Buch des Flüsterns
gar Strohballen an Türen und Fenster zu legen und sie auszuräuchern, sodass, wer partout nicht herauskommen wollte, drinnen wie die Ratten verbrennen mochte. Wenn es das Rathaus gewesen wäre, hätten sie keine Hemmungen gehabt, das war ihnen egal, aber weil es sich um die Schule handelte, genauso gut hätte es die Kirche sein können, hielten sich die Leute zurück und begnügten sich damit, sie mit brennenden Fackeln still zu umkreisen, so dass man hätte annehmen können, sie feierten ein Fest, es sei die Nacht des heiligen Ignatius, in der Feuer angezündet werden, damit sie dem Licht beistehen, die Dunkelheit zu überwinden.
Auch wenn es eine Art Feier war, es entglitt mit den Feuern und alledem. Und um die Autos, mit denen die Fremden gekommen waren, bemühten sich die Roșcaner aus Leibeskräften, sie kippten sie um und warfen sie in den Sereth. Der Feuerschein der Fackeln trieb die Leute zu unbesonnenen Handlungen. Iosandru Areaua zerschnitt die Plane mit dem Messer, er stach hinein, als wollte er sie erstechen, dann reckte er die Messerschneide hoch, als erwartete er, dass dickflüssiges Blut über den Stahl ränne.
Es war schön, erzählt Damian Pătrașcu, Herrgott, war das schön! Seit ich ein kleiner Junge war, hatte ich nicht mehr so viele Fackeln gesehen, zuletzt damals, zu Himmelfahrt, als der Krieg eben zu Ende war. Man hungerte, aber die Leute fanden genügend Mehl, um Törtchen zu backen, brennende Kerzen hineinzustecken und sie im Wasser des Sereth treiben zu lassen. Und jeder sprach die Namen seiner Toten aus, und die Leute weinten durcheinander, einmal aus Schmerz darüber, dass viele ihrer Lieben nicht mehr da waren, und einmal aus Freude darüber, wer alles noch da war, nur ich weinte ganz und gar, denn ich war noch ein Knabe und konnte das eine noch nicht recht vom anderen unterscheiden. Es gefällt mir, die Gesichter der Leute im Licht des nächtlichen Feuerscheins zu betrachten, sie sind schöner als im Sonnenlicht, lebendiger. Wenn es um jene Nacht geht, sind es die Gesichter, woran ich mich am besten erinnern kann, die Gesichter der Leute, scharfkantig beleuchtet, als wären sie in Holz geschnitzt gewesen. Aber die Allerschönste war Radus Dana, ihr Kopftuch war ihr auf die Schultern hinabgerutscht, und sie trug das Haar offen, wie schön sie war, und sie lachte, den Kopf in den Nacken geworfen. Was mögen diese in der Schule versammelten Nichtsnutze gedacht haben, als sie zu den Fenstern hinausschauten, wer weiß. Vor allem, als sie dann noch die Geige und die große Trommel hörten, wie vor einem großen Feiertag. Aurel Dimofte war der Erste, der seine Mütze auf den Boden warf und rief: Lasst uns tanzen, Brüder!, und er stampfte mit seinen Schnürstiefeln auf den steinhart gefrorenen Straßenrand, und Ionuț Cristea folgte ihm. Recht hast, sagte Stan Dumitru, uns hatte das Feuer durchdrehen lassen, es hatte uns die Angst genommen. Und dann folgten auch alle anderen, Ion Areaua und der Dumitru Crăciun ebenso wie der Toader Crăciun, und Stroe und Mainică Mihai. Es war ihr Tanz mit dem Tod, das wussten sie nicht, aber vielleicht spürten sie es. Wir fassten uns um zur Hora 19 und tanzten sie wie an einem Feiertag. Wir tanzten und jauchzten, und wir glühten. Am nächsten Tag kroch die Hälfte von uns blutüberströmt und schier taub vom Geknatter der Maschinengewehre über den Acker, sofern der Tod einen nicht schon eingefangen hatte.
Nach Mitternacht haben die Leute die Hora aufgelöst und sind nachhause gegangen, die Agitatoren überließen sie Gottes Willen, dachten wohl, sie hätten ihnen genügend Angst eingejagt. Als diese sahen, dass sich der Tanz aufgelöst hatte und die Lichter allmählich verlöscht waren, die große Trommel entfernte sich immer weiter, stürzten die Fremden ins Freie und dankten ihrem Gott dafür, dass an einem ihrer Autos die Reifen heil geblieben waren. Alle quetschten sich in diesen einen Laster, dabei vergaßen sie ihre Knüppel, aber nicht die Angst, bei lebendigem Leib verbrannt zu werden, die sie durchlebt hatten und für die sie sich dann grausam rächen sollten.
Nițu Stan hatte den Krieg bis nach Stalingrad mitgemacht. Er spürte, dass die Stille am nächsten Morgen nicht gerade gut war. Zumal schon vor Tagesanbruch Sterică Răducanu gekommen war, um ihm zu berichten. In Suraia sind Lastwagen mit Offizieren, die auf der Lauer liegen. Und als ich von Piscu zurückkehrte, um unseren Leuten, die noch im Dorf geblieben waren, zu sagen, dass
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