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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Schnellhefter auf den Schreibtisch und hielt einen zweiten, genau gleich aussehenden in die Höhe.
    »Wissen Sie, wo er ist?« Brunetti vermied tunlichst, das »er« besonders zu betonen, damit es sich nicht so anhörte, als hätte sie die Ohren sämtlicher Mitarbeiter der Questura mit Computerchips bestückt und könne sie nun alle über eine Satellitenverbindung von ihrem Rechner aus überwachen.
    »Er sollte heute nachmittag im Haus sein, Commissario.«
    »Haben Sie reingesehen?« fragte er und deutete auf den Ordner.
    »Nein.«
    Er glaubte ihr.
    »Dann werfen Sie doch einen Blick in Vianellos Kopie, bevor Sie sie abgeben.« Er brauchte ihr nicht zu erklären, warum er das vorschlug.
    »Natürlich, Commissario. Möchten Sie, daß ich die auffälligsten Punkte gleich überprüfe?«
    Früher hätte er noch gefragt, was sie damit meine, aber inzwischen kannte er sie gut genug, um zu wissen, daß ihre »Punkte« vermutlich mit den Notizen auf seinem Schreibtisch übereinstimmten, und darum beließ er es bei einem »Ja, bitte.«
    »Mach ich gern«, flötete sie und ging.
    Zuoberst in dem Hefter lag der Obduktionsbericht. Aus langjähriger Erfahrung sah Brunetti als erstes nach, wer ihn unterzeichnet hatte, und war erleichtert, als er Rizzardis krakelige Schrift erkannte.
    Signora Battestini war zum Zeitpunkt ihres Todes dreiundachtzig Jahre alt gewesen. Nach Ansicht des Pathologen hätte sie gut und gern noch zehn Jahre vor sich gehabt: Herz und alle übrigen lebenswichtigen Organe waren in ausgezeichneter Verfassung. Sie hatte mindestens einmal entbunden, sich aber irgendwann später einer Totaloperation unterzogen. Davon abgesehen gab es keinerlei Hinweise auf ernstere Erkrankungen, Knochenbrüche oder dergleichen. Aufgrund ihres Gewichts (über hundert Kilo) zeigten die Kniegelenke allerdings so gravierende Verschleißerscheinungen, daß sie wohl große Beschwerden beim Laufen hatte und Treppen kaum mehr bewältigen konnte. Erschlafftes Muskelgewebe zeugte von generellem Bewegungsmangel.
    Das Opfer hatte mehrere Schläge - nach Rizzardis Schätzung fünf - auf den Hinterkopf bekommen. Welcher davon tödlich gewesen war, ließ sich nicht feststellen, da allesamt mehr oder weniger die gleiche Stelle getroffen hatten. Als unmittelbare Todesursache mußte ohnehin ein massiver traumatischer Schock angenommen werden. Der Mörder, mutmaßlich Rechtshänder, war entweder sehr viel größer als sein Opfer, oder er hatte im Stehen auf die sitzende Frau eingeschlagen. Die brutal zertrümmerte Schädeldecke sprach für die zweite Variante, die es dem Angreifer ermöglicht hätte, mit einem Schwungradius von fast einem Meter zuzuschlagen.
    Rizzardi enthielt sich jeglicher Spekulation bezüglich der Tatwaffe; ob er von der bei der Leiche gefundenen Statue Kenntnis hatte, ging aus dem Bericht nicht hervor. Darin war lediglich von einem klobigen, zwischen einem und drei Kilo schweren Gegenstand aus Holz oder Metall die Rede, der aufgrund der Schädelverletzung eine Reihe horizontal verlaufender Kerben oder Rillen aufweisen müsse.
    Dem Obduktionsergebnis angeheftet war der Laborbefund, demzufolge die Verzierungen an der Bronzestatue mit dem Splittermuster der zertrümmerten Schädeldecke übereinstimmten. Die Blutspuren an der Statue waren identisch mit der Blutgruppe von Signora Battestini; es gab keine Fingerabdrücke.
    Unmittelbar hatten Trauma und hoher Blutverlust den Tod herbeigeführt. Doch selbst wenn man das Opfer früher gefunden und die Blutung hätte stillen können, wäre die alte Frau aufgrund der massiven Verletzung des Hirngewebes und der daraus resultierenden neurologischen Schäden nicht mehr zu retten gewesen.
    Die Spurensicherung hatte den Tatort offenbar bestenfalls oberflächlich untersucht. Nur in einem Zimmer waren Fingerabdrücke gesichert worden, und die vier Fotos in der Akte - ausschließlich Aufnahmen von der Leiche - vermittelten kaum einen Eindruck vom Zustand des Mordzimmers und erst recht nicht von der »hastigen Durchsuchung«, die dem Bericht zufolge noch vor Eintreffen der Polizei stattgefunden hatte. Ob diese Nachlässigkeit darauf zurückzuführen war, daß man die Rumänin vorschnell für schuldig befunden hatte, konnte Brunetti nicht beurteilen: Er hoffte jedenfalls, daß solche Schlampereien nicht mittlerweile an der Tagesordnung waren. Die Unterzeichner des Tatortprotokolls ließen sich anhand der paar unleserlichen Initialen nicht ermitteln.
    Als nächstes stieß er auf den Paß, den

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