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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ehrfurchtsvoll, wie im Angesicht des Bösen.
    »Entweder der Einzahler hat seinen Irrtum bemerkt ...« begann Vianello. Aber Brunetti fiel ihm ins Wort und beendete den Satz mit der wahrscheinlicheren Erklärung: »Oder Signora Battestini hat reklamiert.«
    »Wegen fünf centesimi«, sagte Signorina Elettra leise und immer noch mit ehrfürchtiger Scheu vor solch unerhörtem Geiz.
    Brunetti, der unwillkürlich an sein Gespräch mit Dottor Carlotti denken mußte, platzte heraus: »Ihr Telefon! Mein Gott, das Telefon!« Als die beiden ihn verständnislos anstarrten, erklärte er: »Sie war seit drei Jahren ans Haus gefesselt. Ihre einzige Möglichkeit, den fehlenden Betrag zu reklamieren, war das Telefon.« Er hätte sich ohrfeigen können, weil er nicht früher daran gedacht hatte, die Telefonverbindungen der Alten zu überprüfen, und weil er so hartnäckig die einmal eingeschlagene Spur verfolgt und sich blind gestellt hatte gegen das, was doch zum Greifen nahe war.
    »Es wird ein paar Stunden dauern«, sagte Signorina Elettra. Ehe Brunetti noch fragen konnte, warum es nicht schneller ginge, erklärte sie: »Giorgios Frau hat ein Kind bekommen, deshalb ist er vorübergehend auf Teilzeit, und ich kann ihn erst nachmittags im Büro erreichen.« Und auch Brunettis zweite Frage vorwegnehmend, ergänzte sie: »Nein, ich habe ihm versprochen, daß ich nicht auf eigene Faust versuchen werde, mich in das System einzuklinken. Denn wenn mir ein Fehler unterläuft, können die zurückverfolgen, wer mir geholfen hat.«
    »Ein Fehler?« wiederholte Vianello.
    Der Frage folgte ein langes Schweigen, und erst, als es peinlich zu werden drohte, sagte sie: »Am Computer, meine ich. Wie dem auch sei, ich habe mein Wort gegeben und muß es auch halten.«
    Brunetti und Vianello sahen sich betreten an; beide dachten unwillkürlich an den Fehler, der Signorina Elettra vor ein paar Jahren unterlaufen war. »Na schön«, sagte Brunetti. »Dann warten wir eben. Aber seien Sie so gut und überprüfen Sie die Telefonverbindungen in beide Richtungen, ja?« Und eingedenk einer früheren Begegnung mit ihrem Freund Giorgio fragte er: »Junge oder Mädchen?«
    »Mädchen«, erwiderte sie und fügte mit beinahe verklärtem Lächeln hinzu: »Sie haben sie Elettra genannt.«
    »Wundert mich, daß sie nicht Compaq heißt«, brummte Vianello. Das brachte sie zum Lachen, und die Stimmung war wieder im Lot.
    Auf dem Weg in sein Büro versuchte Brunetti sich vorzustellen, was hinter der Erpressung stecken mochte, und erwog alle möglichen Geheimnisse, Laster oder Schändlichkeiten, durch die jemand zu Battestinis Opfer hätte werden können. Doch da seiner Überzeugung nach der Erpreßte zugleich der Mörder von Signora Battestini war, schien »Opfer« kaum das rechte Wort. Also eher »Objekt«? Aber wo verlief die Grenze, die eins vom anderen trennte, und was hatte den Mörder dazu getrieben, diese Grenze zu überschreiten?
    Brunetti hakte eine ganze Liste möglicher Verbrechen und Laster ab, verwarf jedoch eins ums andere, bis er sich unversehens wieder mit Paolas These konfrontiert sah: Kaum eine der sieben Todsünden galt heute noch als solche. Wer würde einen Mord begehen, um nicht der Völlerei oder Trägheit, des Hochmuts oder Neids überführt zu werden? Geblieben waren allenfalls Wollust oder Zorn, sofern er in Gewalt mündete, und Habsucht, wenn man sie bis zur Bestechlichkeit führte. Um die übrigen scherte sich heutzutage niemand mehr. Nur das Paradies, so hatte er es als Kind gelernt, war frei von Sünden, doch diese schöne neue Welt, in der er lebte und die sich über die Sünde hinaus wähnte, ließ sich wohl kaum mit einem Paradies verwechseln.

21
    B runetti war mit seinen Ermittlungen in jenes verhaßte Stadium geraten, wo alles zum Stillstand kam und man nichts tun konnte als abwarten, bis die Karten neu gemischt waren. Früher hatte der Frust über diese erzwungene Untätigkeit ihn bisweilen zu unbesonnenen Handlungen verleitet, die er dann bitter büßen mußte. Inzwischen hütete er sich vor solchen Fahrlässigkeiten und überbrückte die Wartezeit lieber mit einer unbedenklichen Beschäftigung. So holte er jetzt das Telefonbuch hervor und schrieb sich die Büro- und Privatnummern von Fedi und Sardelli sowie deren Adressen heraus. Die beiden kamen freilich am wenigsten als Täter in Betracht, denn von einem Direktor hätte Paolo Battestini vermutlich mehr verlangt.
    Als nächstes suchte er die Akte Battestini heraus und las noch

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