Buffy - 22 - Spike & Dru
Aber
da sie nur nachts und auf wenig benutzten Straßen reisten, bekamen sie
wenig von dem sehnsüchtig erwarteten Gemetzel mit. Bis jetzt hatten sie an
Straßensperren und anderen Stellen unterwegs eine Reihe von deutschen
und französischen Soldaten getötet und dadurch Waffen und Benzin
erbeutet. Aber die Zeit dazwischen war derart freudlos, dass es sie verrückt
machte.
Dünkirchen war ein Ort des Chaos und Entsetzens und Terrors, ein
Schwindel erregender Karneval aus verwundeten Männern und verwundeten
Seelen, der für sie dem Besuch in einem Vergnügungspark gleichkam. Spike
hatte mit Wut darauf reagiert, dass sie Dutzende von Fragen beantworten
und die Lügen über ihre Brüder in Rotterdam ständig wiederholen mussten,
nur um die Reihen der Armee passieren zu können. Er wollte töten, und
Drusilla hatte nichts dagegen einzuwenden. Sie konnte sich das Crescendo
aus Tod und Eingeweiden vorstellen, das es gegeben hätte, wenn sie über
die ersten der mehreren Hunderttausend Soldaten hergefallen wären. Das
Geräusch, mit dem das Herz eines aufgeregten Soldaten Blut durch die
Adern gepumpt hatte, war fast zu viel für sie gewesen, und Drusilla hatte ihn
zur Beruhigung gestreichelt, bis Spike eingegriffen hatte.
Es war zu einem Kampf gekommen, und der Vorgesetzte des Soldaten
war zum Einschreiten gezwungen gewesen. Drusilla hatte ihnen beiden
einen Kuss zugeworfen, als Spike sie weggezogen und zurechtgewiesen
hatte. Wenn sie Freyjas Kette haben wollte, musste sie mitspielen. Ein
köstlicher Schauder durchlief sie jedes Mal, wenn sie nur an dieses
Schmuckstück dachte, an das Halsband Brisingamen. Was für ein altes
magisches Objekt, was für ein wundervolles Spielzeug. Oh, wie sehr sie sich
wünschte, es endlich an ihrem Hals funkeln zu sehen.
Die britischen Soldaten hatten ihnen einen klapprigen Laster geschenkt,
den sie ansonsten hätten zurücklassen müssen. Spike machte dies nur noch
wütender. Sie hatten für ihre Kleidung und die Reisetaschen getötet, und er
hatte sich so sehr gewünscht, auch für das Transportmittel töten zu müssen.
»Was hast du, Dru?«, knurrte er plötzlich, während der Laster über die
unebene Straße rumpelte.
»Mir ist langweilig, langweilig«, antwortete sie und zog einen
Schmollmund. »Da ist keine Musik drin. Ich bin im Grab dieses öden
Krieges begraben.«
Spike warf ihr einen Seitenblick zu und zog die Brauen hoch. »Du bist
nicht die Einzige, die sich langweilt, Zuckerschnäuzchen. Aber es gibt
keinen Grund zur Sorge. Bald wird es wieder vergnüglicher zugehen, das
verspreche ich dir. Wir haben eine Menge Nachwuchs-jägerinnen zu töten, und
ich weiß doch, wie sehr du das magst.«
Drusilla seufzte. »Ich wollte den Krieg genießen. Riesige,
blutdurchtränkte Schlachtfelder sehen, auf denen sich schwitzende,
verwundete Männer gegenseitig abschlachten. Ich wollte eine Oper sehen.
Pilze, die in den zerschmetterten Schädeln der Soldaten wachsen. Aber
nein.«
Er seufzte ebenfalls. »Sieh mal, wenn wir an einer großen Schlacht
vorbeikommen, werden wir Halt machen, das verspreche ich dir. In
Ordnung?«
»Mmm«, machte sie und rekelte sich genüsslich auf dem rissigen Sitz. Sie
fuhr ihm mit den Fingern durchs Haar und kratzte seine Brust. Spike schrie
vor Schmerz auf und warf ihr einen vernichtenden Blick zu, bevor er seine
Aufmerksamkeit wieder der Straße zuwandte.
»Nicht jetzt, Dru«, knurrte er.
»Komm schon«, gurrte sie. »Du riechst wie Schokolade. Ich will davon
kosten. Ich will schmutzig sein, draußen auf dem Boden, unter dem Mond.
Mit meinem Ohr an der Erde kann ich das Stöhnen der Sterbenden hören.
Sie klingen wie Kühe.«
Spikes Augen blitzten, und sie konnte erkennen, dass er in Versuchung
geriet. Sie lachte kehlig und leise.
Plötzlich flutete grelles Licht durch die gesprungene Windschutzscheibe
des Lasters, und Spike fluchte.
»Verdammter Mist. Tja, Dru, wenigstens geht jetzt dein Wunsch nach
mehr Abwechslung m Erfüllung.«
»Oh, wie wundervoll«, seufzte sie.
Er stellte den Motor des Lasters ab und streichelte dann ihre Wange. »Bist
du hungrig, Liebste?«
»Ausgehungert.«
Drusilla öffnete die Tür und stieg aus dem Laster. Die Soldaten, die auf
sie zurannten, waren Franzosen, und sie hielten ihre Waffen schussbereit.
Offenbar rechneten sie mit Spionen oder deutschen Aufklärungstrupps. Zwei
von ihnen bauten sich vor dem Laster auf, während einer zur Tür an der
Fahrerseite ging
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