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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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trickreichen Finte auch die Komik seines Einfalls zu schätzen wusste.
    »Und du glaubst, dass die Frau dich gehört hat?«, fragte Vianello.
    »Ganz bestimmt«, antwortete Brunetti. »Sie stand ja direkt hinter der Tür. Ihr Mann und ich, wir waren keine zwei Meter entfernt.«
    »Fragt sich nur, ob sie Italienisch versteht.«
    »Es war auch eins von den Kindern dabei«, erklärte Brunetti. »Die können sicher ein bisschen Italienisch.«
    Vianello brummte zustimmend und folgte Brunetti in sein Büro. »Manchmal wünschte ich«, sagte der Inspektor, während er erschöpft auf einen der Besucherstühle sank, »wir hätten mehr Abschleppwagen zur Verfügung.« »Wozu?«, fragte Brunetti. »Um die umzuquartieren.«
    Fast hätte es Brunetti die Sprache verschlagen. »So aggressiv kenne ich dich ja gar nicht, Lorenzo.« Und als Vianello nur mit den Schultern zuckte, fügte er hinzu: »Du hast noch nie gesagt, dass du sie nicht magst.«
    »Dann sag ich's eben jetzt«, gab Vianello bärbeißig zurück.
    Mehr noch als Vianellos Behauptung irritierte Brunetti, wie sehr der Inspektor sich ereiferte.
    Vianello streckte die Beine aus und schien sich angelegentlich für seine Schuhe zu interessieren, bevor er endlich zu Brunetti aufsah. »Na schön, das war jetzt übertrieben. Es ist nicht so, dass sie mir besonders unsympathisch sind, aber besonders sympathisch finde ich sie erst recht nicht.«
    »Aus deinem Mund klingt das immer noch komisch«, beharrte Brunetti.
    »Und wenn ich sagte, ich mag keinen Weißwein? Oder Spinat? Würde das auch komisch klingen?«, ereiferte sich Vianello. »Wärst du dann immer noch enttäuscht, weil ich nicht das Richtige denke oder fühle?« Da Brunetti keine Antwort gab, fuhr Vianello fort: »Niemand macht mir einen Vorwurf, wenn ich bekenne, dass ich irgend etwas - meinetwegen einen Film oder ein Buch - nicht mag. Aber sobald ich sage, ich mag keine Zigeuner oder Finnen oder die Bewohner von Neuschottland, dann ist der Teufel los.«
    Vianello verstummte. Doch als Brunetti, statt Einspruch zu erheben, beharrlich weiterschwieg, wiederholte der Inspektor: »Wie schon gesagt, ich hab nicht direkt was gegen sie, aber sie sind mir auch nicht direkt sympathisch.« »Du könntest deine Vorbehalte wenigstens etwas diplomatischer formulieren«, gab Brunetti zu bedenken.
    Die Worte mochten ironisch gefärbt sein, Brunettis Ton war es nicht, was Vianello sehr wohl bemerkte. »Du hast recht«, antwortete er, »ich sollte mich an die vereinbarte Sprachregelung halten. Aber ich bin es verdammt noch mal leid, dauernd für jeden Benachteiligten oder Zukurzgekommenen Nachsicht und Verständnis aufzubringen und ständig aufpassen zu müssen, dass ich mich auch ja nicht im Ton vergreife.« Nach kurzem Überlegen setzte er hinzu: »Da kommt man sich doch vor wie früher im Ostblock, wo die Leute der Partei nach dem Mund reden mussten und nur privat die Wahrheit sagen durften.«
    »Tut mir leid, aber ich kann dir nicht ganz folgen.« Vianello sah auf und schaute Brunetti fest in die Augen. »Ich glaube, du verstehst mich ganz gut.« Als Brunetti seinem Blick auswich, fuhr der Inspektor fort: »Du hast das doch selber oft genug miterlebt, diese Lippenbekenntnisse von wegen wir dürften keine Ressentiments haben, müssten tolerant sein und die Rechte der Minderheiten respektieren. Aber sowie die Leute Zutrauen fassen, sagen sie dir, was sie wirklich denken.« »Und das wäre?«, erkundigte sich Brunetti freundlich. »Dass sie es satt haben, tatenlos zuzusehen, wie dieses Land immer unsicherer wird, so dass sie schon die Tür abschließen müssen, wenn sie sich nur nebenan beim Nachbarn eine Tasse Zucker borgen. Kaum aber sind die Gefängnisse voll, erlässt die Regierung mit ein paar hehren Sprüchen nach dem Motto ›Jeder verdient eine Chance zur Reintegration‹ die nächste Amnestie, bei der selbst Killer in die Freiheit marschieren.« So jäh wie er begonnen hatte, brach Vianellos Monolog ab.
    Einige Zeit verstrich, bevor Brunetti fragte: »Wirst du morgen genauso reden?«
    Vianello zuckte erst nur mit den Schultern. Dann sah er ihn offen an und sagte: »Nein, wahrscheinlich nicht.« Wieder ein Schulterzucken, das aber, begleitet von einem Grinsen, schon ganz anders ausfiel. »Es ist verdammt schwer, diese Dinge nie aussprechen zu dürfen. Ich hätte, glaube ich, weniger Schuldgefühle bei solchen Gedanken, wenn ich mir ab und zu mal Luft machen könnte.« Brunetti nickte.
    Vianello schüttelte sich wie ein

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