Buch des Flüsterns
Zigeunervorstadt. Sie traf an der Bahnschranke auf die Gerberstraße, die zum Dorf Câmpineanca führte, und zwar an der Stelle, wo sich Angheluțăs Laden befand, während jenseits der Bahnschranke der Friedhof war und etwas weiter, genau neben der Lichtung, der armenische Friedhof. Lang war sie und schnurgerade, ungepflastert und zerfurcht von den Pferdegespannen der Kesselflicker, die Alteisen sammelten. Mit Zäunen, an denen die Latten fehlten, die umgefallen waren oder sich altersschwach zu Boden neigten, die flüchtig abgestützt waren oder gänzlich fehlten – es braucht keine Zäune, denn der Zigeuner bestiehlt seinen Nachbarn nicht, sagte Mantu stolz –, mit Lehmhäusern, in denen schiefsitzende Fenster im Sommer davor schützten, dass die Wärme eindrang, und im Winter, dass sie daraus entwich. Sie sahen gotterbärmlich aus, die einen hatten keine Scheiben in den Fenstern, andere hatten anstelle der Türen Decken hängen, es gab keine Schornsteine, die Ofenrohre ragten zu den Fenstern hinaus und versauerten die Luft, die ohnehin schon scharf roch von all den Miasmen, die aus den Gartenfleckchen hinter den Häusern aufstiegen. Diejenigen, die einen Pferdewagen besaßen, hatten sich auch einen am Haus klebenden Stall für die Tiere gebaut. Sodass die Tiere winters mit ihrem Atem die Lehmwand aufwärmten, auf deren anderer Seite sich die Menschen in einem wirren Durcheinander drängelten. Ebenso wie wir nicht an den Bug 6 wollten, zog es uns auch nicht in die Stadt, sagte Mantu zur Erklärung der Zigeunervorstadt in der Straße des Vaterlands, aber die Stadt ist über uns gekommen ...! Ansonsten Heiterkeit. Die Frauen quasselten ununterbrochen, riefen sich über die Straße hinweg allerhand zu, unzählige Zigeunerkinder spielten im Dreck zwischen den Gänsen, die Hofhunde schliefen im Stehen, verkrochen sich eher unter den baufälligen Mauern dieser Leute, die vor Armut großzügig geworden waren.
Im Sommer trocknete der Schlamm und zerfiel zu Staub, die Räder der Pferdewagen knirschten, und die Kinder wetteiferten untereinander, indem sie Fahrradräder mit zerfledderten Reifen durch die Straße rollten. Im Herbst wurde der Schlamm tiefer und erhob sich gleichzeitig wie Efeu auf Häuser und Zäune. Ebenso im Frühjahr, wenn das Tauwetter ihn aufweichte. Im Winter hingegen war es schön wie überall bei Schneefall, ja sogar noch schöner, denn weil es weniger Feuer in diesen Häusern gab, schmolz der Schnee später. Wenn die Schlittenbahn auf der Straße des Vaterlands zu schmelzen begann, konnte man sicher sein, dass es keine weitere mehr in der Stadt gab.
Die Zigeunerbläser waren die Vorboten des Todes, aber sie waren es auch, die ihn mit sich nahmen, wenn sie sich entfernten, als führten sie einen Bären an der Kette, und die Luft schloss sich wieder über dem Geschehen. Der Himmel sank bis zu den Grashalmen herab, und die Rauchsäulen erhoben sich in den Himmel.
Großvater liebte die Bücher leidenschaftlich. Und deshalb geschah es genau zu der Zeit.
DER TAG, AN DEM DIE BÜCHER VERBRANNT WURDEN . Der Postbote brachte die Liste der verbotenen Bücher. Der Anhänger stand drei Tage lang an der Straßenecke. Die Leute trugen die Bücher sackweise hin. Sie wussten nicht, ob es gut oder schlecht war, wenn sie zeigten, dass sie verbotene Bücher besaßen. Bücher verdrehen den Verstand und gebären Volksfeinde. Die Bücherliste war so lang, selbst Texte aus Schulbüchern waren dort aufgeführt, dass es geradezu ausgeschlossen war, in einem Haus kein verbotenes Buch zu finden. Verlegen stopften die Leute ihre Bücher in die Säcke und atmeten erleichtert auf, wenn sie am Ende der Straße den Sack dem Mann in Arbeitermontur übergeben hatten, der auf der Leiter des Anhängers stand. Es ist besser so. Denn bevor sie kommen und danach suchen, bringen wir sie ihnen. Gut, gut, aber wir besitzen überhaupt kein Buch von dieser Liste. Oder bestenfalls eines oder zwei ... Womit sollen wir den Sack füllen? Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?, zuckte das Familienoberhaupt mit den Schultern. Wir packen drunter und drüber alles hinein, was wir so im Haus haben ... Schließlich werden sie alle verbieten, also ist es besser, mit einem Mal alle loszuwerden. Wozu sollten uns heute die Bücher von gestern nützen? Sie quälen einen nur mit Erinnerungen.
Niemand prüfte die Bücher, sie verblieben in den mit Wäscheleinen verschnürten Säcken. So waren sie leichter abzuladen. Damit sie auf den Platz vor dem
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