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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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weiß, wie man das alles wieder in Gang kriegt. Ich bin nur eine Aushilfe«, erklärte sie ihm und drei anderen Kunden, die sich darüber beschwerten, dass die Zapfsäulen nicht funktionierten.
    »In einer halben Stunde geht wieder alles«, versprach sie, »wir hatten das schon einmal. Der Chef kriegt das ganz schnell wieder hin.«
    Lenz ging zurück zum Auto, setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Drei Ecken weiter gab es eine weitere Tankstelle, die vermutlich eben den Umsatz des Jahres machte. Als er den Gang eingelegt hatte und an die Ausfahrt gerollt war, sah er nach links und wollte gerade Gas geben, als sich in der anderen Richtung, hinter den Straßenbahnschienen, ein dunkler Mercedes auffällig langsam in sein Sichtfeld schob. Vermutlich wäre ihm der Fahrer nie aufgefallen, wenn er nicht mit dem Mobiltelefon am Ohr und lachend unterwegs gewesen wäre. Als der Wagen direkt an der Tankstelle vorbeirollte und von der grellen, blauen Beleuchtung angestrahlt wurde, konnte Lenz für den Bruchteil einer Sekunde das markante Profil von Roland Kronberger erkennen.
    Der Polizist zog den Kopf ein und wartete in dieser Position ab, bis die Limousine etwa 100 Meter entfernt war. Dann trat er das Gaspedal durch und holperte über die Schwellen, mit denen die Straßenbahnschienen von den beiden Fahrstreifen getrennt wurden. Kronberger rollte weiter langsam stadtauswärts, und Lenz fragte sich, wo der Erbe der größten Bauunternehmung Nordhessens um diese Uhrzeit wohl hinwollte. Eine Minute später war die Frage beantwortet, obwohl der Mann sein Ziel noch nicht erreicht hatte. Lenz griff in seine Jackentasche, doch dort, wo im Normalfall sein Mobiltelefon steckte, war gähnende Leere. Er kommentierte die Situation mit einem leisen Fluch und verlangsamte seine Geschwindigkeit, weil Roland Kronberger nun von der Hauptstraße abbog. Eine weitere Minute später hatte er sein Ziel erreicht. Lenz blieb weiter zurück, weil er wusste, wo der Mann hinfahren würde. Als der Mercedes in die kleine Seitenstraße einbog, in der sich das Haus der Wohlrabes befand, ließ er seinen Kleinwagen am Bordstein ausrollen und drehte den Zündschlüssel um. Hastig stieg er aus, überquerte die Straße und ging mit vorsichtigen Schritten auf das Grundstück am Ende der Straße zu, doch von dem Mercedes war nichts zu sehen. Nur zwei Autos standen da, allesamt Volkswagen. Er trat näher an das Haus heran und erkannte die Spuren auf der flachen Schneedecke, die direkt auf das große Tor der Doppelgarage zuführten und dort abrupt endeten. Der frische Schnee knirschte unter seinen Schuhen, als er auf die Garage zuging und dann mit angehaltenem Atem lauschte.
    Lachen. Das Lachen einer Frau.
    Eine Autotür wurde geöffnet. Nein, eine Kofferraumklappe. Lenz erkannte es am saugenden Geräusch des hydraulischen Dämpfers.
    Wieder Lachen.
    Bin ich ein Idiot, dachte der Kommissar. So naheliegend und doch so weit weg. Natürlich, seine Traumfrau!
    Eine weitere Autotür wurde geöffnet. Der Kommissar versuchte, sich die Situation im Innern des Hauses zu vergegenwärtigen. Es musste einen Durchgang von der Garage ins Haus geben, doch er konnte sich nicht erinnern, eine Tür gesehen zu haben. Plötzlich ein Knarzen, dann setzte sich das Rolltor in Bewegung. Lenz sprang nach links und kroch hinter eine Biotonne. Bisher hatte er immer gedacht, dass dieses System, seine kompostierbaren Abfälle zu entsorgen, völlig unnötig sei, aber in diesem Augenblick wurde er zum glühenden Verfechter der Biotonne. Immer weiter öffnete sich das Tor, um ein paar Sekunden später mit einem lauten, blechernen Geräusch zu stoppen. Die Bremsleuchten des Mercedes flammten kurz auf, dann machte der schwere Wagen einen Satz nach hinten. Der Polizist kauerte sich noch enger an seine braune Deckung und zog den Kopf ein, weil in dieser Sekunde die Hauptscheinwerfer der Limousine die Szenerie in gleißende Helligkeit tauchten. Und schlagartig wurde Lenz klar, dass er in der nächsten Sekunde entdeckt werden würde, weil er genau in der Drehrichtung des Wagens saß. Kronberger würde nach rechts einschlagen, damit er in der gleichen Richtung, aus der er gekommen war, die Straße verlassen konnte. Der Kommissar schluckte, holte tief Luft und wollte sich schon zur Seite fallen lassen, als die Situation sich erneut änderte. Der Wagen stoppte, fuhr vorwärts an und verschwand wieder in der Garage; diesmal allerdings blieb das Tor offen. Eine Tür wurde geöffnet, dann

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