Bullenhitze
der Lokalzeitung las. Peter Schrick stand auf, reichte ihr die Hand und schob ihr den Stuhl zurecht, der seinem gegenüber stand.
»Hallo, Frau Wohlrabe. Schön, dass Sie es einrichten konnten und sich die Zeit für mich nehmen. Mein Beileid übrigens noch.«
»Nicht viel Zeit, wie ich bereits am Telefon sagte«, erwiderte sie mit ausdruckslosem Gesicht und nahm Platz. Seine Kondolierung verpuffte unkommentiert.
»Das macht nichts«, entgegnete er und setzte sich.
»Also«, fuhr sie mit der gleichen ausdruckslosen Stimme fort, »was kann ich für Sie tun? Ich vermute, dieses konspirative Treffen gilt nicht der Beileidsbekundung zum Tode meines Mannes.«
»Nein, da haben Sie recht. Das hätte ich einfacher haben können.«
Ihr Blick wurde eisig. »Und weiter?«
»Können Sie sich das nicht denken?«
»Nein, ich denke momentan nicht viel. Sagen Sie mir einfach, was Sie von mir wollen, Herr Schrick.«
Ein Ober baute sich vor ihrem Tisch auf und sah Monika Wohlrabe erwartungsvoll an.
»Ein stilles Wasser bitte«, bestellte sie und lehnte sich im Stuhl zurück. »Also, was wollen Sie?«
»Ich möchte Ihre Firma kaufen.«
Die Frau lachte laut auf. »Sind Sie größenwahnsinnig geworden? Soll das so etwas werden wie das, was Porsche mit VW versucht hat? Der Kleine schluckt den Großen? Oder verschluckt sich am Großen?«
Sein Gesicht hatte sich bei jedem ihrer Worte ein klein wenig mehr verfinstert. »Sie sind eine junge Frau. Was wollen Sie mit einem Bestattungsunternehmen?«
»Sie haben ganz richtig erkannt, dass ich eine junge Frau bin. Soll ich mich irgendwohin zurückziehen und Geld zählen?«
»Was wäre daran so schlecht?«
»Dass es nicht mein Stil ist. Ich bin die Alleinerbin des Bestattungsunternehmens Wohlrabe, und ob es Ihnen passt oder nicht, Sie werden mit mir als Konkurrentin leben müssen. Als ernst zu nehmende Konkurrentin.«
Er nippte an seinem Tee. »Ich bin nicht sicher, ob Sie in alle Pläne Ihres verstorbenen Mannes eingeweiht waren, Frau Wohlrabe. Offenbar ist Ihnen entgangen, dass Ihr Unternehmen bis zum Stehkragen und darüber hinaus verschuldet ist. Und dass Sie persönlich daran einen nicht zu unterschätzenden Anteil tragen.«
»Interessant«, gab sie mit schneidendem Unterton zurück. »Sie scheinen sich in unseren Büchern gut auszukennen, Herr Schrick. Auf jeden Fall wissen Sie mehr als ich.«
»Genau das meine ich, Frau Wohlrabe. Weil ich so viel weiß, möchte ich Ihnen ein wirklich gutes Angebot machen. Verkaufen Sie an mich, dann können Sie bis zum Rest Ihrer Tage von den Zinsen leben. Sehr gut leben.«
Der Kellner trat mit einem Glas in der einen und einer blauen Wasserflasche in der anderen Hand an den Tisch, stellte das Glas vor der Frau ab und goss es halb voll. »Zum Wohl«, wünschte er kurz und verzog sich wieder.
Monika Wohlrabe hatte der ganzen Aktion keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt. »Nun machen Sie mich aber neugierig. Von welcher Größenordnung sprechen wir denn, Herr Schrick?«
Er nahm wieder einen Schluck Tee, bevor er antwortete. »Gnädigste, seien wir ehrlich. Es wäre höchst unseriös von mir, Ihnen jetzt eine Zahl auf den Tisch zu legen. Aber seien Sie versichert, dass es sich für Sie auf jeden Fall lohnen würde. Auf jeden Fall. Natürlich wäre es mein Bestreben, durch Synergien die Kosten zu senken, und dazu wäre ein Personalabbau unumgänglich, aber er würde sich im absolut notwendigen Rahmen bewegen.«
Nun fing die Frau an zu grinsen. »Meinen Sie, dass es mich interessieren würde, was Sie nach einem eventuellen Verkauf mit den Leuten veranstalten, die dort arbeiten?«
»Vermutlich nicht besonders«, gab er zurück.
»Ich werde es Ihnen sagen: Überhaupt nicht. Entweder ich beschäftige mich mit Ihrem Angebot, und das zu 100 Prozent, oder ich denke nicht einmal darüber nach, aber auch das zu 100 Prozent. Bis jetzt habe ich nicht einen Gedanken an einen Verkauf verschwendet, und so lange ich kein tragfähiges Angebot vor mir liegen habe, werde ich damit auch nicht anfangen. Aber nichts auf dieser Welt ist für die Ewigkeit gestrickt, deshalb sage ich nicht sofort und in diesem Moment nein zu Ihrer Offerte. Überzeugen Sie mich mit einer Summe, die mich korrumpiert, dann könnten wir ins Geschäft kommen.«
Sie stand auf und streckte die rechte Hand nach vorne, um sich von ihrem Gesprächspartner zu verabschieden. Der blieb jedoch völlig gelassen, bewegte sich keinen Jota und sah sie an.
»Ist noch was?«, fragte sie
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