen Satz Sperrhaken und Drahtwerkzeuge, die erschreckende Ähnlichkeit mit den Dietrichen hatten, deren er sich bisweilen bediente. »Ich werde sie stehlen, Commissario. Und eine Kopie anfertigen. Danach lege ich sie dorthin zurück, wo ich sie gefunden habe. Und da der Tenente ein mißtrauischer Mann ist, werde ich mich vor dem halben Zahnstocher in acht nehmen, den er zwischen die siebte und achte Seite der Akten klemmt, die ihm wichtig scheinen und von denen er fürchtet, es könnten sich auch andere dafür interessieren.«
    Ihr Lächeln bekam etwas Triumphierendes. »Wenn Sie in Ihrem Büro auf mich warten wollen, Commissario, dann bringe ich Ihnen die Kopie nachher hinauf.«
    Brunetti konnte nicht an sich halten. »Aber wo ist er?«
    Was er eigentlich fragen wollte, war, woher sie wisse, daß Scarpa nicht in seinem Büro sei.
    »Auf einem unserer Polizeiboote, unterwegs zu den Fondamenta Nuove.«
    Brunetti fühlte sich an die berühmten Pattsituationen aus einem der vielen Western erinnert, die er als Junge gesehen hatte, jene Szenen, in denen der Held und der Bösewicht einander Auge in Auge gegenüberstanden und sich so lange anstarrten, bis einer von beiden aufgab. Nur daß es sich hier nicht um ein Duell der Guten gegen die Bösen handelte - es sei denn, man wollte so kleinlich sein und jemanden dafür verurteilen, daß er heimlich in ein Zimmer der Questura eindrang, um unerlaubt ein amtliches Dokument zu kopieren. Brunetti, der eine viel zu hehre Meinung von Recht und Gesetz hatte, um solch spießige Maßstäbe anzulegen, ging und hielt Signorina Elettra die Tür auf. Als sie an ihm vorbeiglitt, verhieß sie lächelnd: »Es wird nicht lange dauern.«
    Wie macht sie das bloß? rätselte er unwillkürlich auf dem Weg zurück in sein Büro. Doch er dachte dabei weniger an die Mittel, die Signorina Elettra benutzte: den Computer und die Freunde, mit denen sie in ständigem Telefonkontakt stand und die, um ihr einen Gefallen zu tun, ohne weiteres Vorschriften oder Gesetze mißachteten. Auch die Methoden, deren sie sich bediente, um Lebenswandel und Schwächen ihrer Vorgesetzten auszuforschen, interessierten ihn nicht besonders. Was ihn beschäftigte, war die Frage, woher sie den Mut nahm, sich den oberen Chargen ebenso offen wie beharrlich zu widersetzen und niemals zu verhehlen, auf wessen Seite sie stand. Sie hatte ihm einmal erklärt, wie und warum sie eine glänzende Laufbahn im Bankgewerbe ausgeschlagen und gegen einen in den Augen ihrer Familie und Freunde ungleich minderwertigeren Posten bei der Polizei eingetauscht hatte. Ihren Prinzipien zuliebe, von denen sie sich vermutlich auch jetzt leiten ließ, hatte sie die Bank verlassen. Doch er hatte sich nie getraut, diesen Prinzipien auf den Grund zu gehen.
    Wieder an seinem Schreibtisch, stellte er als erstes eine Liste aller noch fehlenden Informationen zusammen: Wie hoch bezifferte sich Signora Battestinis Hinterlassenschaft; wie weit war Avvocatessa Marieschi in Signora Battestinis Geschäfte verwickelt und worin bestanden diese Geschäfte; hatte der Name der Toten respektive ihres Mannes irgendwann Eingang in die Polizeiakten gefunden; was wußten die Nachbarn über eventuelle Streitigkeiten der Alten; und gab es (was nach drei Wochen kaum wahrscheinlich war) aussagewillige Zeugen, die am Mordtag außer der Rumänin noch jemanden beim Betreten oder Verlassen der Wohnung gesehen hatten. Außerdem würde er noch mit dem Hausarzt der Alten sprechen müssen.
    Kaum war Brunetti mit seiner Liste fertig, erschien Signorina Elettra. Bevor sie sein Büro betrat, hatte sie ganz gegen ihre Gewohnheit vorsorglich angeklopft.
    »Haben Sie auch eine Kopie für Vianello gemacht?« fragte er.
    »Ja, Commissario«, antwortete sie, legte ihm einen

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