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Bucheckern

Bucheckern

Titel: Bucheckern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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es mal schnell.“
    Er kam mit dem großen braunen Umschlag zurück, den ihm der Redakteur am Tag vorher gegeben hatte und wollte ihn gerade öffnen, als er kurz stockte und vor sich hin brummte: „Merkwürdig, gestern kam der mir irgendwie schwerer vor. Hab ich mir das nur eingebildet?“
    Er griff nach dem Brieföffner, schlitzte die schmale Seite des Umschlages auf und ließ den Inhalt auf Wellmanns Schreibtisch rutschen. Fünf kopierte Blätter mit Artikeln über die Vorkommnisse vor knapp zwei Jahrzehnten fielen heraus.
    „Blanco – Erweiterung abgelehnt“ – „Gemeinderat stimmt gegen Ausdehnung des Industriegebietes“, las Paul Wellmann vor. „Das muss wohl der Artikel von der endgültigen Ablehnung sein. Wenn ich noch recht weiß, ging es ja lange hin und her.“
    Lindt überflog zwei andere Blätter: „Das hier sind Fotos und Berichte über verschiedene Protestveranstaltungen. Richtige Demos mit Sprechchören und Bannern. Ach, jetzt ist mir klar, wieso ich nicht viel über die damaligen Vorkommnisse weiß.“ Er zeigte Wellmann das Datum der Presseartikel: „Das war doch in der Zeit, als ich zwei Jahre in Konstanz gearbeitet habe.“
    Wellmann las vor: „Vierhundert Demonstranten vor dem Rathaus“ – „Tumulte während Gemeinderatssitzung“
    „Damals schossen ja gleich Bürgerinitiativen wie Pilze aus dem Boden, wenn solche Planungen an die Öffentlichkeit kamen“, erinnerte sich Lindt an die Stimmung in den Achtzigerjahren. „Einen derartigen Aufruhr gäbe es heute wegen zwanzig Gärten bestimmt nicht. Es ist doch niemand mehr bereit, sich für die Allgemeinheit einzusetzen und seine Zeit zu opfern. Die paar Gartenbesitzer würde man mit einer schönen Abfindung locken und ohne viel Aufhebens könnten schon bald die Bagger anrollen.“
    „Mit dem Totschlagargument ›Arbeitsplätze‹ geht ja mittlerweile alles durch“, bestätigte Paul Wellmann Lindts Eindruck. „Da wird jeder Bau genehmigt, der irgendwie danach aussieht, als würden ein paar Stellen geschaffen. Egal, ob wieder ein paar Hektar Wald dran glauben müssen. Mal wird die Aue zugebaut, in der sich ein Fluss bei Hochwasser ausdehnen müsste, oder in einem bisher stillen Seitental im Schwarzwald entsteht ein hässlicher Schandfleck. Für mich absolut kurzsichtig, so eine Politik, aber wir Kleinen können ja doch nichts dran ändern.“
    „Nur nicht so pessimistisch, Paul“, meinte Lindt. „Wenn sich jeder etwas für die Allgemeinheit engagieren würde, wäre schon viel geschafft, aber es sind doch immer die Gleichen, die was machen und die große Mehrzahl schaut nach Eigennutz und Spaß. Fun ist doch in aller Munde, möglichst viel Vergnügen.“
    „Und nach mir die Sintflut, diesen Spruch höre ich immer wieder.“
    „Ja Paul, genau deswegen bleiben wir jetzt mal hartnäckig an unserer ›Blanco‹-Spur dran. Der Jan hat ganz Recht, irgendetwas Krummes ist hier am Laufen, wir müssen nur noch dahinterkommen.“
    „Es kann aber gut sein, dass gar keine Verbindung mit unserem Mordfall besteht“, wandte Wellmann ein. „Was dann?“
    „Haben wir andere Spuren? Patricks gelegentlicher Aufenthalt in der Kleingartenanlage hat uns zu der Fabrik geführt, merkwürdige Beobachtungen haben wir dort zur Genüge gemacht und solange niemand von oben“, Lindt zeigte in Richtung der oberen Stockwerke mit den Büros der Referatsleiter und des Polizeipräsidenten, „unsere Ermittlungen über ›Blanco‹ beenden will, machen wir da zügig weiter.“
    „Aber völlig geräuschlos“, fügte er noch schnell an, „denn falls die etwas bemerken, laufen sofort die Telefone heiß und einer der Herren von oben wird durch diese Tür da ...“
    Lindt wollte noch zur Bürotüre zeigen, konnte seinen Satz aber nicht vollenden, denn die Tür flog auf und ein kleiner, schmaler Mann stürmte herein.
    „Sie können einen aber auch erschrecken, Herr Conradi“, begrüßte ihn Lindt, „so schwungvoll heute?“
    Staatsanwalt Tilmann Conradi, wegen einsfünfundsechzig Körpergröße polizei- und justizintern nur ›Der Kurze‹ genannt, stellte seinen aluminiumfarbenen Aktenkoffer ab und begrüßte Lindt und Wellmann mit Handschlag.
    „Gibt’s was Neues in Ihrem Fall ›Patrick‹?“, wollte er wissen und nahm sich einen der Besucherstühle.
    Conradi kam häufiger im Büro von Lindt’s Ermittlungsgruppe vorbei, weil es hier, so beteuerte er immer wieder, den besten Kaffee im ganzen Polizeipräsidium gäbe. Sogar ein für ihn reservierter

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