Brut des Teufels
aber eine andere Mutter. Und sie ist am Tag ihrer Geburt adoptiert worden. Darum kenne ich weder ihren Namen noch ihren Geburtstag.«
» Du machst das ja nicht gerade einfach«, meinte Duggan.
» Ich hatte gehofft, du könntest eine Suche in der Nationalen DNA -Datenbank durchführen.«
Duggan hob die Augenbrauen. » Du glaubst, dass sie im System ist?«
» Ich weiß, dass es unwahrscheinlich ist, aber es gibt schließlich fünf Millionen Proben in der Datenbank, und jeden Monat werden es dreißigtausend mehr. Vielleicht ist sie ja einmal wegen irgendwas verhaftet worden, und man hat ihre DNA genommen.« Nightingale seufzte. » Ich weiß, dass es fast aussichtslos ist, Colin, aber ich habe nichts anderes.«
» Du möchtest also, dass ich deine DNA durchlaufen lasse und nach einem Geschwister suche?«
Nightingale schüttelte den Kopf. » Das ist nicht nötig. Die DNA unseres Vaters befindet sich schon im System. Ein Mann namens Ainsley Gosling. Er hat letzten Monat Selbstmord begangen. Robbie Hoyle hat meine DNA vor ein paar Wochen mit Goslings abgeglichen.«
» Warum denn das?«, fragte Duggan.
» Ich hatte gerade erfahren, dass Gosling mein biologischer Vater war. Und ich wollte sichergehen, dass das auch stimmte.«
» Das, was mit Robbie passiert ist, war eine verdammte Schande«, meinte Duggan.
» Ja«, stimmte Nightingale zu. » Das war ein Tiefschlag.«
» Ich konnte nicht zur Beerdigung kommen. Ich war oben in Liverpool und habe einen Untersuchungshäftling verhört.« Duggan schüttelte den Kopf. » Was für eine Verschwendung. Da sieht man es wieder einmal. Man soll das Leben genießen, solange man kann, denn keiner von uns weiß, wie lange er noch hier ist.« Er trank einen Schluck Kaffee. » Okay, ich muss also nichts weiter tun, als Goslings DNA durch die Datenbank laufen zu lassen und nach Treffern bei Verwandten Ausschau zu halten. Das sollte kein Problem sein.«
» Natürlich unauffällig.«
Duggan grinste. » Natürlich«, erwiderte er. » Bei mir stehen noch ein paar Vermisstenfälle auf der Liste– da werde ich die Suche diskret unterbringen. Wahrscheinlich brauche ich ein oder zwei Tage dafür.«
» Du bist großartig, Colin«, sagte Nightingale und stieß mit Duggans Becher an.
» Und was ist das jetzt für eine Geschichte? Ich wusste gar nicht, dass du adoptiert bist.«
Nightingale zuckte mit den Schultern. » Bis vor kurzem wusste ich das selbst nicht.«
» Diese Schwester, ist sie nach dir zur Welt gekommen?«
» Ja, zwei Jahre. Sie wird jetzt einunddreißig.«
» Er hat also zwei Kinder zur Adoption freigegeben, eins nach dem anderen. Das ist verdammt merkwürdig, oder?«
» Du weißt noch nicht mal die Hälfte, Colin.«
Duggan trank seinen Kaffee. » Was ist mit der leiblichen Mutter?«
» Es sind verschiedene Mütter«, gab Nightingale zurück. » Meine ist tot; über die meiner Schwester weiß ich nichts.«
» Muss ein komisches Gefühl sein, wenn man nach mehr als dreißig Jahren plötzlich herausfindet, dass man eine Schwester hat. Falls du sie findest, werdet ihr verdammt viel Gesprächsstoff haben.«
Nightingale nickte, erwiderte aber nichts. Duggan hatte recht. Seine Schwester zu finden würde schon schwierig genug sein, aber falls es ihm tatsächlich gelang, sie aufzuspüren, würde er ihr erklären müssen, dass Ainsley Gosling ihre Seele an einen Dämon aus der Hölle verkauft hatte. Das war kein Gespräch, auf das er sich freute.
35
Als Nightingale am Freitagmorgen ins Büro kam, saß Jenny an ihrem Schreibtisch und blickte nachdrücklich auf ihre Armbanduhr.
» Ich weiß, dass es schon zehn ist, aber ich musste gestern Abend lange arbeiten«, sagte Nightingale. Er legte eine Speicherkarte auf den Schreibtisch. » Mr Walters hatte recht– seine Kinderbraut hat hinter seinem Rücken was laufen.«
» Kinderbraut ist ein bisschen krass«, meinte Jenny. » Sie ist dreiundzwanzig.«
» Ja, und er ist einundfünfzig. Was bedeutet, dass er bei ihrer Geburt beinahe dreißig war und damit meiner Meinung nach mehr als alt genug ist, ihr Vater zu sein.«
» Du bist voller Vorurteile«, seufzte Jenny und nahm die Speicherkarte.
» Außerdem ist sie Litauerin oder Ukrainerin, da hat er sie wahrscheinlich bei childbride.com im Internet gekauft.«
» Jack, du bist einfach schrecklich.«
» Ich bin realistisch. Du hast den Kerl doch gesehen. Ein fetter Sack, ein Gesicht wie ein Bus von hinten und der IQ liegt im einstelligen Bereich. Sie ist weniger als halb so
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