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Bucheckern

Bucheckern

Titel: Bucheckern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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abgeheftet – ›mündliche Missbilligung in schriftlicher Form‹, wie ein Rüffel im schönen Beamtendeutsch umschrieben wurde. Allerdings – und das mussten die Vorgesetzten, wenn auch ungern, zugeben, hatten Lindt’s Methoden mehr als ein Mal zu unverhofften und spektakulären Erfolgen geführt.
    „Sie wissen, was zu tun ist“, verabschiedete sich der Staatsanwalt, „jetzt sind es zwei Fälle geworden – vielleicht stehen sie in Zusammenhang?“ Unter der Tür drehte er sich nochmals um: „Halten Sie mich bloß auf dem Laufenden ...“
    „Personenschutz ist unterwegs ins Klinikum“, sagte Paul Wellmann, der aus Lindts Büro telefoniert hatte.
    „Gut so“, Oskar Lindt musste die Ereignisse erst einmal verarbeiten und ordnen, um das weitere Vorgehen planen zu können. Er ging in sein Büro, kratzte den Rest Tabak, der sich nicht auf die Tischplatte verteilt hatte, aus dem Kopf seiner kurzen Pfeife und stellte sie zum Abkühlen in den Ständer. Mit einem anderen, wesentlich größeren Exemplar kam er zu Wellmann zurück und begann, das enorme Füllvolumen mit zerkrümeltem Navy-Flake zu stopfen.
    Erst mal eine Pfeife in Gang setzen, an diesem Grundsatz hielt er vor allem dann fest, wenn die Ereignisse sich überschlugen.
    „Wie gehen wir am besten vor?“ Diese Frage stellte er eigentlich sich selbst, aber Wellmann antwortete sofort: „Ins Klinikum und zu den Angehörigen fahren.“
    „Und zum Tagesspiegel, um zu schauen, woran er gearbeitet hat“, vervollständigte Lindt die Aufgabenliste.
    „Nimm du dir mal die Angehörigen vor, der Verkehrsdienst hat Namen und Adressen wahrscheinlich schon rausgebracht, und ich fahre erst ins Klinikum und dann zur Zeitung.“
    Beim Wort Zeitung wurde Lindt’s Blick irgendwie von dem großen braunen Umschlag angezogen, den Redakteur Ebert am Tag vorher vorbeigebracht hatte. Er nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn sorgfältig. „Hier, schau mal, Paul, der Umschlag kam mir doch vorhin so leicht vor, als ich ihn mit dem Brieföffner aufgeschlitzt habe. Sieh dir doch mal die Klappe an.“
    Er reichte den leeren Umschlag an Wellmann. Der drehte die braune Hülle nach allen Seiten, schaute hinein und dann auf den umgeschlagenen Verschlussstreifen. „Sieht aus, als ..., ja, hier“, er zeigte auf Spuren der Gummierungsschicht, die eine ordnungsgemäß verschlossene Klappe eigentlich verdecken müsste.
    „Genau, dieser Umschlag ist noch mal geöffnet und wieder verschlossen worden, so sieht das nämlich aus. Wie wenn man etwas vergessen hat, reinzutun, ihn noch mal öffnet und wieder schließt. Das sieht man immer. Der umgeschlagene Teil ist auch leicht zerknickt.“ Lindt zeigte auf eine kleine, quer verlaufende Falte.
    „Ich hatte den Umschlag doch gestern Morgen auf meinen Schreibtisch gelegt, so, wie Ebert ihn mir gegeben hat. Kurz danach hast du, Paul, angerufen und Jan und ich sind zu dir in die Kleingartenanlage rausgefahren.“ Lindt kratzte sich am Kopf.
    „Aber Oskar, jetzt mal realistisch, wer könnte denn hier reinkommen und auf deinem Schreibtisch den Umschlag öffnen, etwas rausholen und ihn wieder zumachen?“ Paul Wellmann schien das völlig abwegig zu finden. „Könnte es nicht auch sein, dass der Ebert das Kuvert in der Redaktion noch einmal geöffnet und wieder verschlossen hat? Vielleicht hatte er noch ein Blatt vergessen?“
    „Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Umschlag um einiges dicker war. Er hat ihn mir doch in die Hand gegeben. Aber ...“ Lindt stieß zwei dicke Rauchwolken aus, die zum geöffneten Fenster hinauszogen,
„ es müsste dann wirklich jemand hier in meinem Büro gewesen sein. Gestern, solange wir da draußen die Fabrik beobachtet haben.“
    „Und dieser Jemand müsste gezielt genau nach diesem speziellen Umschlag gesucht haben.“ Wellmann runzelt die Stirn. „Wer sollte das denn sein – und warum? Es waren doch eh nur Kopien von Zeitungsartikeln drin. Alles schon mal öffentlich gewesen – wenn es auch einige Jahre her ist.“
    „Vielleicht bilde ich mir ja was ein“, Lindt stand auf, „aber ins Präsidium zu kommen, ist doch kein Problem. Pizzabote, Kurierdienst, Reinigungspersonal oder einfach nur Kundschaft, die sagt, sie möchte zu uns – das klappt bestimmt. Und ob der Inhalt der Kommentare vom ›Tagesspiegel‹ aus heutiger Sicht wirklich so uninteressant ist, wissen wir erst, wenn wir sie gelesen haben. Deswegen fahre ich jetzt ins Klinikum und dann zur Zeitung und du, Paul, wie besprochen, zu den

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