Buffy - 22 - Spike & Dru
dieses Flüstern. Es zeugte von
vergangenen Zeiten. Sie verlor sich in ihren Gedanken und konnte sich
schon bald nicht mehr daran erinnern, was ihr noch vor einem Moment
durch den Kopf gegangen war. Spike liebte Drusilla mehr als alles andere.
Er konnte ihr nichts abschlagen. Aber er wünschte sich schon seit langem,
dass sie ihn um etwas anderes gebeten hätte, um etwas, das sich leichter
besorgen ließ als Freyjas Kette. Dennoch, er hatte sie ihr versprochen, und
er würde sein Baby nicht enttäuschen.
Der Wind zerrte an ihm, und seine Körpertemperatur sank immer mehr.
Spike zog den Kopf ein und kletterte weiter. Von Zeit zu Zeit hielt er inne,
um einen Blick auf die Karte zu werfen, die er zu Beginn ihrer Reise
angefertigt hatte. Adrienne hatte ihm die Koordinaten und Landmarken
genannt, aber ab einem bestimmten Punkt würde ihnen nichts anderes übrig
bleiben, als einfach die Augen offen zu halten und zu hoffen. So weit
nördlich waren die Tage unglaublich kurz, und wenn es ihnen nicht gelang,
Skrymirs Höhle noch vor Tagesanbruch zu finden, würde es in jedem Fall
zu spät sein. Die Sonne würde sie so oder so töten.
Nur Momente nachdem dieser Gedanke Spike durch den Kopf gegangen
war, blieb Drusilla abrupt stehen. Beinahe hätte er sie über den Haufen
gerannt.
»Dru?«, fragte er besorgt.
»Ich kann das Klirren einer Axt auf Knochen hören. Das Echo. Kannst du
es auch hören?«
Spike unterdrückte nur mit Mühe eine automatische Antwort, sein
Standard-Nein. Drusilla sprach so häufig in verrückten kleinen Rätseln, in
einer Art von poetischem Wahnsinn. Es gehörte zu den Dingen, die er am
meisten an ihr liebte, die Art, wie sie die Schönheiten und Schrecken der
Welt sah, klarer und schärfer als jeder andere, den er je getroffen hatte. Sie
wusste durchaus, dass das meiste davon nur sie allein wahrnahm. Deshalb
fragte sie eigentlich nie, ob er ihre Wahrnehmung teilte. Und wenn sie es tat,
log er sie nie an.
Die Worte natürlich nicht lagen ihm auf der Zunge.
Aber dann entdeckte er den Haufen aus grauem Stein, der vor ihnen lag,
eingefasst von einer riesigen Gletscherspalte, die aussah, als wäre sie von
einer gigantischen Klinge in den Berg gehauen worden. Sie hatten ihr Ziel
erreicht. Skrymirs Festung. Einst, vor vielen Jahrhunderten, war sie eine
Wikingerburg gewesen. Jetzt lag sie in Ruinen.
Es war keine Burg, nur noch deren Geist.
Irgendwo tief unten, in den Verliesen der Ruine, hauste der Dämon
Skrymir. Wenn man den Legenden glauben konnte, war Skrymir bereits dort
gewesen, als die Wikinger noch das Land beherrscht hatten, und sogar noch
früher, zur Blütezeit der Götter der nordischen Mythologie, als Riesen und
dunkle Elfen und schreckliche Zwerge die Nordlande bevölkerten. Spike
hatte in seinem Leben genug gesehen, um nicht alles als Unfug abzutun,
aber der Glaube an Götter ging ihm doch zu weit. Es hatte eine Zeit
gegeben, in der Ungeheuer durch die langen Nächte geschlichen waren, und
dann war die Zeit der Helden angebrochen, die jener Männer und Frauen,
die sich tapfer den Dingen der Finsternis entgegenstellten.
Doch das waren keine Götter, nur Menschen.
An die Ungeheuer glaubte er. Den Legenden nach war Skrymir eins von
ihnen. Spike wusste nicht, ob er je einer Kreatur begegnet war, die so alt
war, wie dieser Dämon angeblich sein sollte. Er fragte sich, wie diese
vergangenen Zeiten wohl gewesen waren und was die Augen des Dämons
alles gesehen hatten.
Das Echo, hatte Dru gesagt. Kannst du es auch hören?
Spike stand ganz still und starrte die graue Steinleiche vor sich an.
»Meine Liebste, ich glaube, ich kann es auch hören«, wisperte er.
»So viel Blut«, sagte sie. »Altes Blut.«
Zusammen stiegen sie vorsichtig in die Gletscherspalte, hinunter zu der in
Trümmern liegenden Festung. Zu seinem Erstaunen stellte Spike fest, dass
er nicht mehr fror. Nicht im Geringsten.
Die Morgendämmerung war noch ein paar Stunden entfernt, doch Spike war
nervös. Sie befanden sich noch immer auf der schneebedeckten Seite des
gewaltigen Berges. Das uralte verwitterte Gestein um sie herum bot nur
wenig Schutz, aber das musste reichen. Selbst wenn sie keine unbeschädigte
Kammer oder nicht einmal einen Spalt fanden, in den sie sich zurückziehen
konnten, würden die eingestürzten Mauern sie zumindest vor der Sonne
abschirmen.
Sie mussten es.
»Hörst du noch immer etwas, Dru?«, fragte er und zuckte zusammen, als
seine eigene Stimme
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