Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
mir schon vorausg e eilt sind, hat sie genug Zeit gehabt, sich darüber zu freuen, dass ich noch am Leben bin, und sich anderen Bedenken zuzuwe n den. Je nachdem, wer ihr außer Omba noch die Gerüchte zug e tragen hat, könnte sie inzwischen ziemlich aufgebracht sein. «
»Du hast unsere Sachen ja gut sichtbar liegen gelassen – selbst ohne Omba hätte sie mitbekommen müssen, dass du wieder z u rück bist. «
»Das ist das eine. «
Fawn fragte sich allmählich, ob er überhaupt einen Plan hatte.
Während sie näher kamen, stand die Frau in dem Rock kerze n gerade da. Ihre Hände zuckten einmal vor, dann presste sie sie entschlossen auf ihre Hüften. Cumbia Rotdrossel trug das si l bergraue Haar zu einem einfachen Trauerknoten zurückgebu n den. Ihre Haut zeigte nicht denselben polierten Kupferton wie die von Dag – sie wirkte dunkler, ledriger, verwitterter –, auch wenn sie einen eindrucksvollen Gegensatz zu ihrem Haar bot.
Fawn hätte sie auf gesunde siebzig geschätzt, obwohl sie wus s te, dass Cumbia bereits zwei Jahrzehnte älter war. Ihre Augen waren von der Farbe hellen Tees und wirkten schmal unter den verkniffenen, silbrigen Augenbrauen, während sie Fawn mu s terten. Bei besserem Licht, vermutete Fawn, würden sie wie die von Dag in hellem Gold strahlen.
Als sie an den Rand der als Vordach aufgestellten Plane gelan g ten, schob Cumbia das Kinn vor und schnauzte: »Dag Rotdro s sel Hickory, ich bin sprachlos! «
Hinter ihnen murmelte Dar: »Das bezweifle ich sehr. « Dags Brauen zuckten leicht in Bestätigung dieser Worte.
Wie um Dar Recht zu geben, fuhr sie fort: »Was auch immer ihr Streifenreiter draußen auf der Straße treibt, die Regel lautet, dass ihr es nicht mit nach Hause bringt. Du kannst nicht einfach deine Bauernhure in mein Zelt bri n gen. «
Als hätte er sie nicht gehört, zog Dag die widerstr e bende Fawn nach vorn und meinte: »Mama, das ist meine Frau, Fawn Blaufeld. «
»Guten Abend, gnä ’ Frau. « Fawn machte einen Knicks und wühlte in ihrem Geist unter hundert auswendig gelernten Wor t hülsen verzweifelt nach einer, an der sie sich festhalten konnte. Sie hatte nicht damit gerechnet, das alles während eines Gewi t ters tun zu müssen. Sie hatte sich kaum etwas von dem hier vorgestellt.
Dag kam ihr zuvor. Er stand jetzt hinter ihr und schob den H a ken, sorgsam nach unten gekehrt, unter ihr linkes Handgelenk und hob es an. »Siehst du? Ehefrau. « Er zuckte mit der linken Schulter, um auf seine eigene Eh e schnur hinzuweisen.
Cumbias Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Du kannst doch nicht …« Erstickt würgte sie hervor: »Schneid diese Dinger durch. «
»Nein, gnä ’ Frau «, erwiderte Dag, in einem eigenartig li e benswürdigen Tonfall. Abwesend, dachte Fawn. Fort an j e nem anderen Ort, an den er sich zurückzog, wann immer es tödlich ernst wurde und die Ereignisse sich zu schnell entw i ckelten, um noch Zeit zum Nac h denken zu lassen. Wenn er alles einem anderen Teil von sich selbst überließ, der noch mithalten konnte. Oder auch nicht …
»Dag, wenn du diese Abscheulichkeiten nicht sofort verbrennst und dieses Mädchen dorthin zurückbringst, wo du es herhast, dann wirst du mein Zelt nie wieder b e treten. « Hatte Cumbia ihren Auftritt einstudiert? Angeleitet von aufgeregten Gerücht e kochern? Irgendwie wirkte sie hölzern, als würden Mund und Augen zwei unte r schiedliche Dinge zugleich sagen. Dag mit seinem Es s enzgespür hätte es vielleicht herausfinden können, wenn er es nicht offensichtlich so fest an sich gezogen hätte wie eine Hickoryschale.
Dag lächelte, oder zumindest hoben sich seine Mun d winkel in übertriebener Heiterkeit, obwohl seine Augen reglos blieben. Das ließ ihn für einen Augenblick ebenso merkwürdig wie seine Mutter wirken. »In Ordnung, gnä ’ Frau. « Er wandte sich an die anderen Zuhörer, die wie betäubt dastanden. »Omba, Dar schön, euch wiederzus e hen. Fawn, hol deine Taschen und deine Decken. Wir schicken morgen jemanden für die Sättel. Omba, wenn sie sie in den Regen hinauswirft, könntest du sie dann für mich sicher verwahren? «
Omba starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an und nickte.
Augenblick mal, was? »Aber Dag …«
Er bückte sich, nahm Fawns Satteltaschen auf den H a ken und reichte sie ihr, dann lud er sich die eigenen auf die Schulter. Sie drückte die schwere Last unbeholfen gegen ihre Brust, während er den Arm um ihren Rücken legte und sie zur Lichtung hi n drehte. Die ersten
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