Buffy - 22 - Spike & Dru
als Vampir. Ihr Geburtstag. Er war jetzt nicht
mehr lang hin, und Spike hatte sich nach ihrem Wunsch erkundigt. Drusilla
war sich durchaus bewusst, dass die meisten Vampire an diesem Tag keine
Geschenke bekamen, aber Angelus hatte mit dieser Tradition schon lange
vor ihrer Zeit als Vampir begonnen.
Angelus.
Schon immer hatte er ihre Wiedergeburt im Zeichen der Finsternis feiern
wollen und sie mit besonderen Gaben überhäuft. Das ganze Jahr über las er
ihr jeden Wunsch von den Augen ab, die feinsten Kleider, den kostbarsten
Schmuck. Aber ihr Geburtstag war etwas Besonderes. Dann schenkte ihr
Angelus etwas Einzigartiges, Dinge, die es nur ein Mal auf der Welt gab.
Ein Gemälde. Eine Skulptur. Ein Objekt der Macht. Einmal hatte er ihr
Rasputins Auge geschenkt, durch Magie konserviert. Damit konnte sie den
Willen jeder lebenden Kreatur kontrollieren. Es war wahrhaft einzigartig.
Ein Bestandteil der Geschichte, mit riesiger Zauberkraft gesegnet. Der gute
Angelus war nicht einmal wütend auf sie gewesen, als sie es Rasputin
zurückgegeben hatte. Der Dämon hatte einfach zu viel für sie empfunden,
um nein zu sagen, und war auf seine Weise sehr süß gewesen.
Angelus.
Selbst nach seiner Entscheidung, ihr mehr Freiheiten zuzugestehen, und
nachdem er ihr Spike beschert hatte – der nun ihr Geliebter war –, hatte er
doch nie ihren Geburtstag vergessen. Spike schäumte angesichts der
Aufmerksamkeiten, die Angelus ihr erwies, und schenkte ihr ebenfalls
einzigartige Schmuckstücke. Manchmal verschwand Angelus für Monate,
manchmal länger, aber er vergaß niemals ihren Geburtstag. Doch einmal ist
immer das erste Mal. Und danach bekam sie nie wieder Geschenke von ihm.
Drusilla wusste zwar nicht mehr, wann genau alles angefangen hatte, aber
ihre Erinnerung daran war noch frisch, und im Schätzen war sie ohnehin nie
gut gewesen.
Nachdem Angelus sie verlassen hatte, setzte Spike die Tradition fort. Er
besorgte ihr stets etwas Besonderes, etwas Einzigartiges. Vielleicht wusste
er es nicht einmal oder vielleicht tat er nur so, als wusste er es nicht, aber
Spike kämpfte gegen den Schatten von Angelus' Erinnerung. Wenn es einen
besonderen Anlass gab wie den fünfzigsten, sechzigsten oder siebzigsten
Jahrestag ihres Daseins als Blutsauger, war sein Geschenk sogar noch
prächtiger.
Doch dies war das erste Mal, dass Drusilla etwas eingefallen war, was sie
sich wirklich wünschte. Das erste Mal, dass sie wusste, um was sie ihn bitten
wollte. Vor vielen Jahren, als sie zum ersten Mal von Freyjas Kette, dem
Halsband Brisingamen, gehört hatte, hatte sie auch erfahren, dass sein
Träger sich in jede beliebige Gestalt verwandeln konnte. Ein mächtiger
Zauber, mit dem sich das eigene Gesicht willentlich verändern ließ, ein
hübsches kleines Spielzeug – und eine nützliche Waffe, wenn man Feinde
hatte.
Es hatte ihre Neugier erregt, aber nur kurzzeitig. Wie so oft.
Dann, vor ein paar Monaten, hatte sie eine andere Geschichte über Freyjas
Kette gehört und von einer wenig bekannten Nebenwirkung ihres Zaubers
erfahren.
Wenn eine Vampirin sie trug, konnte sie ihr eigenes Spiegelbild sehen.
Das Spiegelbild ihres eigenes Gesichtes oder der Gestalt, die sie mit Hilfe
der Macht des Halsbandes angenommen hatte.
Manchmal vergaß Drusilla, dass sie wirklich existierte, dass sie eine
stoffliche Kreatur und nicht nur ein Gespenst war, eine Erinnerung, die
durch die Welt zog und sich ganz dem Beobachten hingab. Dies war einer
der Gründe, warum sie Spike so sehr liebte. Er war ihr Anker, er sorgte
dafür, dass sie verwurzelt blieb, dass sie sich nicht auflöste. Wenn sie sich
liebten und sich gegenseitig Schmerzen zufügten, konnte sie ihr Fleisch
fühlen. Aber sich selbst wieder zu sehen ...
In den achtzig Jahren als Vampir hatte Drusilla vergessen, wie ihr Gesicht
aussah. Wenn sie ihr Spiegelbild sehen konnte, würde es ihr helfen, sich
realer zu fühlen.
Nicht nur wie ein Flüstern.
Flüstern ...
Drusilla runzelte die Stirn und sah sich um. Sie waren nicht allein hier
oben im Schnee und im eisigen Wind. Überall um sie herum war Geflüster,
und es zog jetzt ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie lauschte mit wachsendem
Staunen, aber auch mit einem Hauch von Melancholie. Es war ein
grimmiges Geflüster, und sie wurde davon angezogen, umhüllt und kaum
spürbar davongetragen.
Die Sterne waren schon längst erloschen, aber ihr Licht erreichte sie
dennoch dort oben auf dem Berg. So wie
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