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Bruno Chef de police

Bruno Chef de police

Titel: Bruno Chef de police Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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Arztfamilie lebt hier schon seit eh und je. Der Doktor hat jedes zweite Baby unserer Stadt zur Welt gebracht - mich und Stéphane zum Beispiel.«
    »Ich weiß, aber selbst wenn der Junge mit dem Mord nichts zu tun hat, wird wegen Drogenmissbrauchs gegen ihn ermittelt werden«, sagte Bruno. »Und es geht dabei nicht bloß um Marihuana, sondern um harte Drogen, eben das Zeugs, das wir aus Saint-Denis raushalten wollen.«
    Bruno war nicht wohl bei dem Gedanken, dass inzwischen die halbe Stadt wusste, dass der junge Richard Gelletreau festgenommen worden war. Alle kannten den Doktor und seine Frau. In Saint-Denis gab es nicht viele Geheimnisse, was der Polizeiarbeit normalerweise zugutekam. Die Festnahme eines Schülers, Sohn eines prominenten Mitbürgers, war natürlich ein Thema, das alle interessierte, doch in das Getuschel der Leute mischten sich Anspielungen auf »die Araber« und »den Islam«, die sowohl für ihn als auch für Saint-Denis neu waren. Bruno las Zeitung und hörte, hauptsächlich zur Gartenarbeit,
France Inter.
Er wusste, dass in Frankreich sechs Millionen Muslime lebten, was einen Anteil von rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachte. Die meisten stammten aus Nordafrika, und nur wenige hatten Arbeit, was nicht deren Schuld war. Er wusste auch von den Krawallen und den brennenden Autos in Paris und in anderen Großstädten und wie viele Wählerstimmen der
Front National
bei den letzten Wahlen hatte dazugewinnen können. Doch all dies hatte bisher in einer Welt stattgefunden, zu der Saint-Denis scheinbar nicht gehörte. In der Dordogne lebten sehr viel weniger Araber als in anderen Départements, und diejenigen aus Saint-Denis waren wie Momu und Karim gute Bürger mit Jobs, Familien und Pflichtgefühl. Ihre Frauen trugen keine Schleier, die nächste Moschee befand sich in Périgueux, und wenn sie heirateten, wurde die Trauung nach guter republikanischer Sitte in der
mairie
vorgenommen.
    »Da wäre noch etwas, was wir aus Saint-Denis raushalten wollen«, sagte Raoul. »Und das sind Araber. Davon haben wir hier schon mehr als genug.«
    »Wie bitte? Es sind doch nur gerade einmal ein halbes Dutzend Familien, darunter der alte Momu, der deinen Kindern das Einmaleins beigebracht hat«, entgegnete Bruno.
    »Das ist erst der Anfang«, sagte Raoul. »Sieh dir doch mal deren Familien an mit ihren sechs, manchmal sieben Kindern. In zwei oder drei Generationen sind wir in der Minderheit. Sie werden aus Notre-Dame eine Moschee machen.«
    Bruno setzte sein Glas auf dem kleinen Tisch hinter Stéphanes Lieferwagen ab und überlegte, wie er parieren und eine lautstarke Auseinandersetzung mitten auf dem Markt vermeiden konnte.
    »Hör mal zu, Raoul. Deine Großmutter hatte sechs Kinder. Oder waren's acht? Deine Mutter hatte vier, und du hast zwei. Die Geburtenzahlen gehen zurück, und das hat mit dem Bildungsniveau der Frauen zu tun. Das gilt für Franzosen wie Araber. Schau dir Momu an, er hat auch nur zwei Kinder.«
    »Das sage ich doch, Momu ist einer von uns. Er wohnt hier, arbeitet hier und ist ein Rugbyfan«, erwiderte Raoul. »Aber was ist mit all den anderen? Sie haben sechs oder sieben Kinder und verbieten den Mädchen, am Sportunterricht teilzunehmen. In meiner Jugend gab es hier keinen einzigen Araber. Und jetzt? Vierzig, wenn nicht fünfzig. Jedes Jahr kommen mehr dazu. Und wegen der vielen Kinder haben sie ein Vorrecht auf billige Sozialwohnungen, während die Preise auf dem freien Immobilienmarkt immer weiter in die Höhe klettern. Meine Kinder werden sich deshalb womöglich nie ein eigenes Haus leisten können. Dabei ist das hier doch unser Land, Bruno. Unsere Familien leben seit Ewigkeiten hier, und ich will auswählen dürfen, mit wem ich das Land teile.«
    »Und da fragst du dich noch, warum dem
Front National
immer mehr Wähler zulaufen?«, rief Stéphane. »Mach doch mal die Augen auf. An den Einwanderern allein liegt's nicht, sondern an den etablierten Parteien, die uns hängenlassen. Dabei haben sich die Schwierigkeiten schon Vorjahren angekündigt. Deshalb wählen mittlerweile auch so viele die Grünen oder die Öwsse-Partei. Versteh mich nicht falsch, Bruno. Ich habe nichts gegen Araber oder andere Einwanderer. Schließlich ist meine eigene Frau die Tochter eines Portugiesen, der schon vor dem Krieg zu uns gekommen ist. Aber sie sind wie wir. Sie sind weiß, europäisch und christlich, und Araber sind das nicht.«
    Bruno schüttelte den Kopf. Er musste Stéphane zwar in einigen Punkten

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