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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sechs Monaten, da war De Cal einmal nach Feierabend hier in der Bar. Normalerweise verirrt der sich nicht in unser Viertel; hat sein Stammlokal in der Calle Colonna, aber das war wohl grade geschlossen, und so landeten sie bei uns, er und seine Begleiter.« Bovo schaute den Commissario an, um sich zu vergewissern, daß der ihm zuhörte, und Brunetti nickte.
    »Er saß also da hinten, als ich reinkam. Spielte sich vor seinen Freunden auf, zechte ordentlich und prahlte damit, wie viele Aufträge er habe und wie gefragt sein Glas sei und daß sogar ein Museum angefragt hätte, ob sie ein Stück für eine Ausstellung haben könnten!« Bovo verzog den Mund, und sein Blick schien zu fragen, ob Brunetti je etwas so Albernes gehört habe.
    »Hat er Sie gesehen?«
    »Na klar hat er mich gesehen! Das war schließlich vor einem halben Jahr«, erklärte Bovo so stolz, als brüste er sich mit einem anderen Ich, dessen Erscheinung garantiert jedermann aufgefallen wäre.
    »Und weiter?«
    »Nebendran hockten ein paar Kumpels von mir, also habe ich mich dazugesetzt und ein Glas mit ihnen getrunken. Oder halt, nein, wir saßen nicht direkt neben ihm: Es war noch ein Tisch dazwischen. De Cal hat mich nicht weiter beachtet, für den war ich Luft, und es dauerte nicht lange, da fing er an, über seinen Schwiegersohn herzuziehen. Der übliche Scheiß, den er dauernd verzapft: daß Ribetti ein Spinner ist, der Assunta nur wegen ihres Geldes geheiratet hat, daß er zu nichts zu gebrauchen ist und sich nur um Tierschutz und so Zeug kümmert. Seit Assuntas Hochzeit haben wir das alle schon tausendmal gehört.«
    »Kennen Sie Ribetti denn auch?« fragte Brunetti.
    »Na ja, so von weitem«, antwortete Bovo. Es schien, als wolle er es dabei bewenden lassen, aber bevor Brunetti nachhaken konnte, ließ er sich doch noch zu einer Erklärung herbei. »Sie, die Assunta, also das ist ein braves Mädchen, und er, der Ribetti, liebt sie wohl wirklich. Ist allerdings ein ganzes Stück jünger als sie und dazu noch Ingenieur, aber sonst ganz in Ordnung.«
    »Und was hat De Cal nun über ihn gesagt?« fragte Brunetti.
    »Daß er liebend gern eines Morgens, wenn er den Gazzettino aufschlägt, lesen würde, der Ribetti sei bei einem Unfall draufgegangen. Auf der Straße, bei der Arbeit, zu Hause: Wo, war dem alten Scheißkerl egal, wenn der Junge nur hin wäre.«
    Brunetti wartete kurz, doch da das alles zu sein schien, sagte er: »Ich bin nicht sicher, ob man so was als Drohung bezeichnen kann, Signor Bovo.« Und um seinen Einwand abzumildern, schickte er ein Lächeln hinterher.
    »Lassen Sie mich gefälligst ausreden?« brummte Bovo.
    »Entschuldigung.«
    »Dann hat der Alte noch gesagt, wenn's Ribetti nicht bei einem Unfall erwischt, müßte er ihn vielleicht selber um die Ecke bringen.«
    »Glauben Sie, das war ernst gemeint?« fragte Brunetti, als Bovo nun offenbar wirklich zum Schluß gekommen war.
    »Ich weiß nicht. So was sagt man schon mal, oder?« meinte Bovo, und Brunetti nickte. Was sagte man nicht alles.
    »Aber ich hatte schon das Gefühl, der alte Scheißkerl würd's womöglich tun.« Bovo trank in kleinen Schlucken von seinem Wasser. »Er kann's nicht ertragen, daß Assunta glücklich ist.«
    »Haßt er Ribetti deshalb so sehr?«
    »Nehm ich an. Und weil der Junge in dei fornace mitbestimmen wird, wenn er, der Alte, mal nicht mehr ist. Ich glaube, das bringt ihn um den Verstand. Er schwört Stein und Bein, daß Ribetti die Firma zugrunde richten würde.«
    »Sie meinen, falls De Cal sie seiner Tochter vererbt?«
    »Wem sollte er sie denn sonst vermachen?« fragte Bovo.
    Brunetti legte eine Pause ein, was man als Zustimmung deuten mochte, dann sagte er: »Assunta ist mit dem Betrieb von klein auf vertraut. Und Ribetti ist gelernter Ingenieur; außerdem sind die beiden lange genug verheiratet, daß auch er inzwischen einiges über die Glasmacherei gelernt haben dürfte.«
    Bovo maß ihn mit einem langen Blick. »Vielleicht glaubt der Alte ja gerade darum, daß er alles kaputtmachen würde.«
    »Das verstehe ich nicht«, gestand Brunetti.
    »Na, wenn sie erbt, dann wird er die Zügel übernehmen, stimmt's?« fragte Bovo. Brunetti machte ein ausdrucksloses Gesicht und überließ dem anderen die Antwort. »Sie ist doch eine Frau, oder?« rief Bovo triumphierend. »Also wird sie nach seiner Pfeife tanzen.«
    Brunetti schmunzelte. »Das hatte ich nicht bedacht.«
    Bovo war sichtlich stolz darauf, daß es ihm gelungen war, einen Polizisten

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