Buffy - 22 - Spike & Dru
fragte Sophie weiter in ihrer Muttersprache.
»Ja«, bestätigte Yanna auf Dänisch, während sie in Sophies Augen nach
einem Anzeichen dafür suchte, dass das Mädchen ihre Verzweiflung
bemerkt hatte. Sie war erleichtert, nichts zu finden.
Ich bin die Wächterin, schalt sie sich energisch in Gedanken. Meine
Pflichten gegenüber der Jägerin und dem Rat sind wichtiger als mein
eigenes Wohlergehen.
Yanna wechselte über ins Englische, damit auch die Ratsagenten sie
verstehen konnten. Sie erzählte ihnen von der ominösen hellsichtigen
Episode, verschwieg aber die Gefühle, die sie begleitet hatten und noch
immer beherrschten.
»Das Wasser ist unser derzeitiger Gegner. Es ist möglich, dass die Vision
keine weitere Bedeutung hat«, erklärte sie. »Die Kernbotschaft ist weitaus
wichtiger. Irgendwo dort draußen ist ein Vampir, der... uns aus irgendeinem
Grund jagt.«
Sie hätte fast mich gesagt. Die intimen Gefühle, die sie in ihrer Vision
erregt hatten, waren noch immer gegenwärtig. Aber selbst da hatte sie
gespürt, dass der Vampir im Grunde nicht hinter ihr her war, sondern nur
Hindernisse aus dem Weg räumen wollte, um sein wahres Ziel zu erreichen.
»Sein Name ist Spike«, fügte sie hinzu. »Und er ist sehr gefährlich.«
Mr. Haversham räusperte sich. »Sie haben seinen Namen dieser Vision
entnommen?«
»Nein«, gestand Yanna. »Ich kenne seinen Namen. Es ist nicht das erste
Mal, dass ich mit ihm zu tun habe.«
London, England
19. Mai
In all den Jahren beim Rat hatte Marie-Christine Fontaine in fast jeder
verfügbaren Position gedient. Ihr Vater hatte mit ihrer Ausbildung 1894
begonnen, an ihrem achten Geburtstag. Es hatte nie irgendwelche Zweifel
gegeben, dass sie eine Wächterin werden würde, denn Jacques Fontaine
besaß – sehr zu seinem Bedauern – keine Söhne. Marie-Christine brachte
ihm deshalb seit Jahrzehnten bittere Gefühle entgegen, eine Last auf ihrer
Seele, von der sie sich nicht befreien konnte.
Dennoch oder vielleicht gerade deswegen war sie im Hauptquartier des
Rates zu einer wichtigen Institution geworden. Als Wächterin hatte sie
Dutzende der so genannten Nachwuchsjägerinnen trainiert. Niemand konnte
mit Sicherheit sagen, welches Mädchen die nächste Auserwählte sein würde,
aber im Lauf der Jahre war es ihnen immer besser gelungen, die Zeichen zu
erkennen, die eine Kandidatin identifizierten. Marie-Christine hatte dabei
geholfen und zudem an der Archivierung der Journale früherer Wächter
mitgewirkt. Sie hatte viele Tagebücher ausgegraben, die einst als
unbedeutend eingestuft und deshalb nicht kopiert worden waren; nur die
Originale schlummerten in den Tresoren in der Great Russell Street.
Mehrere von ihnen hatten sich als überaus wichtig erwiesen, und Kopien
von ihnen standen jetzt in den Sammlungen der anderen Ratsbüros auf der
ganzen Welt.
Als Wächterin konnte sie zwar nicht gleichzeitig Agentin sein, hatte aber
als junge Frau einige Zeit mit Agenten im Außendienst verbracht. Sie hatte
Mitglieder des Parlaments beeinflussen können, die Kammern uralter
Zauberer besucht und gleichzeitig so weltliche Aufgaben wie Buchführung
und die Organisation von Bestattungen erledigt. In gewisser Hinsicht war
Miss Fontaine die Seele des Rates der Wächter. Mittlerweile hatte sie es bis
zur Ratsdirektorin gebracht, und dennoch war ihr Ehrgeiz nicht befriedigt.
Keine einzige der von ihr trainierten Nachwuchsjägerinnen war je
auserwählt worden. Dies war eine der größten Enttäuschungen ihres Lebens.
Jedenfalls bis jetzt. Am Vortag hatte sie zum ersten Mal im Namen des
Rates gehandelt und litt noch immer zutiefst unter den Folgen ihrer Mission.
Sie hatte das Vorhaben ihrer Direktorenkollegen unterstützt, die Jägerin in
den fast sicheren Tod zu schicken, und das nur, um möglichst viele Vampire
auf einmal auszuschalten. Es war ein selbstmörderisches Unterfangen, und
dennoch hatten sie das Mädchen losgeschickt. Und warum auch nicht? Dank
ihrer eigenen guten Arbeit bei der frühen Identifizierung von Kandidatinnen
gab es mehr als genug gut ausgebildete Mädchen, die hinter den Kulissen
warteten.
Miss Fontaine hasste sich selbst dafür.
Aber davon hatte sie sich bei der Umsetzung ihrer Pläne nicht behindern
lassen. Die Jägerin war im Auftrag des Rates in den Krieg gezogen und
würde wahrscheinlich sterben, aber wenn Sophie Carstensens bisherige
Leistungen ein Anhaltspunkt waren, würde sie vorher noch einer
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