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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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sondern wach war. Trotzdem hatte sich nichts an der Dunkelheit um ihn herum verändert. Und das Düsenflugzeug war noch immer dabei zu starten.
    Er versuchte, einen Orientierungspunkt zu finden, doch es gab um ihn herum nichts als tiefes, Furcht einflößendes Schwarz. Sein nächster Versuch galt einer Bewegung, doch schon die kleinste Regung löste sowohl einen beklemmenden Schmerz in der Brust als auch die vage Erinnerung an zuvor durchlittene Schmerzen aus. Schließlich wurde er wieder von einer entspannenden, wohltuenden Bewusstlosigkeit erlöst, die jedoch nur kurz anhielt. Dann schlug die Erkenntnis der Realität umso erbarmungsloser zu, weil sein Körper plötzlich hin- und hergeschleudert wurde. Schlagartig wurde ihm klar, dass in seiner Nähe kein Flugzeug startete, sondern er in einem Auto unterwegs war, dessen Motor ganz in seiner Nähe arbeitete. Unter ihm. Und er bemerkte, dass er lag, was ihm den nächsten Schauer über den Rücken jagte.
    Vielleicht, grübelte er, wurde ich bei einem Unfall verletzt und bin auf dem Weg ins Krankenhaus? Aber was ist mit meinen Augen passiert?
    Er schluckte erneut, weil ein weiterer, schrecklicher Gedanke durch sein Hirn tobte. Was, wenn ich erblindet bin? Nein, bitte, nur das nicht!
    Wieder versuchte er, sich zu bewegen, doch der Schmerz in der Brust kehrte sofort zurück. Und blieb, obwohl er nun versuchte, seine Position nicht mehr zu verändern.
    Schreien!, dachte er. Schrei doch los! Irgendjemand muss dich doch hören!
    Sein Mund öffnete sich leicht, aber nicht weit genug, um einen Schrei auszustoßen. Wieder kam nur ein leichtes Stöhnen dabei heraus. Und er hatte das Gefühl, sein Mund sei betäubt, wie nach einer Behandlung beim Zahnarzt. Mit dem rechten Arm wollte er nach oben greifen, zu seinen merkwürdig gefühllosen Lippen, doch der Arm war wie an seinem Bauch festgewachsen. Ein Versuch mit dem linken führte zu dem gleichen, fürchterlichen, Panik auslösenden Ergebnis. Seine Arme waren am Bauch festgebunden. Er konnte sie ein paar Millimeter nach oben und unten bewegen, ansonsten waren sie fixiert.
    In diesem Augenblick begann Klaus Patzner zu schreien. Er brüllte, obwohl er nur undeutliche Stöhnlaute von sich gab, weil nur er die Schreie hören konnte. Sein Körper bäumte sich auf, obgleich er sich kaum bewegen konnte und dabei unter furchtbaren Schmerzen litt. Gleichzeitig begann er zu weinen.
     
    Nun verstummte der Motor unter ihm, und er konnte deutlich das ratschende Geräusch hören, das entsteht, wenn die Handbremse eines Wagens angezogen wird. Wieder gab er Stöhnlaute von sich, horchte, doch um ihn herum war Stille.
    Er lag auf dem Rücken. Seine Arme waren vor dem Bauch gefesselt. Alles um ihn herum war dunkel. Und er träumte nicht, leider.
    Was passiert mit mir?, fuhr es ihm durch den Kopf. Mit größter Anstrengung versuchte er, sich an seine letzten Bilder als aufrecht gehender, vitaler und beweglicher Mensch zu erinnern, doch da war nichts. Nur Leere.
    Dann ein Blitzlicht.
    Ich wollte mich mit jemandem treffen. Oder doch nicht?
    Ein Pfeifen! Schritte!
    Lieber Gott, hol mich aus diesem Albtraum, dachte er, und begann wieder zu stöhnen und zu zappeln.
    Über seinem Kopf, so vermutete er zumindest, wurde eine Klappe geöffnet. Das Pfeifen wurde lauter, ebenso sein eigenes Stöhnen. Sein Körper wurde unter den Armbeugen gefasst, angehoben, nach vorne gezogen und auf den Bauch gedreht.
    Ein Mensch, fiel ihm dazu ein. Ein Mensch, der mir helfen kann. Vielleicht bin ich wirklich schwer verletzt und brauche die Hilfe dieses Menschen?
    Dann hörte er ein Rattern. Leise, als würden gummigedämpfte Rollen über Asphalt laufen. Wieder das Pfeifen. Er kannte die Melodie.
    Noch einmal den Refrain, bitte.
    Ich wusste es, dachte er. ›El Condor Pasa‹. Ich wusste es!
    Jetzt hatte er das Gefühl, alles würde gut werden.
    Doch schon im nächsten Moment wurde sein Körper brutal zur Seite gerollt, und zwei Hände griffen ihm unter die Brust und unter die Oberschenkel. Die Hände kamen merkwürdigerweise direkt mit seiner Haut in Kontakt.
    Komisch.
    Er wurde angehoben, und nun nahm er den Windhauch direkt auf seiner Haut wahr.
    Ich bin nackt, registrierte er.
    I c h  b i n  n a c k t?
    Noch bevor er dem Gedanken weitere Bedeutung beimessen konnte, wurde sein Körper gedreht, noch einmal ein Stück angehoben und dann abgelegt.
    Ich bin nackt. Ich kann nichts sehen. Ich werde operiert, bestimmt werde ich operiert. Hoffentlich kann ich danach wieder

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