Buffy - 22 - Spike & Dru
mich. Erinnern Sie sich, wer Sie sind«,
sagte sie sanft und ergriff Yannas auf dem Tisch liegende Hand. »Also, was
ist los? Was haben Sie gesehen?«
Mit erhobenem Kinn und grimmiger Miene schloss Yanna für einen
Moment die Augen und schien dann fast zu schaudern, als sie sie wieder
öffnete. »Wir können nicht nach London zurückkehren. Noch nicht. Es wird
schwierig, mitten im Krieg zu reisen, aber die Deutschen haben jetzt
England ins Visier genommen, und Frankreich ist ein gefährlicher, aber
berechenbarer Ort. Wir haben auch Verbindungen zum französischen
Untergrund, und das dürfte uns helfen.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Sophie kopfschüttelnd. »Wohin sollen wir
denn gehen?«
»Nach Hause«, antwortete Yanna. »Wir müssen zurück nach
Kopenhagen.«
Sophie lächelte. Wärme breitete sich in ihr aus und verdrängte die eisige
Furcht. Doch so plötzlich, wie das Lächeln gekommen war, erlosch es auch
wieder. Yannas Gesichtsausdruck war einfach zu ernst. Die Frage lag
Sophie auf der Zunge – warum? –, aber bevor sie sie aussprechen konnte,
wusste sie schon die Antwort.
»Es gibt dort eine Nachwuchsjägerin«, sagte Sophie mit einer Stimme, die
kaum mehr als ein Flüstern war. Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich, als sie ihre
Wächterin anstarrte. »Aber sie stand nicht auf der Liste.«
Man musste Yanna zugute halten, dass sie Sophies durchdringendem
Blick nicht auswich. »Das war eine Entscheidung des Rates. Das Mädchen
in Kopenhagen wurde nicht auf der Liste verzeichnet, um dich nicht zu
entmutigen und zu demoralisieren. Du solltest nicht erfahren, dass eine
Kandidatin, die nach deinem Tod die Jägerin werden soll, so nah bei dir
wohnt. In deiner Heimatstadt.«
Sophie funkelte sie wütend an. »Sie haben mich getäuscht.«
»Eine Unterlassungssünde«, erwiderte Yanna reumütig. »Ich habe nur
meine Anweisungen befolgt. Jedenfalls sind die Chancen nicht groß, dass
dieses Mädchen die nächste Jägerin wird. Wir dachten, es wäre besser, dich
im Ungewissen zu lassen.«
»Was für eine weise Entscheidung!«, sagte Sophie. Ihre Stimme triefte nur
so vor Sarkasmus. »Vor allem, da diese Geheimhaltung dem Mädchen jetzt
das Leben kosten könnte. Ich nehme an, Ihre Vision hat gezeigt, dass sie in
Gefahr ist?«
Yanna nickte. »Spike und Drusilla sind in diesem Moment auf dem Weg
nach Kopenhagen. Sie müssen von dem armen Mr. Haversham von ihr
erfahren haben.«
Von widersprüchlichen Gefühlen und einem pochenden Schmerz erfüllt
stand Sophie auf. Sie spürte das Schicksal auf sich zurollen, düster und
unausweichlich. Sophie sah Yanna nicht an und ignorierte auch die anderen
Gäste in der Taverne.
»Dann kommen Sie«, knurrte die Jägerin leise. »Gehen wir nach Hause.«
14
Paris, Frankreich
1912
Es war Frühling in der Stadt der Lichter. Noch lange nach Einbruch der
Dunkelheit war die Luft vom Duft blühender Blumen und dem heiteren
Lachen der Liebespaare erfüllt. Aber nirgendwo war Paris in der Nacht von
mehr Leben erfüllt als am Montmartre. Die Maler auf dem Platz am
Hügelkamm hatten ihre Staffeleien in der Abenddämmerung eingepackt,
aber die Straßenkünstler, die Jongleure, Feuerspucker und Pantomimen,
waren noch immer aktiv.
An der Ecke vor der großen weißen Fassade von Sacre Cœur stand eine
einsame Gestalt und entlockte einer Geige Musik von ewiger Schönheit. In
den kleinen Cafés auf und um den Platz tranken junge Pariser Wein und
diskutierten über Literatur und Philosophie. Und in einer Gasse unweit des
Apartments, wo er seit elf Jahren wohnte, strich Charn mit den Händen über
das üppige Fleisch eines neunzehnjährigen Aktmodells, das davon träumte,
Schauspielerin zu werden, und saugte dem Mädchen das Blut aus den
Adern.
Sie wand sich in seinem Griff, und ihre Haut kühlte ab.
In der Nähe klirrten Gläser, als ein paar Betrunkene miteinander anstießen
und grölend lachten.
Charn wusste, dass er das Mädchen besser mit nach Hause genommen
hätte, aber sie war einfach köstlich, und er hatte nicht warten können.
Manchmal konnte er eine fast unendliche Geduld aufbringen. Aber wenn es
um hübsche Mädchen ging, konnte Charn einfach nicht widerstehen.
Er ließ die Leiche zu Boden gleiten und bettete sie auf die Hintertreppe
eines Hauses. Als er sich aufrichtete, sah man nicht mehr viel von Charn.
Dank Freyjas Kette hatte er das Gesicht des Mädchens angenommen.
Mit einem leicht beschwipsten Kichern, einem Laut, der nur
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