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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Mittag vielleicht als bedauernswerten, weil von seiner Frau im Stich gelassenen Ehemann betrachtet und Paola um so herzloser gefunden, weil sie ihn ausgerechnet jetzt, in der Weihnachtszeit, nicht bekochte. Doch nun hatte der Sergente den Toten erkannt oder glaubte zumindest, ihn erkannt zu haben, und so konnte Brunetti sich nicht mehr rückhaltlos der Rolle des vom Glück Benachteiligten hingeben. Wohl aber konnte er sich ein gutes Mittagessen gönnen. Außer für ihren übellaunigen Charakter war Tante Federica berühmt für ihren Koch; folglich würde Paola nachher nicht nur ergötzt vom neuesten Familienklatsch am Treffpunkt erscheinen, sondern auch gelabt von lukullischen Köstlichkeiten, deren Rezepte die Faliers seit vierhundert Jahren weitervererbten.
    Er nahm das Traghetto beim Palazzo Gritti und kam völlig durchfroren und sehr stärkungsbedürftig am anderen Ufer an. Für sein leibliches Wohl sorgte das Cantinone Storico mit einem risotto con gamberi, für deren Frische sich der Kellner verbürgte, und einer gegrillten orata mit Salzkartoffeln. Nach seinen Dessertwünschen befragt, dachte Brunetti an all die schweren Gerichte, die ihm in den nächsten Wochen bevorstanden, und war nicht wenig stolz auf sich, als er nur Kaffee und Grappa bestellte.
    Kurz nach drei verließ er das Restaurant und machte sich zu Fuß auf den Weg zum Campo San Bortolo. Als er von der Kuppe der Accademia-Brücke auf den campo hinuntersah, wunderte er sich, daß von den vucumprà weit und breit nichts zu sehen war. Der Gazzettino hatte seine Leser am Morgen darauf aufmerksam gemacht, daß die Zeit für die Weihnachtseinkäufe langsam knapp wurde. Um so erstaunlicher, daß die Afrikaner nicht zur Stelle waren. Gleich einem Haifischschwarm im Freßtaumel, schienen die meisten Italiener - er selbst nicht ausgenommen - immer erst in den letzten Tagen vor dem Fest in einen kollektiven Kaufrausch zu verfallen. Wenn für den Einzelhandel Weihnachten die umsatzstärkste Zeit des Jahres war, dann galt das sicher auch für die vucumprà; trotzdem fand sich keine Spur von ihnen.
    Als er an der Kirche rechts abbog und auf den Campo Santo Stefano kam, entdeckte Brunetti allerdings doch ein paar Tücher am Boden. Erst hielt er sie für die vergessenen Planen zur Abdeckung des Tatorts, doch dann sah er das Aufziehspielzeug und die kleinen Holzeisenbahnen, deren Waggons in Buchstabenform geschnitzt und zu Eigennamen zusammengesetzt waren. Die Männer hinter den Laken waren keine Afrikaner, sondern Orientalen und Tamilen. Weiter links stimmte eine Indioband in Folkloreponchos ihre fremdartigen Instrumente. Je länger aber Brunetti nach den Afrikanern Ausschau hielt, desto auffälliger wurde ihre Abwesenheit.
    Er schritt die Stände ab, ohne die Händler anzusprechen. Auf harmlos neugierige Fragen nach den Afrikanern wären sie nicht hereingefallen, und polizeiliche Erkundigungen hätten sie womöglich in die Flucht geschlagen. Verstohlen musterte Brunetti die Männer und ihre speziellen Angebote, allesamt Massenware vom Fließband. Wer wohl darüber entschied, welche Gruppe was verkaufte? Und wer belieferte die Leute? Oder setzte die Preise fest? Wer beherbergte die Männer? Woher - wenn überhaupt - bekamen sie Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis? Wenn die Schwarzen aus Castello verschwunden waren, mußten sie irgendwo untergetaucht sein, aber wo? Und auf wessen Veranlassung und mit wessen Hilfe?
    Während ihm all diese Fragen durch den Kopf gingen und er sich wieder einmal über die geheime Unterwelt in seiner Stadt wunderte, gelangte der Commissario durch die Calle della Mandola und über den Campo San Luca zum Campo San Bortolo.
    Paola wartete auf ihn, wie versprochen, und zwar genau da, wo sie seit Jahren auf ihn gewartet hatte: unter der Statue des unwandelbar eleganten Goldoni. Er küßte sie und legte ihr den Arm um die Schulter. »Sag mir, daß du schlecht gegessen hast, und ich erfülle dir zu Weihnachten jeden Wunsch.«
    »Wir haben phantastisch gegessen, und ich habe keine Wünsche«, antwortete Paola. Als er darauf nichts erwiderte, fuhr sie fort: »Es gab Fettucine mit Trüffeln.«
    »Weiß oder schwarz?«
    Um ihn zu necken, fragte sie zurück: »Die Trüffel oder die Fettucine?«
    Brunetti stellte sich taub. »Und was gab's noch?«
    »Stinco di maiale mit Röstkartoffeln und Zucchinigratin.«
    »Wenn ich nicht im Cantinone gegessen hätte, müßte ich mich womöglich von dir scheiden lassen.«
    »Ach, und wer würde dir dann bei den

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