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Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Titel: Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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auseinandergebrochen.« Marcolini hätte nicht enttäuschter klingen können, wenn all die Schätze ihm persönlich entrissen worden wären.
    »Und jetzt will dieses ganze Gesindel sich hier bei uns einnisten«, stieß Brunetti grimmig hervor - ein Mann, der sich erst nach gründlicher Überlegung in die Karten schauen ließ und jetzt in einer Geste ohnmächtigen Zorns die Hände in die Luft warf.
    »Sie sind kein Mitglied, oder?« erkundigte sich Marcolini, der offenbar voraussetzte, daß man ihn auch ohne nähere Angaben verstand.
    »In der Lega?« fragte Brunetti trotzdem der Form halber. »Nein.« Und obwohl sich die Präzisierung inzwischen genauso erübrigte wie die Nennung der Partei, setzte er nach einer kleinen Pause hinzu: »Zumindest kein eingetragenes Mitglied.«
    Zu seiner Überraschung gab Marcolini sich damit nicht zufrieden. »Was heißt das?« fragte er.
    »Daß es mir klüger scheint, meine politischen Ansichten für mich zu behalten«, antwortete Brunetti - ein Mann, gestärkt durch die Chance, sich endlich zur Wahrheit bekennen zu dürfen. Um aber eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen, ergänzte er: »Jedenfalls so lange, wie ich dienstverpflichtet und im Beamtenverhältnis bin.«
    »Versteht sich, versteht sich«, bekräftigte Marcolini leutselig. »Aber was führt Sie eigentlich zu mir, Commissario? Conte Falier hat mich angerufen und um einen Termin für Sie gebeten. Sie sind sein Schwiegersohn, nicht wahr?«
    »Ja«, bestätigte Brunetti in sachlichem Ton. »Und mein Anliegen an Sie betrifft wiederum Ihren Schwiegersohn.«
    »Was ist mit ihm?« fragte Marcolini prompt. Es klang neugierig, aber wenig begeistert.
    »Sein Zusammenstoß mit den Carabinieri ... mein Kommissariat wurde da hineingezogen.« Brunettis Stimme verriet, wie unangenehm ihm die Sache war.
    »Wie das?«
    »In der Nacht, als die Razzia stattfand, hat man mich zu Ihrem Schwiegersohn ins Krankenhaus geschickt.«
    »Ich dachte, das war Sache der Carabinieri«, warf Marcolini ein.
    »Ja, schon, aber deren Einsatzmeldung ist bei uns in der Questura irgendwie untergegangen. Als es dann in der fraglichen Nacht Verletzte gab, hat man die Polizei alarmiert.« Und im Ton des verärgerten Bürokraten setzte Brunetti hinzu: »Eigentlich war es nicht unser Fall, aber in der Meldung hieß es, ein Bürger sei in seinem Haus überfallen worden.«
    »Also sind Sie der Sache nachgegangen?«
    »Selbstverständlich. Wenn man gerufen wird, muß man gehen«, sagte Brunetti, stolz darauf, wie gut er den Kleinen Zinnsoldaten spielte.
    »Richtig. Aber ich weiß immer noch nicht, was Sie zu mir führt, Commissario.«
    »Erlauben Sie mir, ganz offen zu sprechen, Signore?«
    Marcolini nickte geradezu gnädig.
    »Also meinem Vorgesetzten ist es gar nicht recht, daß wir in einen Carabinieri-Fall verwickelt sind. Deshalb hat er mich gebeten, die Lage möglichst diskret zu sondieren.« Brunetti hielt inne, wie um sich zu vergewissern, daß Marcolini ihm folgte. Als der Ältere abermals nickte, fuhr er fort: »Was das Kind betrifft, so liegen uns zwei verschiedene Versionen vor. Eine besagt, der kleine Alfredo sei der Sohn Dottor Pedrollis und einer extracomunitaria, die er im Süden kennengelernt hat.« Brunetti legte ein fast schon gewagtes Maß an Verachtung in die Worte »extracomunitaria« und »Süden«, was seine Wirkung auf Marcolini nicht verfehlte. »Der anderen Version zufolge ist der Ehemann dieser ... dieser Frau der Kindsvater.« Hier machte Brunetti eine Pause, um dem Commendatore Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben.
    »Warum interessieren Sie sich so für diese Hintergründe, Commissario?«
    »Nun, Signore, wenn Dottor Pedrolli nicht der Vater ist, sollte man, so meinen wir, den Fall den Carabinieri überlassen.« Brunetti lächelte und fuhr dann fort. »Ist es jedoch sein Kind, dann könnte durch Vermittlung meiner Vorgesetzten sowie Ihrer Fürsprache sicher Abhilfe geschaffen werden.«
    »Vermittlung?« echote Marcolini. »Abhilfe? Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
    Brunettis Miene signalisierte eitel Wohlwollen. »Von der Sozialbehörde, Signore. Das Kind wird wahrscheinlich in einem Waisenhaus enden.« Eine durchaus realistische Einschätzung, an die Brunetti nun seine Spekulationen knüpfte. »Aber mit Ihrer Hilfe ließe es sich vielleicht doch bewerkstelligen, daß man zum Wohl des Kindes entscheidet und den Kleinen seinen Eltern zurückgibt.«
    »Seine Eltern«, polterte Marcolini los, und seine Stimme hatte mit

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