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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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aufzuklären. »Assunta tut mir leid«, sagte er.
    »Wieso?«
    »Sie ist so ein feiner Mensch.«
    »Sind Sie mit ihr befreundet?« fragte Brunetti neugierig. Ob die beiden früher einmal etwas miteinander hatten? Sie waren gleichaltrig, und Bovo mußte einst ein stattlicher Mann gewesen sein.
    »Nein, nein, nicht, was Sie denken«, wehrte Bovo ab. »Aber sie hat versucht zu verhindern, daß der andere Scheißkerl mich rausschmeißt. Und als er's doch getan hat, wollte sie mir einen Job geben, nur hat ihr Vater sie nicht gelassen.« Bovo trank sein Wasser aus und stellte das Glas auf die Theke. »Darum bin ich jetzt arbeitslos. Meine Frau verdient - sie geht putzen -, und ich soll zu Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen.«
    Brunetti dankte ihm für seine Auskünfte, legte zwei Euro auf die Theke und streckte die Hand aus. Vorsichtig drückte er Bovos Rechte, bedankte sich noch einmal und ging.
    Weil ihm die Route kürzer schien, begab sich Brunetti zum Faro-Anleger, fuhr mit der Linie 41 zurück bis Fondamenta Nuove und stieg dort um auf die 42, die ihn bis zur Haltestelle vom Ospedale bringen wurde. Von dort war es nur noch ein kleiner Spaziergang zur Questura.
    Als er das Präsidium betrat, mußte Brunetti sich eingestehen, fast einen ganzen Arbeitstag für Nachforschungen geopfert zu haben, die nicht das geringste mit seinen offiziellen Ermittlungen zu tun hatten. Darüber hinaus hatte er einen Inspektor und einen jungen Beamten für seine Zwecke eingespannt und sich vor ein paar Tagen in der gleichen Angelegenheit eigenmächtig zweier Polizeifahrzeuge bedient. Da kein Verbrechen vorlag, gab es, strenggenommen, auch nichts zu ermitteln: Er hatte schlicht und einfach jener Neugier gefrönt, die er schon vor Jahren hätte ablegen sollen.
    Schuldbewußt steuerte er Signorina Elettras Büro an und war sehr froh, sie, frühlingshaft gekleidet, an ihrem Schreibtisch anzutreffen. Elettra trug eine grüne Bluse über klassisch geschnittenen schwarzen Hosen und hatte ein pinkfarbenes Tuch im Zigeunerlook um den Kopf geschlungen. Der Lippenstift war diesmal auf den Schal abgestimmt, was Brunetti zu Spekulationen darüber verleitete, ob sie ihn wohl nächstens passend zur Bluse wählen würde.
    »Haben Sie sehr viel Arbeit, Signorina?« fragte er, nachdem sie einander begrüßt hatten.
    »Nicht mehr als sonst«, antwortete sie. »Was kann ich denn für Sie tun, Commissario?«
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mal nachsehen würden, was Sie über folgende zwei Personen in Erfahrung bringen können«, begann er und sah, wie sie ihren Notizblock heranzog. »Giovanni De Cal, Besitzer einer fornace auf Murano, und Giorgio Tassini, Nachtwächter in ebendiesem Betrieb.«
    »Alle Angaben?« fragte sie.
    »Ja, bitte, was immer Sie herausfinden können.«
    Beiläufig, nur geleitet von der gleichen Neugier, die auch Brunetti umtrieb, fragte sie: »Hat das mit einem Fall zu tun?«
    »Nein, eigentlich nicht«, mußte Brunetti zugeben.
    Er war schon im Gehen, als ihm einfiel: »Ach, und da wäre noch ein gewisser Marco Ribetti; arbeitet für eine französische Firma, ist aber Venezianer. Ein Ingenieur. Sein Fachgebiet ist, glaube ich, Abfallentsorgung oder der Bau von Mülldeponien.«
    »Ich sehe zu, was ich ausgraben kann.«
    Brunetti erwog, auch Fasanos Namen anzufügen, aber er bezwang sich. Schließlich handelte es sich um keine offizielle Ermittlung, sondern um eine rein private Spurensuche, und Elettra hatte auch so genug zu tun. Also bedankte er sich und ging.

10
    E in Tag verstrich und dann noch einer. Brunetti hörte nichts von Assunta De Cal und dachte auch kaum an sie, genausowenig wie an Murano oder die Drohungen betrunkener alter Männer. Statt dessen hielten ihn junge Männer auf Trab, junge Männer, die, auch wenn sie dem Gesetz zufolge noch Kinder waren, wiederholt festgenommen, erkennungsdienstlich behandelt und anschließend von Leuten identifiziert und abgeholt wurden, die sich als ihre Eltern oder ihr Vormund ausgaben, dies aber, da sie nicht seßhaft waren, nur in den seltensten Fällen mittels gültiger Papiere belegen konnten.
    Und dann erschien in der Beilage einer Wochenzeitung dieser schockierende Bericht über das Schicksal ebensolcher Jugendlicher in mehr als einer südamerikanischen Großstadt, die von inoffiziellen Polizeitrupps hingerichtet wurden. »Nun, so weit sind wir noch nicht«, murmelte Brunetti vor sich hin, als er den Artikel zu Ende gelesen hatte. Seine Mitbürger hatten viele

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