Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume
zu meiner Pensionierung werde ich nie was anderes machen als hinter diesem Steuer sitzen.«
»Und darum achten Sie darauf, dass Ihre Kinder regelmäßig zur Schule gehen?«, fragte Brunetti.
»Ja, genau. Mit einem guten Schulabschluss können sie was aus ihrem Leben machen.« Der Fahrer setzte den Blinker und nahm die Abfahrt von der autostrada. Er warf einen Blick nach hinten, zu Brunetti. »Das ist doch die Hauptsache, nicht wahr, dass unsere Kinder es mal besser haben im Leben als wir?« »Wollen wir's hoffen«, sagte Brunetti. »Si, Signore.« Der Polizist nickte bekräftigend.
An der Mündung der Ausfahrt hielten sie vor einer roten Ampel und bogen, als es Grün wurde, links ab. Der Fahrer war verstummt, sei es, weil er jetzt auf den Gegenverkehr achten musste, sei es, weil von seiner Seite alles gesagt war, und Brunetti schaute durchs Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft. Er fand es erstaunlich, dass die Fahrer ihr Ziel nie verfehlten. Obwohl sich die Gegend rechts und links der Strecke ständig wandelte: Bäume wurden grün oder warfen ihr Laub ab, Blumen blühten oder verwelkten, Felder wurden gepflügt, bebaut und ab geerntet, parkende Autos wechselten ihren Standplatz. Wenn sich doch einmal einer verfuhr, musste er umständlich auf dem Seitenstreifen halten und schlimmstenfalls wenden, um wieder in die Richtung zu gelangen, aus der er gekommen war. Und dazu der ständige Verkehr ringsum, all die anderen Fahrzeuge, die ihn wie Insekten umschwirrten.
Sie bogen ein zweites Mal ab. Brunetti blickte sich um, aber nichts kam ihm bekannt vor. Die Häuser blieben zurück, und bald waren sie ganz im Grünen.
Nicht lange danach hielt der Wagen vor dem Tor zum Lager. Der Fahrer stieg aus, öffnete das Tor, und als sie es passiert hatten, ging er zurück und schloss es wieder. Wozu war ein Tor gut, das sich so ohne weiteres öffnen ließ?
Auf den Stufen vor einem Wohnwagen saßen zwei Männer; drei weitere beugten sich über die offene Motorhaube eines Pkws. Das Polizeifahrzeug, das eben vorgefahren war, schien sie nicht im Geringsten zu kümmern. Aber Brunetti sah sehr wohl, wie ihre Körper für einen Moment ruckartig erstarrten. Brunetti bedeutete dem uniformierten Fahrer, im Wagen sitzen zu bleiben, während er ausstieg und auf die Gruppe zuging. »Buon giorno, signori«, grüßte er.
Sie blickten der Reihe nach zu ihm auf, bevor sie sich wieder über die Eingeweide des Wagens beugten. Einer sagte etwas, das Brunetti nicht verstand, und zeigte auf einen Plastikkanister mit einem roten Verschluss, durch den ein Schlauch führte. Dann packte er den Behälter und rüttelte ihn, bis die Flüssigkeit darin hochschwappte, wozu die beiden anderen ihren Kommentar abgaben.
Im nächsten Augenblick richteten sich alle drei auf, stießen sich so synchron, als ob sie es geprobt hätten, vom Kühler ab und verschwanden in Richtung Wohnwagen. Brunetti schlenderte hinüber zu den beiden, die vor ihrem Camper saßen und ihn nicht aus den Augen ließen. »Buon giorno, signori«, grüßte Brunetti wieder.
»No italiano«, entgegnete der eine und zwinkerte seinem Freund zu.
Brunetti ging zurück zu dem Polizeifahrzeug und fragte den Fahrer, der, als er ihn kommen sah, das Fenster heruntergelassen hatte: »Kennen Sie sich gut mit Autos aus?« »Si, Signore.«
»Gibt's an denen hier was zu beanstanden? Rechtlich, meine ich«, fügte Brunetti hinzu und wies mit dem Kinn auf die im Halbkreis geparkten Autos.
Der Fahrer stieg aus, trat zwei Schritte näher und nahm den Fuhrpark kritisch in Augenschein. »Bei zweien sind die Rücklichter kaputt, und drei haben fast kein Profil mehr auf den Reifen.« Er sah Brunetti an und fragte: »Wollen Sie noch mehr?« »Ja.«
Daraufhin umrundete der Fahrer jedes Auto einzeln. Er sah nach, ob die Plakette zur grünen Versicherungskarte an der Windschutzscheibe klebte, ob auch die Rücksitze Sicherheitsgurte hatten und fahndete nach kaputten Scheinwerfern.
»Drei gehören aus dem Verkehr gezogen«, lautete sein abschließender Befund. »Einer fährt praktisch auf den Felgen, und bei den anderen beiden ist der Versicherungsschutz schon vor über drei Jahren abgelaufen.«
»Reicht das, um sie abschleppen zu lassen?«, wollte Brunetti wissen.
»Da bin ich überfragt, Commissario. Ich war nie bei der Verkehrspolizei.« Doch nach einem abermaligen Blick auf die Autos meinte er: »Es könnte hinhauen.«
»Dann lassen wir's drauf ankommen«, entschied Brunetti. »Welcher
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