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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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streute gelegentlich neapolitanische Ausdrücke ein. Freilich stets mit ironischen Gänsefüßchen, von jener Hochsprache abgetrennt, die sie mit einer Eleganz zu sprechen wusste, wie es Brunetti selten vorkam. Jemand, der sie nicht kannte, würde daher aus ihrem Argwohn gegenüber den Bewohnern des Südens schließen, dass sie Norditalienerin war, eine Frau, die nur nördlich von Florenz zu Hause sein konnte.
    Brunetti spürte, sie hatte diese Bemerkung hingeworfen, um ihn zu testen. Wenn er ihr zustimmte, konnte sie ihn in die eine Schublade stecken; stimmte er nicht zu, kam er in die andere. Da er in keine der beiden - oder in beide zugleich - gehörte, stellte Brunetti eine Gegenfrage: »Soll das heißen, Sie haben vor, der Lega beizutreten?«
    Diesmal war sie es, die laut lachte. Als sie fertig war, fragte sie, als habe sie sein Ausweichmanöver nicht bemerkt: »Hat er Freunde hier?«
    »Er hat eine Zeitlang mit Alvise an einem Spezialauftrag gearbeitet, europaweite Ermittlungen, aber bevor sie die ersten Ergebnisse hatten oder irgendwer überhaupt wusste, was sie da eigentlich taten, wurden ihnen die Mittel gestrichen.« Brunetti überlegte kurz. »Ob er Freunde hat - ich bin mir nicht sicher. Man weiß sowieso nicht viel von ihm. Immerhin weiß ich, dass er offensichtlich mit keinem hier näheren Umgang haben möchte.«
    »Ihr Venezianer seid ohnehin nicht gerade die gastfreundlichsten Leute der Welt«, sagte sie und lächelte, um die Bemerkung zu entschärfen.
    Verblüfft antwortete Brunetti viel defensiver, als er eigentlich wollte: »Nicht jeder hier ist Venezianer.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte sie und hob beschwichtigend eine Hand. »Alle hier sind sehr nett und sehr freundlich, aber das endet an der Tür, wenn wir abends nach Hause gehen.«
    Wäre er nicht verheiratet gewesen, hätte Brunetti sie auf der Stelle zum Essen eingeladen, aber diese Zeiten waren vorbei, und Paolas Reaktion auf sein Verhalten gegenüber Franca Marinello war ihm noch so frisch im Gedächtnis, dass es für ihn gar nicht in Frage kam, diese höchst attraktive Frau irgendwohin einzuladen.
    Vianello kam herein und erlöste ihn aus seiner Unsicherheit. »Ah, da bist du ja«, sagte er an Brunetti gewandt, nahm aber die Anwesenheit der Frau immerhin durch ein Nicken und eine Geste zur Kenntnis, die in einem anderen Leben vielleicht als Gruß durchgegangen wäre.
    Er ging auf Brunettis Schreibtisch zu und blieb auf halbem Weg stehen. »Signorina Elettra hat mich eben gebeten«, sagte der Ispettore, »Ihnen auszurichten, dass sie mit den Ärzten in San Marcuola gesprochen hat und gleich berichten kommen wird.« Brunetti nickte dankend, und der Ispettore fügte hinzu: »Und die Männer unten haben mir erzählt, du hättest mit ihnen gesprochen.« Als er mit seiner Meldung fertig war, blieb Vianello mit verschränkten Armen stehen, offensichtlich nicht geneigt, das Büro seines Vorgesetzten zu verlassen, bevor er in die Geschehnisse eingeweiht worden war.
    Auch Griffoni war die Neugier deutlich anzusehen, und Brunetti sah sich genötigt, Vianello einen Stuhl anzubieten. »Heute früh war ein Carabiniere bei mir«, fing er an und berichtete dann von Guarinos Besuch, von dem Mord an Ranzato und dem Mann, der in der Gegend von San Marcuola wohnen sollte.
    Seine Zuhörer schwiegen eine Zeitlang, bis Griffoni schließlich aufgebracht herausplatzte: »Herrgott, haben wir nicht schon genug Probleme mit unserem eigenen Müll? Und jetzt bringen die auch noch welchen aus anderen Ländern hierher?«
    Beide Männer waren verblüfft von diesem Ausbruch.
    Normalerweise blieb Griffoni die Ruhe selbst, wenn von kriminellem Verhalten die Rede war. Das Schweigen dehnte sich, bis sie mit ganz anderer Stimme sagte: »Zwei Kusinen von mir sind voriges Jahr an Krebs gestorben. Die eine war drei Jahre jünger als ich. Grazia hat in der Nähe der Verbrennungsanlage in Tarent gelebt, keinen Kilometer davon entfernt.«
    Brunetti sagte vorsichtig: »Das tut mir leid.« Sie hob eine Hand. »Ich war mit dieser Sache befasst, bevor ich hierhergekommen bin. Man kann nicht in Neapel arbeiten und von dem Müllproblem nichts wissen. Der Müll türmt sich in den Straßen; es gibt illegale Deponien, gegen die wir ermitteln. Die ganze Landschaft um Neapel herum ist mit Müll übersät.«
    Vianello sah sie an und sagte: »Über Tarent habe ich mal was gelesen. Ich habe Bilder von Schafen auf den Feldern gesehen.«
    »Die sterben offenbar auch an Krebs«, erklärte

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