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Büchners Braut: Roman (German Edition)

Büchners Braut: Roman (German Edition)

Titel: Büchners Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Klepper
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keine Nähe, keinen Bruder, keine Familie. Die Nähe der Büchners in Darmstadt wäre in Mainz schon genug.
    Ich beherrsche das Englische bei weitem nicht so gut wie Louis-Théodore. So redete sich Minna einen guten Grund gegen England ein.
    Sie plante umgehend eine Reise nach Darmstadt, um sich anschließend in Mainz vorzustellen bei den Müfflings. Nur ein Bekanntmachen, das Kind kennenlernen, und dann würde man sehen.
    Und wer weiß, ob ich den Wünschen der Müfflings entspreche.
    ***
    Diesmal durfte sie alleine reisen. Sie hatte es durchgesetzt. Einer Gouvernante wurde es zugestanden, alleine zu reisen. Auch wenn sie noch keine war, sah sie nicht ein, warum sie eine Begleitung brauchte. Nach Darmstadt. Dies war keine Weltreise.
    Und auch für die Vorstellung in Mainz würde sie sich jede Begleitung verbitten.
    In Darmstadt gab es noch die Freude an den Büchners, die eine Weile lang auch ihre Familie waren. Sie war längst keine Braut mehr, auch keine Witwe, aber Mutter Büchner nannte sie noch immer: Unsere Minna. So stellte man sie den Besuchern vor. Man hatte sie als Schwiegertochter betrachtet. Die Minna – Georgs Braut. Doch das vergeht! Sieht denn keiner, wie es vergehen muss!
    Auf jeder kleinen Gartenfeier, bei jeder Einladung zu Bekannten hörte sie: Mademoiselle Jaeglé, die Minna, Georgs Verlobte. – Ja, wir haben schon viel von Ihnen gehört.
    Hier würde kein neues Leben beginnen. Hier war sie eine freundlich beachtete Verwandte, die die Hand eines Toten hielt. Wie sollte sich um ihre Hand ein anderer bemühen?
    Georgs Geschwister gingen ungezwungen mit ihr um. Mit ihr kam ein Stück des Bruders ins Haus zurück. Wilhelm stand schon mitten im Leben. Alex, der Jüngste, war noch ein Kind. Und jeder schwärmte von Ludwigs Ähnlichkeit mit Georg. Sicher, auch er hatte den klaren, widerspenstigen Geist, der sich gegen die kleinste Ungerechtigkeit auflehnte. Die Redegabe war ebenfalls zu erkennen, und Ludwig schmeichelte diese Rolle. Aber wurde es ihm nicht zu lästig?
    Seht nur, die Stirn und die Augen, stellte die Mutter wieder einmal fest. Mir ist, als würde er Georg jeden Tag mehr gleichen.
    Ludwig blickte zu Boden, auf den Tisch, wurde ernst. Er sah nicht zu Minna und sie nicht zu ihm.
    Der Vater hatte genaue Vorstellungen über das Werden und den Charakter jedes seiner Kinder. Georg hatte wie er Arzt werden sollen. Diese Bestimmung hatte nun Ludwig zu erfüllen.
    Als ich Georg nach Straßburg schickte, waren wir uns ganz einig, sagte Doktor Büchner. Seine mächtige Erscheinung erfüllte den Raum, selbst wenn er ganz still am Tisch saß. Er setzte stets korrekt und deutlich zu reden an, keinem entging sein Wort.
    Straßburg hatte ihm so gefallen, sinnierte die Mutter. Diese Stadt war, glaube ich, sein ganzes Wohl.
    Ihre Stimme klang beruhigend. Minna war dankbar dafür. Doch gerade die Mutter schaute Minna beständig mit wehmütig zur Seite geneigtem Kopf und feuchten Augen an.
    Er hätte im letzten Jahr mit mehr Frieden bei uns in Straßburg leben sollen. Immer diese Unruhe.
    Die Mutter beugte sich über eine Strickarbeit. Ja, ja, alles hätte gut werden können. Aber immer diese Unruhe.
    Er hat zu schwer gearbeitet, sagte Wilhelm, suchte kurz einen Blick von Minna. Es gab Dinge, über die vor den Eltern nicht gesprochen werden durfte. Von diesen Dingen wussten nur Minna und er Genaueres als die Eltern.
    Er hätte sich ganz auf sein Studium legen sollen, sagte der Vater.
    Da zog Wilhelm kräftig an seinem Zigarillo, stand auf und entschuldigte sich für diesen Abend. Er lässt michallein, dachte Minna, allein mit all dem, was seine Eltern nicht wissen sollen.
    Aber das Gespräch nahm wie meistens einen anderen Verlauf. Ernst Büchner kam nicht auf Frankreich zu sprechen, nicht auf seine Napoleonverehrung, nicht auf die große Revolution und schon gar nicht auf die Zustände im Lande.
    Mädel, was fangst jetzt an, kam Minna der Refrain in den Sinn.
    Man wurde vergnügter. Louise und Mathilde hatten Talent aufzuheitern.
    Minna, du bist so kurz hier.
    Erzähl uns etwas!
    Aber was soll ich erzählen?
    Vom Straßburger Münster. Als du mit dem Georg oben warst.
    Nein, als der Georg zu dir kam.
    Das ist schön.
    Das habe ich schon einmal erzählt.
    Ja, ja, aber es ist schön.
    Minna hielt einen Seufzer zurück, schaute zur Mutter Büchner. Die blieb still, wie im Traum über ihrer Strickarbeit, lächelte.
    Ich hatte die Tür geöffnet. Das tat ich oft, wir hatten ja nur ein Dienstmädchen, und die

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