Bucheckern
mehr gearbeitet würde. Niemand war zu sehen, keine Beleuchtung zu erkennen, und auch Maschinenlärm oder andere Betriebsgeräusche waren nicht zu hören. Die Halle grenzte mit einer ihrer Gebäudeecken direkt an den Außenzaun des Fabrikgeländes. Nach links, in Richtung des Werkstores, entlang der neueren Produktionsgebäude, verlief der alte, recht marode Zaun.
Nach der anderen Seite aber war, was das allgemeine Erstaunen hervorrief, eine nagelneue Metallgitterkonstruktion erbaut worden, die einem Hochsicherheitstrakt alle Ehre gemacht hätte.
„Bestimmt drei Meter hoch“, schätzte Sternberg, „und die senkrechten Stäbe so eng, da passt kein Fuß dazwischen, um hochzuklettern.“
Sie musterten das grün beschichtete Gitter, das sich nach rechts fortsetzte. Nach ungefähr einhundertzwanzig Metern endete die Konstruktion an der Ecke einer anderen, quergebauten Halle. „Da die heruntergekommenen, dreckigen Gebäude, drumherum lauter Wildnis und nun ein Gitter wie bei einem Raubtierkäfig.“ Paul Wellmann sprach aus, was allen durch den Kopf ging.
Der von dem neuen Zaun umschlossene Abschnitt des Firmengeländes hatte ungefähr die Größe von zwei Fußballplätzen. Er war nicht bebaut, nur mit einigen Gebüschpartien bewachsen. Ein größerer Laubbaum stand im Hintergrund. Es gab weitläufige Bereiche, die rein aus Brennnesselstauden zu bestehen schienen. Andere Teile waren meterhoch mit Brombeerranken überwuchert. Im Hintergrund wurde die verwilderte Fläche von einer langen Front der alten, aus Backsteinen erbauten Hallen begrenzt. Das Gelände war sicherlich einmal als Reservefläche für eine Firmenvergrößerung vorgehalten, aber schon seit Jahrzehnten nicht mehr gepflegt worden. Lediglich auf der Innenseite des neuen Zaungitters gab es einen freigemähten Streifen.
„Der Zaun muss ganz neu sein, denn als die Kinder im Mai auf dem Fabrikgrundstück waren, stand hier noch derselbe alte, halbverfallene Zaun wie nach links rüber. Sie sind damals durch ein Loch reingeschlüpft und wollten die alten Hallen erkunden.“
„Da oben!“, Jan Sternberg stieß seinen Kollegen Wellmann mit dem Ellbogen an. Er zeigte auf einen kleinen Metallmast der neben einem Pfosten des monströsen Zaunes in die Höhe ragte. „Ich kann es nicht so ganz genau erkennen, aber das sieht fast nach einer Kamera aus.“
„Du hast recht, Jan“, Oskar Lindt hatte das Gerät auch entdeckt. „Da, jetzt bewegt es sich sogar.“
Die Kamera begann, sich zu drehen.
„Los, zurück ins Gebüsch, die müssen uns nicht unbedingt bemerken.“ Alle drei traten mehrere Schritte in den Schutz der Hecke zurück.
„Erzähl mal, Paul, was haben die Kinder denn genau gesagt? Wie oft waren sie auf dem Gelände, was haben sie da entdeckt und vor allem, hat sie jemand bemerkt?“ Oskar Lindt wurde entgegen seiner sonst eher ruhigen Art jetzt ganz aufgeregt. „Hier stimmt doch mit Sicherheit irgendwas nicht!“
„Deswegen habe ich euch ja auch gleich angerufen. Also, die Kinder wollten mir erst gar nichts sagen. Hatten wohl Angst, sie hätten was Verbotenes gemacht und wenn dann auch noch einer von der Polizei kommt ...
Als ich ihnen aber gesagt habe, wir wissen sowieso schon davon, dass sie auf dem Fabrikgelände waren und vor allem, wir brauchen dringend ihre Mithilfe, um den Mörder ihres Freundes Patrick endlich zu finden, da haben sie mir alles erzählt und gezeigt.“
Wellmann zählte auf: „Die Kinder waren zusammen mit Patrick zwei Mal innerhalb des Zaunes. Sie kamen aber nur ein paar Meter weit rein, weil sie die dornige Wildnis zwischen Zaun und den Gebäuden nicht durchdringen wollten. Zudem waren ihnen die verwahrlosten Hallen ganz und gar nicht geheuer. Selbst, wenn sie bis dorthin gekommen wären, hätten sie sich garantiert nicht reingetraut.
Etwas Außergewöhnliches ist ihnen nicht aufgefallen, nur, dass es ziemlich streng und stechend gerochen hat, als sie zum zweiten Mal hinter dem Zaun waren. Da sind sie dann schon nach ein paar Minuten wieder rausgeschlüpft.“
„Von einem unangenehmen Geruch, der je nach Windrichtung ab und zu mal in der Gartenanlage zu bemerken war, hat uns doch auch Albert Berghoff, der Großvater von Patrick berichtet“, erinnerte sich Oskar Lindt.
„Wir müssen unbedingt da rein und uns mal umschauen.“ Jan Sternberg wäre am liebsten gleich losgestürmt.
„Und wie sollen wir das anstellen, ohne dass uns jemand bemerkt?“ Paul Wellmann sah keine realistische Möglichkeit, unerkannt
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