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Bucheckern

Bucheckern

Titel: Bucheckern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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Angehörigen.“
     
    Für die innerstädtischen Wege nahm Lindt am liebsten sein altes Fahrrad, das er im Hof des Präsidiums deponiert hatte. Zehn Mark hatte das alte Damenrad mit tiefem Einstieg und Dreigangschaltung vor einigen Jahren bei der Fundsachen-Versteigerung gekostet. Der Kommissar hatte auch eine Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel, aber die nutzte er hauptsächlich bei schlechtem Wetter. Ob Fahrrad oder Bahn – er genoss es, ohne Aufenthalt an den Stop-and-go-Kolonnen des Berufsverkehrs vorbeizukommen. Für die Parkplatzprobleme der Autofahrer hatte er nur ein mitleidiges Lächeln übrig. Das einzige, was ihn am Radfahren störte, war, dass die Pfeife wegen dem Fahrtwind nicht schmeckte. Aber da ließ er das Rauchen beim Radeln eben sein.
    In gut zehn Minuten erreichte er über die Moltkestraße den Haupteingang des Städtischen Klinikums, kettete das Rad am Fahrradständer an und fragte sich zur Neurochirurgie durch.
    Der uniformierte Kollege vor der Wachstation kannte den Kommissar und begrüßte ihn: „Bisher nichts Auffälliges, Herr Lindt.“ Er wies auf die Tür zum Krankenzimmer des Verletzten, doch Lindt wollte erst beim Pflegepersonal nachfragen.
    „Leider nicht bei Bewusstsein“, war die Auskunft der diensthabenden Ärztin, „er hat ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten und wir halten ihn immer noch im künstlichen Koma, bis die Schwellungen im Verletzungsbereich abgeklungen sind.“
    Lindt durfte durch eine Glasscheibe einen Blick auf Klaus Ebert werfen. Mit einiger Mühe und viel Phantasie konnte er das von einem dicken Verband eingerahmte Gesicht erkennen. Eine Vielzahl von Kabeln, Schläuchen und Leitungen verband ihn mit über zehn medizinischen Geräten. Der Brustkorb hob und senkte sich im Rhythmus, wie die Beatmungsmaschine die Lungen blähte. Die Zackenlinie des EKGs und die Frequenz der Herzschläge wurden neben vielen anderen Werten auf den Monitoren an der Wand angezeigt. Infusionsautomaten und Spritzenpumpen waren auf Ständern rings um das Krankenbett montiert.
    Erstaunlicherweise, so berichtete die Ärztin weiter, war der Kopf das einzige ernsthaft verletzte Körperteil, von diversen Prellungen und Schürfwunden einmal abgesehen. Mit der Stirn war Ebert gegen eine verputzte Hauswand geprallt und hatte dabei das Bewusstsein verloren. Die zunehmende Blutung unter dem Schädelknochen hatte auf das Innere des Gehirns gedrückt. Sie war operativ durch eine kleine Bohrung entleert worden, um den Druck zu verringern. Die Platzwunde der Kopfhaut war gereinigt und mit fünfzehn Stichen genäht worden, aber weitere Verletzungen, Knochenbrüche oder Blutungen im Bereich der inneren Organe hatte die klinische Diagnostik nicht festgestellt.
    „Die Prognose ist recht günstig, hat wohl einen harten Schädel, dieser Zeitungsmann“, machte die Ärztin Lindt Hoffnung. „Doch das Wochenende wird bestimmt vergehen – vorher können wir ihn nicht aufwachen lassen. Aber der Wachtmeister vor unserer Intensivstation, muss das denn sein?“
    „Leider“, antwortete der Kommissar, „leider müssen wir davon ausgehen, dass es sich möglicherweise nicht um einen Unfall, sondern um einen gezielten Mordanschlag gehandelt hat. Deswegen habe ich Personenschutz angeordnet. Nach dem Unfallverursacher wird noch intensiv gefahndet. Bitte auf keinen Fall unbekannte Besucher zu Herrn Ebert lassen – die Angehörigen werden gerade von einem meiner Kollegen benachrichtigt.“
    Er verließ die Station, schärfte dem Beamten vor der Tür nochmals ein, höchste Vorsicht walten zu lassen und schwang sich am Hauptportal wieder auf sein Rad, um zur Zeitungsredaktion zu fahren.

Der Chefredakteur
    In der Karlsruher Oststadt, nicht weit vom wieder aufgebauten Gottesauer Schloss zwischen Gaswerk und Schlachthof, band er sein Rad an einem Laternenpfahl vor der mit roten „Tagesspiegel“-Lettern beklebten Fensterfront fest.
    Die Lokalredaktion im dritten Stockwerk erreichte er über das Treppenhaus mit ausgetretenen breiten Stufen aus Buntsandstein. Wie viele andere Häuser in der Oststadt hatte auch dieses Gründerzeit-Gebäude die Bombardements des Zweiten Weltkriegs mit erstaunlich geringen Beschädigungen überstanden. Durch seine hohen Räume strahlte es immer noch die noble Atmosphäre des vergangenen Großbürgertums aus.
    Einen starken Kontrast dazu bildete die hypermoderne Einrichtung des Großraumbüros, was durch die Zusammenlegung mehrerer Räume geschaffen worden war. Glas und

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