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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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auch gleich zu Ihnen nach oben bringen. Damit sie nicht unten warten muss. Ich wusste ja, dass Sie im Hause sind.« Ihm gingen die Worte aus.
    »Danke, Pucetti. Das haben Sie richtig gemacht.« Brunetti nahm die letzten Stufen zu ihnen hin und schüttelte ihr die Hand. »Dann kommen Sie mal in mein Büro«, sagte er lächelnd, dankte Pucetti noch einmal und marschierte an den beiden vorbei.
    Beim Eintreten sah er das Büro mit ihren Augen: einen Schreibtisch, bedeckt mit kleinen Erdrutschen aus Papier, ein Telefon, einen mit einem Dachs verzierten Keramikbecher, den Chiara ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte, gefüllt mit Bleistiften und Kugelschreibern, ein leeres Glas. Die Wände - das bemerkte er zum ersten Mal - konnten einen Anstrich gebrauchen. Ein Foto des Präsidenten der Republik hing einsam hinter dem Schreibtisch, links davon ein Kruzifix - Brunetti hatte sich nie die Mühe gemacht, es abzunehmen. Der Kalender vom Vorjahr hing immer noch an einer Wand, die Tür des Kleiderschranks stand offen, sein Schal schlängelte sich bis zum Fußboden.
    Brunetti nahm ihr den Mantel ab, hängte ihn in den armadio und schob, wo er schon mal dabei war, mit der Fußspitze den Schal hinein. Sie legte die Handschuhe in ihre Mütze und reichte sie ihm. Er ließ beides im Schrank verschwinden, schloss die Tür und ging an seinen Schreibtisch.
    »Ich sehe mir gern an, wo die Leute arbeiten«, sagte sie und blickte umher, während er einen Stuhl für sie zurechtrückte. Nachdem sie Platz genommen hatte, fragte er, ob sie einen Kaffee haben wolle, und als sie ablehnte, setzte er sich auf den Stuhl neben sie und wandte sich ihr zu.
    Sie sah sich weiter im Zimmer um, und als sie dann aus dem Fenster schaute, nutzte Brunetti die Gelegenheit, sie genauer zu betrachten. Sie trug einen dezenten hellbraunen Pullover und einen dunklen Rock, der ihre halbe Wade bedeckte. Ihre Schuhe hatten flache Absätze und sahen gut eingetragen aus. Sie hielt eine Lederhandtasche auf dem Schoß; ihr einziger Schmuck war ein Ehering. Die Wärme hatte inzwischen die dunklen Flecken aus ihrem Gesicht vertrieben.
    »Sind Sie deswegen gekommen?«, fragte Brunetti schließlich. »Um zu sehen, wo ich arbeite?«
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete sie und bückte sich zur Seite, um die Handtasche auf den Boden zu stellen. Als sie aufblickte, glaubte er eine gewisse Spannung in ihrem Gesicht zu bemerken, ließ den Gedanken aber wieder fallen: Ihre Gefühle äußerten sich nur in ihrer Stimme, die äußerst volltönend und angenehm war.
    Brunetti schlug die Beine übereinander und setzte ein interessiertes Halblächeln auf. Er konnte warten, das konnte er besser als alle anderen.
    »Eigentlich bin ich wegen meines Mannes hier«, sagte sie. »Es geht um seine Geschäfte.«
    Brunetti nickte, sagte aber nichts.
    »Gestern Abend beim Essen erzählte er mir, jemand habe versucht, an Unterlagen über seine Firmen zu gelangen.«
    »Reden Sie von einem Einbruch?«, fragte Brunetti, obwohl er es besser wusste.
    Ihre Lippen bewegten sich, und sie antwortete mit sanfter Stimme: »Nein, nein, wo denken Sie hin? Ich hätte mich deutlicher ausdrücken sollen. Er hat mir erzählt, von einem seiner Computerspezialisten - ich weiß, diese Leute haben irgendwelche Titel, aber die kenne ich nicht - habe er gestern erfahren, es gebe Hinweise darauf, dass jemand in ihre Computer eingebrochen sei.«
    »Und ist was gestohlen worden?«, fragte Brunetti. Dann aber ernsthaft: »Ich muss gestehen, für so einen Fall bin ich wohl nicht der Richtige. Ich verfüge nur über ein sehr begrenztes Wissen darüber, was Leute mit Computern anstellen können.« Er lächelte zum Beweis seiner Aufrichtigkeit.
    »Aber mit den Gesetzen kennen Sie sich doch aus, oder?«, fragte sie.
    »Wenn es um so etwas geht?«, fragte Brunetti zurück, und als sie nickte, musste er zugeben: »Nein, leider nicht. Da sollten Sie besser einen Richter fragen, oder einen Anwalt.« Und als falle ihm das gerade noch ein, fügte er hinzu: »Ihr Mann hat doch sicher einen Anwalt, den er fragen kann.«
    Sie sah auf ihre Hände, die ordentlich gefaltet in ihrem Schoß lagen, und sagte: »Ja, er hat einen. Aber den will er nicht fragen, hat er gesagt. Genaugenommen hat er gesagt, dass er deswegen gar nichts unternehmen möchte.« Sie hob den Kopf und sah Brunetti an.
    »Ich glaube, ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Brunetti und sah ihr in die Augen.
    »Der Mann, von dem er das hat, sein Computermensch, hat

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