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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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wünschte ich, ich könnte das gleiche von Marghera sagen, aber das geht leider nicht.«
    Brunetti war mit den Jahren zunehmend mißtrauisch geworden gegen Leute, die mit ihrer Sorge um das Wohl anderer hausieren gingen. Andererseits hätte das, was Fasano zum Thema Umweltschutz geäußert hatte, genausogut von Vianello stammen können, und da Brunetti dem Inspektor rückhaltlos vertraute, kam ihm auch Fasano aufrichtig vor.
    »Könnten die Schadstoffe aus Marghera schuld sein an der Erkrankung von Tassinis Tochter?« fragte Brunetti.
    Fasano zuckte abermals mit den Schultern; dann sagte er fast widerstrebend: »Nein, das glaube ich nicht. Sosehr ich auch überzeugt davon bin, daß Marghera uns langsam alle vergiftet - einen ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung der Kleinen kann ich mir nicht vorstellen.« Ungefragt lieferte er die Begründung nach: »Ich habe gehört, was bei ihrer Geburt passiert ist.«
    Als klar war, daß Fasano nicht näher darauf eingehen würde, fragte Brunetti: »Warum hat er dann De Cal die Schuld gegeben?«
    Fasano setzte zu einer Antwort an, stockte jedoch im letzten Moment und musterte Brunettis Gesicht, als sei er im Zweifel, wie weit er sich bei jemandem, den er nicht besonders gut kannte, vorwagen dürfe. Endlich sagte er: »Irgend jemandem mußte er doch die Schuld geben, nicht wahr?«
    Damit wandte Fasano sich um und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück, wo er sich über die dort abgestellte Vase beugte. Sie war etwa fünfzig Zentimeter hoch und bestach durch ihre vollkommen klare, schlichte Linienführung. »Wunderschön«, entfuhr es Brunetti.
    Fasano sah ihn mit einem Lächeln an, das sein ganzes Gesicht milder erscheinen ließ. »Danke, Commissario. Von Zeit zu Zeit stelle ich mich auf die Probe, um zu sehen, ob ich immer noch ein Werkstück hinkriege, das nicht auf einer Seite eingedellt ist oder zwei verschieden große Henkel hat.«
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie auch Glasbläser sind«, sagte Brunetti mit unverhohlener Bewunderung.
    »Ich habe meine Kindheit hier verbracht«, antwortete Fasano nicht ohne Stolz. »Mein Vater wollte, daß ich studiere, als erster aus unserer Familie. Also ging ich auf die Universität, aber den Sommer habe ich immer hier verbracht, in der fornace. « Er hob die Vase hoch, drehte sie zweimal im Kreis und prüfte die Oberflächenstruktur. Brunetti entdeckte einen hauchzarten bläulichen Schimmer, so durchsichtig, daß man ihn im hellen Tageslicht fast nicht erkannte.
    Die Augen fest auf die Vase gerichtet, sagte Fasano in einem Ton, als hätte er, seit Brunetti ihm die Frage gestellt hatte, unablässig darüber nachgedacht: »Er mußte an seine Hirngespinste glauben. Jeder hier weiß, was bei der Geburt des Mädchens passiert ist. Darum waren wohl auch alle immer so geduldig mit ihm. Doch er mußte seine Schuld auf irgendwen abwälzen, und so suchte er sie am Ende bei De Cal.« Fasano stellte die Vase wieder auf den Schreibtisch. »Aber er hat nie jemandem etwas zuleide getan.«
    Brunetti versagte sich den Einwand, daß Tassini seiner Tochter mehr als genug Schaden zugefügt hatte, und fragte statt dessen: »Hatte Signor De Cal denn Ärger mit ihm?«
    Er sah, wie Fasano sich die Antwort zurechtlegte. »Nicht daß ich wüßte«, sagte er endlich.
    »Kennen Sie Signor De Cal?«
    Fasano lächelte. »Die Werkstätten unserer Familien liegen seit über hundert Jahren nebeneinander, Commissario.«
    »Ja, natürlich.« Brunetti tat verlegen. »Hat er sich denn mal über Tassini geäußert oder irgendwelche Probleme mit ihm erwähnt?«
    »Sie haben Signor De Cal doch kennengelernt?«
    »Ja.«
    »Können Sie sich dann einen Arbeiter vorstellen, der ihm ernsthaft die Stirn bieten würde?«
    »Nein.«
    »Na also! De Cal hätte vermutlich Hackfleisch aus ihm gemacht, wenn Tassini es gewagt hätte, auch nur anzudeuten, daß er schuld sei am Unglück des Kindes.« Fasano lehnte sich an den Schreibtisch und stützte sich mit den Händen auf die Platte. »Wahrscheinlich mußte Tassini auch darum ständig anderswo sein Herz ausschütten. Weil er sich nicht traute, De Cal direkt anzugehen.«
    »Klingt, als hätten Sie sich doch näher mit seinen Anschuldigungen beschäftigt, Signore«, sagte Brunetti.
    Fasano zuckte die Achseln. »Kann schon sein. Schließlich arbeiten wir ständig mit diesen Materialien, und der Gedanke, daß sie mir - oder uns - schaden könnten, ist mir natürlich alles andere als angenehm.«
    »Sie scheinen aber nicht an eine Gefahr

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