Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Glauben an den gesunden Menschenverstand der Frauen verlieren. Sein besseres Ich hielt ihn davon ab, der Liste der Anklagepunkte gegen die zwei noch hinzuzufügen, dass sie aus dem Süden stammten und zumindest einer von ihnen den Namen eines bekannten Camorranestes trug.
    »Was meinen Sie, können Sie sich Zugang zu den Dateien des Innenministeriums verschaffen?«, fragte Brunetti mit der Abgebrühtheit des Gewohnheitsverbrechers. »Zu den Passdateien?«
    Signorina Elettra hielt die Fotos ans Licht und betrachtete sie genauer. »An einer Kopie kann man schwer erkennen, ob die Pässe echt sind oder nicht«, sagte sie mit der Abgebrühtheit eines Menschen, der ständig mit Gewohnheitsverbrechern zu tun hat.
    »Keine Hotline zum Ministerium?«, scherzte er wenig überzeugend.
    »Leider nein«, antwortete sie, ohne eine Miene zu verziehen. Gedankenverloren nahm sie einen Bleistift, stellte ihn mit der Spitze auf den Schreibtisch, fuhr mit den Fingern an ihm auf und ab, drehte ihn herum, wiederholte die Bewegung ein paar Mal und legte ihn wieder hin. »Ich fange beim Passamt an«, sagte sie, als stünden dessen Akten links neben ihr und sie könnte gleich darin herumblättern. Ihre Hand griff wie ein eigenständiges Wesen nach dem Bleistift, und diesmal tippte sie mit dem Radiergummi am unteren Ende auf eins der Fotos und sagte: »Wenn die echt sind, sehe ich erst mal in unseren Akten nach, ob wir was über die haben.« Dann fragte sie noch: »Wann brauchen Sie das, Dottore?«
    »Gestern?«, fragte er.
    »Unwahrscheinlich.«
    »Morgen?«, schlug er vor; sie um »heute« zu bitten schien ihm nicht fair.
    »Wenn das ihre richtigen Namen sind, müsste ich bis morgen was gefunden haben. Oder falls sie die Namen schon lange genug benutzen, dass sie irgendwo bei uns gelandet sind.« Ihre Finger glitten an dem Bleistift auf und ab, und Brunetti sah darin ein Abbild ihrer Gedanken, die von einer Möglichkeit zur anderen wanderten.
    »Können Sie mir noch mehr über die beiden sagen?«
    »Der Mann, der in Tessera getötet wurde, hatte mit dem hier zu tun«, sagte Brunetti und zeigte auf den, dessen Name als Antonio Terrasini angegeben war. »Und der andere war mit ihm im Casinó, wo Terrasini sehr viel Geld verloren hat und raus geworfen werden musste, als er anfing, den Croupier zu beschimpfen.«
    »Die Leute verlieren immer«, sagte sie gleichgültig. »Wäre aber interessant zu erfahren, wie er an das viele Geld gekommen ist, oder?«
    »Es ist immer interessant zu erfahren, wie Leute an sehr viel Geld gekommen sind«, bestätigte Brunetti. »Ganz besonders, wenn sie bereit sind, es einfach so zu verspielen.«
    Sie warf noch einen Blick auf die Fotos und sagte: »Mal sehen, was sich machen lässt.«
    »Ich wäre Ihnen sehr verbunden.«
    »Geht in Ordnung.«
    Er verließ ihr Büro und machte sich auf den Weg zu seinem eigenen. Als er an die Treppe kam, sah er nach oben und erblickte Pucetti und neben ihm eine Frau in einem langen Mantel. Ihre Knöchel erinnerten ihn sofort an den Abend, als er Franca Marinello zum ersten Mal gesehen hatte - ihre eleganten Knöchel, die vor ihm die Brücke hinaufgeschritten waren.
    Sein Blick wanderte zum Kopf der Frau, aber sie trug eine Wollmütze, aus der nur hinten ein paar Haarsträhnen heraushingen. Blonde Strähnen.
    Brunetti beschleunigte seine Schritte, und als er die beiden fast erreicht hatte, rief er: »Pucetti!«
    Der junge Beamte blieb stehen, drehte sich um und lächelte verlegen, als er seinen Vorgesetzten bemerkte. »Ah, Commissario«, fing er an; jetzt drehte sich auch seine Begleiterin um. Es war tatsächlich Franca Marinello.
    Die Kälte hatte ihre Wangen mit seltsamen dunkelvioletten Flecken überzogen, während Kinn und Stirn so bleich waren wie die einer Frau, die nie an die Sonne kam. Ihr Blick entspannte sich, und auf ihrer Miene erschien etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte.
    »Ah, Signora«, sagte er, ohne seine Überraschung zu verhehlen. »Was führt Sie denn hierher?«
    »Ich dachte, ich könnte es ausnutzen, dass wir uns neulich kennengelernt haben, Commissario«, sagte sie mit ihrer tiefen Stimme. »Ich möchte Sie etwas fragen, wenn ich darf. Dieser junge Beamte war sehr zuvorkommend.«
    Das schien Pucetti in Verlegenheit zu bringen. »Die Signora hat gesagt«, erklärte er, »sie sei eine Freundin von Ihnen, Commissario, sie wolle mit Ihnen sprechen. Ich habe mehrmals in Ihrem Büro angerufen, aber Sie waren nicht da, also dachte ich, ich könnte die Signora

Weitere Kostenlose Bücher