Brut des Teufels
über die Teetasse hinweg.
» Vorhin haben Sie gesagt, es gäbe kein Heilmittel.«
» Das stimmt. Sie ist als Soziopathin veranlagt, und nichts, was wir tun können, kann daran etwas ändern. Es gibt keine Operation, die ihre Denkweise verändern würde, und wir haben auch kein Wundermedikament für sie. Sie ist wohl leider, was sie ist.«
» Sie wird also niemals entlassen werden?«
» Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich«, antwortete der Arzt.
Nightingale nahm sich noch einen Keks und tunkte ihn in seinen Tee. » Ich weiß, dass das jetzt dumm klingt, aber es gibt keinen Zweifel, dass sie es getan hat, oder?«
Dr. Keller zog die Augenbrauen zusammen. » Was meinen Sie damit?«, fragte er.
» Nun, die Sache ist die: Da sie sich schuldig bekannt hat, wurden vor Gericht nur wenige Informationen preisgegeben. Sie hat sich des fünffachen Mordes für schuldig bekannt und hat fünf Mal lebenslänglich bekommen. Aber es wurden keine Einzelheiten darüber bekannt, was genau sie getan hat oder wie sie es getan hat. Ihre Anwälte haben keine strafmildernden Umstände geltend gemacht, und so haben die Medien nur die grundlegenden Tatsachen erfahren.«
» Und Sie meinen, es könnte ein Fehlurteil ergangen sein?« Dr. Keller schüttelte den Kopf. » Zunächst einmal hat sie sich schuldig bekannt. Zweitens gibt sie ihre Schuld auch weiterhin zu. Und drittens…« Er beugte sich vor. » Ich habe die Akten gesehen, Mr Nightingale. Ich weiß, was sie getan hat, und in Anbetracht der Umstände, unter denen sie verhaftet wurde, kann ich Ihnen versichern, dass es keinen Zweifel an ihrer Schuld gibt.«
» Auf frischer Tat ertappt?«
» Buchstäblich. Sie war vom Blut des Jungen überströmt.«
» Sie hat ein Messer verwendet– das stand in den Zeitungen.«
» Sie hat ihn ausgeweidet wie ein Schwein«, erklärte der Arzt. » Aber erst hat sie ihm die Kehle so gründlich durchgeschnitten, dass der Kopf beinahe abgetrennt war.«
» Fingerabdrücke? DNA ?«
» Sie hatte das Messer in der Hand, als die Polizei am Schauplatz erschien. Und wie schon gesagt, sie war von seinem Blut überströmt.«
» Woher wusste die Polizei, wo sie war?«, fragte Nightingale.
» Das weiß ich nicht«, antwortete der Arzt. » Aber man hat sie bei der Leiche gefunden. Blutbesudelt und mit einem Messer in der Hand.«
» Und die anderen Morde?«
» Alles Kinder. Alle ausgeweidet. Und sie hat sich für sämtliche Morde schuldig bekannt.«
» Aber sie hat nie gesagt, warum sie es getan hat?«
Dr. Keller schüttelte den Kopf. » Mit keinem Wort.«
Nightingale nahm sein Päckchen Marlboro aus der Manteltasche, steckte es aber wieder weg, als er den Ausdruck der Missbilligung im Gesicht des Arztes sah. » Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen verrückt, aber wies bei den Morden irgendetwas auf okkulte Praktiken hin?«
Dr. Keller runzelte die Stirn. » Ich kann Ihnen nicht folgen.«
Nightingale zuckte mit den Schultern. » Pentagramme, satanische Rituale, Hexereisymbole.«
» Sie fragen sich, ob der Teufel sie dazu getrieben hat?«
Nightingale zuckte erneut mit den Schultern. » Fünf Kinder zu ermorden. Das klingt doch irgendwie nach Menschenopfern, finden Sie nicht?«
» Es klingt nach den Taten eines Serienmörders.«
» Aber es ist ungewöhnlich, dass Serienmörder Kinder töten, oder? Und das gilt umso mehr für eine Serienmörder in. Wenn Kinder das Opfer sind, gibt es normalerweise ein sexuelles Motiv, oder?«
Dr. Keller nickte zögernd. » Nun, ja, ich denke schon. Kindermörder sind in der Regel Männer mittleren Alters, und meistens folgt der Mord einer sexuellen Aktivität, entweder um das Lustgefühl zu steigern oder aus Angst, erwischt zu werden.«
» Und im Fall meiner Schwester wies nichts auf einen sexuellen Übergriff hin?«
» Überhaupt nichts«, räumte Dr. Keller ein.
» Wenn es also einen Grund gab, dann hat sie die Kinder vielleicht in ihren eigenen Augen geopfert. Und die Tatsache, dass sie ein Messer verwendet hat, lässt an ein Ritual denken, oder?«
» Ich bezweifle, dass Ihre Schwester Zugang zu einer Schusswaffe hatte, und da bleibt dann nur ein Messer, Erwürgen oder ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand«, entgegnete der Arzt. » Ich glaube eigentlich nicht, dass das Messer eine Bedeutung hat.«
» Messer sind persönliche Gegenstände und werden mit Vorbedacht verwendet«, erwiderte Nightingale. » Sie muss das Messer von vornherein mitgenommen haben, was bedeutet, dass sie einen Grund
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