Buffy - 22 - Spike & Dru
dem
weitläufigen Platz vor der Kirche auftauchten, waren sie endlich
verschwunden. Alessandra konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr
bewegen, nicht einmal blinzeln. Das, was von ihrem Blut übrig geblieben
war, füllte ihre Lunge und ihren Brustkorb, und sie ertrank förmlich daran,
erstickte, spürte den Kupfergeschmack in ihrem Mund. Ihr letzter
zusammenhängender Gedanke galt der Furcht erregenden Frage, ob sie jetzt
wie sie werden würde.
Warschau, Polen
16. Juni
Weinend zog Jozeff Strakus den verstümmelten Leichnam von Marya
Badjek hinter sich her. Seinen gebrochenen Arm trug er in einer
improvisierten Schlinge um den Hals. Er wollte Marya nicht in der
schmutzigen Gasse liegen lassen und sie den streunenden Hunden aussetzen.
Nachdem er einen Passanten losgeschickt hatte, Hilfe zu holen, setzte sich
Jozeff hin, streichelte das braune Haar des Mädchens und erbebte unter
heftigen Schluchzern, die ihn zu zerreißen drohten.
Marya Badjek war im Alter von elf Jahren ermordet worden.
7
London, England
20. Juni
In dem Gebäude am fernen Ende der Great Russell Street herrschte eine
mehr als düstere Stimmung. Es war Depression. Die britischen Streitkräfte
in Frankreich waren von den Deutschen überrannt worden, Hunderttausende
hatten über Dünkirchen evakuiert werden müssen, und jetzt schien das
finanziell angeschlagene, morsche Britische Empire die letzte Bastion der
Freiheit in Westeuropa zu sein. Wie es dazu kommen konnte, und dann auch
noch so schnell, überstieg die Vorstellungskraft. Und dennoch war es
passiert.
Krieg. Die Befugnisse des Parlaments wurden eingeschränkt. Die
Menschen bissen die Zähne zusammen und blickten zornig nach Osten,
hofften auf eine neue Attacke gegen Adolfs Anhänger. Churchill wollte nun,
nach all den Jahren der Überheblichkeit und der Trägheit, eine siegreiche
Kriegsmaschinerie in Gang setzen. Denn das war erst der Anfang. Hitler
glaubte an eine schicksalhafte Bestimmung seines Dritten Reiches und an
den Sieg seiner so genannten Herrenrasse.
Und wenn die Briten ihm nicht Einhalt geboten, konnte diese groteske
Vision durchaus Wirklichkeit werden.
Krieg. In ganz Britannien das einzige Gesprächsthema bei den Untertanen
Seiner Majestät, in Schlafzimmern und Pensionen und Pubs. Doch im
Konferenzraum der Great Russell Street wurde über einen Krieg debattiert,
der nichts mit Adolf Hitler zu tun hatte. Der Vormarsch der Nazis war
grausam und schnell, aber der Krieg war nur für jene überraschend
gekommen, die die Augen verschlossen hatten.
Der Rat der Wächter stand einem weitaus heimtückischeren Feind
gegenüber, einem Gegner, der mit Täuschung und Überrumpelungstaktik
arbeitete, der aus den Schatten zuschlug, ein Widersacher, der Meuchelmord
und Hinterlist dem offenen Kampf vorzog.
Eine schreckliche böse Macht. Ein Teufel, wenn es denn einen gab.
»Es ist Spike«, eröffnete Marie-Christine Fontaine den Direktoren des
Rates.
Die Reaktion fiel wie erwartet aus. Es war schwierig genug gewesen, sich
mit dem brutalen Überfall auf ihr Hauptquartier im vergangenen Monat
abzufinden. Obwohl das Gebäude durch Zauber und Bannsprüche vor
magischen Attacken gefeit war, hatte man im Lauf der Zeit die Sicherheit
vernachlässigt. Niemand hatte sich vorstellen können, dass irgendwelche
Vampire die Tollkühnheit aufbringen würden, den Rat so direkt anzugreifen,
oder dass selbst der naivste Wächterlehrling dumm genug sein würde, einen
ins Haus zu bitten.
Inzwischen hatte man die Sicherheitsmaßnahmen überprüft und verstärkt
und dabei auch magische Rituale nicht außer Acht gelassen.
Der Angriff auf das Hauptquartier des Rates war schon schrecklich genug,
aber noch entsetzlicher waren die Ereignisse danach, die monatelange Serie
von Morden an Wächtern und an Kandidatinnen. Die Suche nach
potenziellen Jägerinnen ging weiter, aber im Licht der jüngsten Morde
unternahm man jede Anstrengung, die Identifizierung neuer Kandidatinnen
zu beschleunigen. Man hatte sich allerdings dazu entschlossen, diese
Mädchen zwar aufzuspüren, aber noch keinen Kontakt zu ihnen
aufzunehmen. Das Training sollte erst beginnen, wenn der Rat die Gegner
ausfindig gemacht und aus dem Weg geschafft hatte.
Jetzt wurden die schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
»Die beiden Vampire, die letzten Monat unser Anwesen überfallen haben,
stecken auch hinter der Mordserie, die uns alle so tief getroffen hat.
Angesichts der Geschichte des
Weitere Kostenlose Bücher