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Buddhas kleiner Finger

Buddhas kleiner Finger

Titel: Buddhas kleiner Finger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Wolodin.
    »Wieso?«
    »Sie verwechseln die Begriffe. Die Tragödie spielt sich nicht im Leben des Künstlers oder des Lokführers ab, sondern im Kopf des Künstlers oder des Lokführers.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nur so«, murmelte Wolodin und beugte sich über sein Zeichenbrett.
    Eine Weile wußte ich mit Wolodins Worten nichts anzufangen, dann dämmerte mir, was er sagen wollte. Doch die Schlaffheit meines Geistes, verursacht von der Spritze, ließ keine Reaktion zu.
    Ich kehrte zu dem Bild zurück und malte einige kompakte schwarze Rauchsäulen über das Feld, wobei ich fast die ganze Kohle verbrauchte. Zusammen mit den Schrapnellklecksen gaben sie dem Bild etwas Tristes, Untröstliches. Mir wurde darüber ganz seltsam zumute, und ich füllte den Horizont schnell mit kleinen Reiterfiguren, die über die Weizenfelder dahinfegten und den Angreifern in die Quere zu kommen trachteten.
    »An Ihnen ist ein Schlachtenmaler verlorengegangen«, bemerkte Wolodin, der hin und wieder von seinem Zeichenbrett aufsah, um einen Blick auf meinen Karton zu werfen.
    »Das müssen gerade Sie sagen«, erwiderte ich. »Wer malt denn ständig explodierende Scheiterhaufen?«
    »Explodierende Scheiterhaufen?«
    Ich deutete zur Wand, wo die Zeichnungen hingen.
    »Wenn Sie meinen, das wären explodierende Scheiterhaufen, dann habe ich dazu nichts weiter zu sagen«, gab Wolodin zu verstehen. »Absolut nichts.«
    Mir schien, er war gekränkt.
    »Was soll es denn sein?«
    »Die Niederkunft des himmlischen Lichts«, erwiderte er. »Sieht man denn nicht, daß es von oben kommt? Da, ich hab es extra noch mal deutlicher gezeichnet.« – Eine Kette von logischen Schlüssen rasselte mir durch den Kopf.
    »Wenn ich recht verstehe, ist es das himmlische Licht, weswegen Sie hier ein Bett belegen?«
    »Sie verstehen recht.«
    »Das verwundert mich nicht. Ich hatte gleich das Gefühl, daß Sie ein ungewöhnlicher Mensch sind«, sagte ich höflich. »Was genau wirft man Ihnen vor? Daß Sie dieses Licht gesehen haben? Oder daß Sie versucht haben, jemandem davon zu erzählen?«
    »Daß ich es bin«, sagte Wolodin. »Wie zumeist in diesen Fällen.«
    »Jetzt scherzen Sie aber«, sagte ich. »Ich meine, im Ernst …«
    »Ich hatte zwei Gehilfen«, sagte Wolodin mit einem Achselzucken, »ungefähr so alt wie Sie. Hygienebeauftragte könnte man sagen, Entsorgungsspezialisten. Ohne solche Leute kommt man in der Marktwirtschaft nicht weit. Die sind übrigens auch auf dem Bild – die zwei Schatten dort, sehen Sie? Ja. Kurz, ich hatte es mir zur Gewohnheit gemacht, mit ihnen über die höhere Materie zu reden. Und einmal ergab es sich, daß wir in den Wald fuhren, und da habe ich es ihnen … Wie soll ich sagen. Es war alles echt. Ich mußte es nicht extra zeigen, sie haben es von allein gesehen. Also, dieser Moment ist hier wiedergegeben. Und er hat so auf sie gewirkt, daß sie es eine Woche später gemeldet haben. Was für Idioten – jeder von denen hatte persönlich zehn Leichen im Keller, und trotzdem haben sie gemeint, es würde im Vergleich zu dem, was sie zu petzen hatten, nicht ins Gewicht fallen. Niedere Instinkte haben die Menschen heutzutage, kann ich Ihnen sagen.«
    »Da haben Sie recht«, erwiderte ich und mußte plötzlich an etwas ganz anderes denken.
    Zum Mittagessen brachte Barbolin uns in eine kleine Kantine, die gewisse Ähnlichkeiten mit dem Wannenbad hatte – nur gab es anstelle der Wannen vier identische Plastiktische, dazu einen Ausgabeschalter. Ein einziger Tisch war eingedeckt. Während des Essens wurde fast nicht gesprochen. Als ich mit der Suppe fertig war und mir den Grützbrei vornehmen wollte, merkte ich, daß Wolodin den Teller von sich geschoben hatte und mich anstarrte. Zuerst bemühte ich mich, nicht darauf achtzugeben, doch nach einer Weile wurde es mir zuviel, ich hob die Augen und starrte herausfordernd zurück. Wolodin lächelte friedfertig (ich will dir nichts Böses, sollte das heißen) und sagte:
    »Wissen Sie was, Pjotr, ich habe das Gefühl, als hätten wir uns bei einem für mich hochwichtigen Anlaß schon einmal gesehen.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Sie haben nicht zufällig einen Bekannten mit rotem Gesicht, drei Augen und einer Halskette aus Totenschädeln?« forschte er weiter. »Der um die Feuer tanzt? Krummsäbel schwingt? So ein Großer, he?«
    »Kann schon sein«, sagte ich höflich, »aber ich wüßte im Moment nicht, von wem Sie reden. Die Beschreibung ist zu allgemein, wissen Sie. Könnte sozusagen

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