Bullenhitze
vortragen, uns in keinster Weise beeindruckt, geschweige denn imponiert«, ließ er die Juristin betont sachlich wissen. »Es ist uns zunächst völlig egal, mit wem und wo Sie Ihre Samstagabende verbringen, so lange dabei nicht die Belange Dritter berührt werden, und das ist hier eindeutig der Fall. Ihr bis jetzt unbekannter Begleiter steht, ich will es mal wohlwollend ausdrücken, zumindest in der Nähe des Verdachts, am gewaltsamen Tod eines Menschen beteiligt gewesen zu sein. Und wenn Sie sich weiterhin weigern uns mitzuteilen, um wen es sich bei dem Mann handelt, wird erstens Ihre Geschichte nicht besser, und zweitens Ihre Situation schon gleich gar nicht.«
»Sie wissen, dass Sie mich nicht zwingen können, die Identität meines Begleiters preiszugeben.«
Über das Gesicht des Hauptkommissars huschte die Andeutung eines Lächelns, bevor er ihr antwortete. »Ach, Frau Hödecke, wir kennen uns doch beide ein bisschen in diesen Sachen aus, wie ich vermute. Natürlich kann und will ich Sie zu nichts zwingen, da haben Sie eindeutig recht. Was ich aber machen kann, und mit Sicherheit auch machen werde ist, Ihren Ehemann nach seiner Rückkehr von den Philippinen vorladen und zu dem betreffenden Abend befragen zu lassen. Immerhin steht sein Name auf der Gästeliste dieses Dinner in the Dark.«
Beate Hödecke schluckte, presste die Lippen aufeinander und schloss kurz die Augen. »Mein Begleiter ist ein Politiker«, presste sie hervor. »Ein verheirateter Staatssekretär mit vier Kindern aus Düsseldorf.«
»Hmm«, machte Lenz erneut. »Wo ist das Problem? Die Düsseldorfer Kollegen vernehmen ihn, er bestätigt die Geschichte, die Sie uns hoffentlich noch erzählen werden, und damit sollte die Sache wohl erledigt sein.«
»Das gerade eben geht nicht«, echauffierte sie sich. »Es geht einfach nicht.« Sie atmete kurz durch, um sich zu beruhigen.
»Dann würde ich vermuten«, durchbrach Thilo Hain die fast körperlich spürbare Stille, »dass Ihr Anonymus Staatssekretär im Nordrhein-Westfälischen Innenministerium ist. Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege, aber so ungefähr sollten sich die Dinge wohl darstellen, nicht wahr?«
Sie drehte den Kopf und konnte ihre Anerkennung kaum verhehlen. Dann nickte sie kaum sichtbar. »So ist es, ja. Genau so. Seine Karriere wäre am Ende, wenn herauskommen würde, dass er und ich …« Sie brach ab.
»Dass sie beide sich dann und wann heimlich treffen, hinter dem Rücken und ohne Wissen Ihrer jeweiligen Ehepartner«, vervollständigte Hain den Satz.
Wieder ein kaum wahrnehmbares Nicken.
»Ich will das, was Sie getan haben und tun, nicht moralisch werten«, erklärte Lenz der Frau, »das steht mir nicht zu. Trotzdem kommen wir nicht umhin, den Mann zu den Ereignissen des Abends befragen zu lassen.«
»Aber es ist doch überhaupt nichts passiert«, blaffte sie den Hauptkommissar an. »Wir haben in diesem Restaurant gegessen, sind danach in ein Hotel am Stadtrand gefahren, und am nächsten Morgen zurück.«
»Alles, was nach diesem Dinner in the Dark passiert ist, ist für uns zunächst bedeutungslos, Frau Hödecke«, meinte Lenz. »Ist Ihnen denn währenddessen etwas an den anderen Gästen aufgefallen?«
Sie fuhr sich mit dem Taschentusch über die Nase. »Ach woher, nein. Wir hatten einen netten Abend, wenngleich ich die Leute, die auch teilgenommen haben, nicht unbedingt gebraucht hätte. Wir wurden ins Dunkle geführt, bekamen unser Essen, und sind wieder gegangen, als es vorüber war.«
Lenz sah sie skeptisch an.
»Eine Zeugin hat ausgesagt, dass Ihr Begleiter sich mindestens einmal über den Nachbartisch gebeugt hätte und dabei dem Mann, der am Morgen darauf gestorben ist, ziemlich nahe gekommen sein muss.«
»Ja, sicher, das ist richtig. Mein … Begleiter hat sich öfter über den Tisch gebeugt, aber doch nur, um sich mir zu nähern. Dabei kann es auch passiert sein, dass er im Dunkeln ein bisschen die Orientierung verloren hat und diesem Mann ein klein wenig zu nahe kam. Immerhin gab es reichlich Alkohol zu trinken. Aber er hat ihn doch nicht vergiftet.«
»Woher wissen Sie, dass er vergiftet wurde?«, fragte Hain erstaunt.
Sie drehte erneut den Kopf zu dem Oberkommissar. Diesmal hatte ihr Blick etwas Tadelndes. »Auch dort, wo ich herkomme, gibt es Zeitungen und Internetzugänge, junger Mann. Also, beleidigen Sie bitte nicht meine Intelligenz mit solch dummen Fragen.«
Hain sah durch sie hindurch und tat, als könne sie unmöglich ihn gemeint
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