Brut des Teufels
antwortete Jenny. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. » Jack, ich stehe auf deiner Seite, das weißt du doch. Marcus hat mit mir geplaudert und mich zum Reden gebracht. Das ist sein Beruf, oder? Er ist Anwalt. Er bringt die Leute dazu, sich zu öffnen, etwas von sich preiszugeben.« Sie zog die Hand weg und verschränkte die Arme vor der Brust. » Ich erkläre das nicht sehr gut, oder?«
» Nein, wirklich nicht«, erwiderte er. » Das war etwas Persönliches, Jenny. Und er ist ein Fremder.«
» Er ist ein alter Freund von Daddy«, entgegnete sie. » Ich kenne ihn seit Jahren. Er ist kein Fremder. Natürlich hätte ich einem Fremden gegenüber den Mund gehalten. Aber er ist Onkel Marcus. Ich nenne ihn Onkel, so lange ich denken kann.«
» Hast du ihm von dem Ouija-Brett erzählt?«
» Natürlich nicht.«
» Du sagst ›natürlich nicht‹, aber ich verstehe nicht, warum du ihm überhaupt von meiner Schwester erzählt hast.«
» Warum ist das so wichtig, Jack? Wo liegt das Problem?«
Nightingale machte die Schlafzimmertür auf und winkte Jenny, ihm hineinzufolgen. Sie hatte recht– mit seinen blassgrünen Wänden, dem dunkelgrünen Teppich und dem großen Mahagoni-Himmelbett mit Farnmuster-Bettwäsche wirkte es wirklich sehr entspannend. In einem in Schiefer gefassten Kamin brannte ein Feuer, und auf einem der Kopfkissen lag ein Täfelchen Minzschokolade und ein kleines Blumensträußchen. Nightingale schloss die Tür. » Es gibt etwas, was ich dir nicht erzählt habe«, sagte er. » Etwas, was Wainwright mir bei meinem Besuch auf dem Biggin-Hill-Flughafen berichtet hat. Etwas über Fairchild.« Nightingale wischte sich das Gesicht mit der Hand ab, die daraufhin schweißnass war. » Er ist ein Satanist. Ein Teufelsanbeter.«
» Unsinn.«
» Ich denke mir das nicht aus, Jenny. Er ist ein Mitglied des Ordens der Neun Ecken. Und diese Leute glauben an Menschenopfer.«
» Jack, warum sagst du das? Es kann unmöglich stimmen.«
» Das hat Wainwright mir erzählt.«
» Dann lügt er.«
» Warum sollte er mich in so einer Sache belügen?«
» Leute lügen nun mal, Jack. Du warst doch Polizist, somit weißt du, dass die Menschen selten die Wahrheit sagen.«
» Ich habe Wainwright gebeten, mir den Namen eines Mitglieds des Ordens der Neun Ecken zu nennen, weil das die Gruppe ist, der Gosling früher angehört hat. Erst da hat er Fairchild aufs Tapet gebracht.«
» Warum hast du mir nicht früher davon erzählt?«
» Warum hätte ich das tun sollen? Ich wusste ja nicht, dass Fairchild ein Freund deines Vaters ist. Oder dass er meine Schwester verteidigt hat.« Er nahm seine Zigaretten heraus. » Das ist ein einziges Chaos.« Er steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
» Nicht hier im Haus, Jack«, sagte Jenny und legte ihm die Hand auf den Arm. » Mummy kriegt die Krise.«
» Wie soll sie denn davon erfahren?« Er zeigte auf den Kamin. » Es brennt doch schon ein Feuer im Zimmer.«
» Sie riecht Tabakrauch auf eine Meile Entfernung. Jack, bitte.«
» Was, wenn ich ein Fenster aufmache?«
Jenny seufzte. » Okay, aber achte darauf, dass auch wirklich der ganze Rauch nach draußen geht.«
Nightingale ging zum Fenster und machte es auf. In der Ferne waren zwei Tennisplätze zu sehen, der eine ein Rasenplatz und der andere mit einem orangefarbenen Synthetikmaterial ausgelegt. Beide waren leicht mit Reif überzogen.
Nightingale zündete sich zitternd die Zigarette an. » Was hat Mummy eigentlich gegen Raucher?«, fragte er. Er nahm einen langen Zug, beugte sich dann aus dem Fenster und blies den Rauch hinaus.
» Sie war selbst mal Raucherin«, erzählte Jenny. » Aber vor sechs Jahren hat sie es aufgegeben.«
» Der Eifer des Bekehrten«, meinte Nightingale. » Das sind immer die Schlimmsten.«
» Es tut mir leid«, sagte Jenny.
» Das mit Mummy?«
Jenny zwang sich zu einem Lächeln. » Dass ich so offen mit Fairchild geredet habe. Ich kann mir nicht erklären, warum ich ihm tatsächlich so viel erzählt habe.«
» Vielleicht hat er dich ja hypnotisiert«, meinte Nightingale nur halb im Scherz.
» Vielleicht«, antwortete Jenny. » Er hat so eine Art, einen anzuschauen, wenn er mit einem redet.«
» Wer hat meine Schwester denn als Erster erwähnt?«, fragte Nightingale.
» Er.«
» Bist du dir da sicher?«
Jenny nickte. » Ich hatte ihn ein paar Jahre nicht mehr gesehen und habe ihn nach seinen Fällen gefragt. Er erwähnte, dass er eine Serienmörderin verteidigt hat. Dann sagte er,
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