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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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dritte Stelle«, sagte er, »die befindet sich sehr wahrscheinlich da drin.« Er zeigte auf die Werksgebäude ein Stück weiter rechts, neben De Cals Firma.
    Brunetti sah sich um. Konnte es sein, daß sich von diesem Punkt her etwas erkennen ließ, das aus einem anderen Blickwinkel nicht sichtbar war? Unschlüssig drehten sich beide Männer im Kreis; die Möglichkeit, daß es hier etwas zu entdecken gäbe, wurde diskussionslos verworfen. Brunetti wandte sich wieder der Fornace De Cal zu, und als er einen Schritt vortrat, vernahmen beide ein schmatzendes Geräusch. Auf dem Weg hierher hatte keiner von ihnen bemerkt, wie matschig der Boden war, doch als sie jetzt nach unten blickten und die Füße hoben, konnten sie zusehen, wie ihre Fußabdrücke sich im Nu mit Wasser füllten.
    Sie hatten beide den gleichen Einfall. »Ich habe einen Eimer im Boot, Commissario. Falls Sie etwas von der Brühe für Bocchese mitnehmen wollen.«
    »Ja, holen Sie ihn bitte.« Sowenig Brunetti wußte, was solch eine Probe ergeben mochte, so sicher war er, daß sie auf irgend etwas stoßen würden. Während er auf Foa wartete, der hinunter zum Boot gelaufen war, trat Brunetti auf der Stelle und hörte und spürte dabei jedesmal das Blubbern des Schlamms.
    Foa war bald zurück und brachte ein rosa Plastikeimerchen mit und eine kleine Schaufel - Spielzeug, mit dem Kinder am Strand ihre Sandburgen bauten. Als der Bootsführer Brunettis forschenden Blick auffing, preßte er nervös die Lippen zusammen. »Na ja, manchmal nehme ich das Boot am Wochenende mit nach Hause. Wenn ich zum Beispiel den Motor überholen muß.«
    »Und Ihre Tochter hilft Ihnen dabei?« erkundigte sich Brunetti schmunzelnd.
    »Sie ist erst drei, Commissario.« Foa grinste verlegen.
    »Aber sie kommt gern mit, wenn ich zum Muschelfangen in die Lagune rausfahre.«
    »Ja, für solche Ausflüge sollte man schon ein zuverlässiges Boot nehmen«, sagte Brunetti, »besonders, wenn man ein Kind dabeihat.«
    Foa dankte ihm mit einem Lächeln. »Das Benzin zahle ich aus eigener Tasche«, sagte er. Und Brunetti, der ihm glaubte, gefiel es, daß Foa Wert darauf legte, dies klarzustellen.
    Brunetti nahm die Schaufel, stieß sie in den Schlamm zu ihren Füßen und kippte ein paar Ladungen in den Eimer, den Foa ihm hinhielt. Dann drückte er das Schaufelblatt flach auf den Boden und fing eine Handvoll Wasser auf, das er vorsichtig über den Schlamm goß.
    Auf einmal ließ sich zur Linken eine Männerstimme vernehmen. »Was machen Sie da?«
    Brunetti hielt inne und richtete sich auf. Von der Glasbläserei her, die seines Wissens Gianluca Fasano gehörte, kam ihnen ein hochgewachsener Mann entgegen - größer als Vianello und auch stämmiger. »Was machen Sie hier?« wiederholte er barsch. Foas Polizeiuniform beeindruckte ihn offenbar nicht im geringsten. Ein dicker Knochenwulst über seinen Brauen verschattete die Augen. Die schmalen Lippen waren aufgesprungen, und die Haut an der Mundpartie schien entzündet.
    »Buon giorno«, sagte Brunetti und ging dem Mann mit ausgestreckter Hand entgegen. Der war so überrascht, daß er einschlug. »Ich bin Commissario Guido Brunetti.«
    »Palazzi«, entgegnete der andere. »Raffaele.«
    Foa trat hinzu, und Brunetti stellte die beiden einander vor, worauf sie sich ebenfalls mit Handschlag begrüßten.
    »Können Sie mir sagen, was Sie da machen?« fragte Palazzi, diesmal in gemäßigterem Ton.
    »Es geht um den Tod des Nachtwächters. Ich leite in dem Fall die Ermittlungen. Er hat doch auch für Ihren Betrieb gearbeitet, nicht wahr?«
    »Ja.« Palazzi nickte, dann wies er auf den Eimer. »Aber was ist das?«
    »Wir nehmen eine Bodenprobe von Signor De Cals Grundstück.« Brunetti zeigte mit dem Spaten auf die Stelle, wo Palazzi sie zuerst gesehen hatte.
    »Ach, und wozu?« fragte Palazzi mit unverhohlener Neugier.
    »Um sie zu untersuchen«, antwortete Brunetti.
    »Wegen Giorgio?«
    »Sie kannten ihn?« fragte Brunetti.
    »Ach, den haben wir alle gekannt«, sagte Palazzi mit wehmütigem Lächeln. »Armer Kerl! Ich kannte ihn seit - warten Sie - sechs Jahren?« Palazzi schüttelte den Kopf, als wundere er sich, wie rasch die Zeit verging.
    »Demnach kannten Sie ihn schon vor der Geburt seiner Tochter?« fragte Brunetti.
    »Der arme Teufel!« Palazzi seufzte. »Das hätte keiner verdient.«
    »Was, Signor Palazzi?« Brunetti stellte den Eimer ab zum Zeichen, daß er sich auf ein längeres Gespräch einrichtete. Foa baute sich breitbeinig entspannt

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