Bullet Boys
sein wollte und Levi ins Dunkle folgte.
In einer Ecke war ein Holzpfosten umgefallen und das Dach stieß dort auf dem Boden auf. Ein kräftiges Ahornbäumchen wuchs nach oben hinaus, der Boden war mit Erde und Unkraut und totem Gras bedeckt. An einer der stabileren Wände lehnte ein niedriges Regal, auf dem flache Steine lagen.
»Hier ist nichts«, sagte Alex, nachdem sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. »Los, lass uns abhauen, bevor wir hier lebendig begraben werden.« Er fühlte sich überhaupt nicht wohl und war sich nur zu bewusst, dass sie sich unbefugt auf militärischem Sperrgebiet aufhielten.
Aber da kroch Levi schon ganz nach hinten in eine Ecke.
»Was machst du denn da?«, fragte Alex.
An der Wand lag ein Haufen Ziegelsteine, wirr durcheinander, als wären sie in höchster Eile dort hingeworfen worden.
»Will mich bloß mal ein bisschen umgucken«, sagte Levi.
Alex war es unheimlich in dem dämmrigen Licht. Über seinem Kopf hingen große, schwere, rissige Balken. Wenn sich einer aus der Halterung löste, konnte er sie beide erschlagen.Der Schuppen wurde nur noch durch Efeu und vergammelndes Holz zusammengehalten.
»Und ich will ein Andenken«, sagte Levi. »So was wie der Stiefel von deinem Großvater. Sasha liebt solche alten Geschichten. Ich will ihr was mitbringen.«
»Eine Schieferplatte?«, schlug Alex vor. Er beäugte das tückische Dach. Durch die Löcher konnte er den Himmel sehen. »Oder eine Delle in deinem Schädel?«
Levi nahm einen Stein vom Haufen, dann noch einen. Es klackte leise, so als würde ein Baum gefällt.
»Vielleicht könnten wir den Schuppen reparieren«, sagte er. »Wir könnten hier übernachten, Feuer machen und die Jungs von der Armee bei ihren Kriegsspielen beobachten. Die würden nie erfahren, dass wir hier drin sind. Guck mal, hier ist es richtig sumpfig.«
»Geh da nicht hin«, sagte Alex. »Sonst versinkst du noch. Der Sumpf ist immer in Bewegung und breitet sich im Laufe der Jahre immer weiter aus. Bald wird er den Schuppen hier verschlingen.«
»Sieht aus, als hätte hier jemand gegraben«, sagte Levi. »Guck mal, wie aufgewühlt der Boden ist.« Er holte einen Stock und rammte ihn in den Schlamm. Der Stock verschwand immer weiter in der Tiefe, bis Levi schließlich kniete und die Hand mit dem Stock den Boden berührte. »Der Stock ist ganz drin«, sagte er. »Ich könnte hier glatt versinken.« Er zerrte an dem Stock, aber der Schlamm hielt ihn fest.
»Komm, gehen wir«, sagte Alex. »Wir dürften gar nicht hier sein.«
Aber Levi zog und zog und schließlich schnellte der Stock mit einem schmatzenden Geräusch heraus. Levi holte tiefLuft, denn mit dem Stock war noch etwas anderes hochgekommen, etwas Langes, Dünnes, in Plastik gehüllt und fest mit einer Schnur umwickelt. Alex spürte in seinem Bauch eine Angst, die er sich nicht erklären konnte. Levi zerrte und zog, bis er das Ding schließlich ganz und gar heraus hatte. Er riss die Plastikumhüllung auf und stieß auf steifes, öliges Segeltuch, das auch mit Schnur umwickelt war.
»Schieb’s wieder zurück«, sagte Alex plötzlich. Das Ding hatte etwas Unheilvolles an sich. Das Tuch sah aus wie Haut.
»Warte.« Levi kniete sich hin und zerrte an dem Bündel, riss an der Schnur drumherum. Schließlich hatte er sie abgewickelt und schlug das ölige Tuch auf.
Vor ihnen lag ein in Öl getränktes Gewehr.
DAS VERSTECK
Leichter Nebel hatte sich über das Moor geschoben und im Tal niedergelassen. Der Boden im maroden Schuppen wurde feucht. Die Jungen hatten jedes Zeitgefühl verloren. Alex hatte einen Metallstab gefunden und Levi einen Spaten mit abgebrochenem Stiel. Mit diesen Werkzeugen holten die Jungen ein Gewehr nach dem anderen aus dem Schlamm. Sie stapelten die Waffen an einer Wand auf, Dutzende langläufige Gewehre, jedes einzelne sorgfältig in Öltücher und Plastik gewickelt. Und es kamen immer mehr zum Vorschein. Die Jungen machten sich nicht mehr die Mühe, sie aus der Plastikhülle auszupacken, es waren einfach zu viele. Levi war völlig aus dem Häuschen, jedes Mal wenn sie ein Gewehr hervorholten, jubelte er, Alex jedoch war von schierer Panik ergriffen.
Es gab zwei Sorten von Gewehren: AK-47-Sturmgewehre – Kalaschnikows, die auf der ganzen Welt vom Militär eingesetzt wurden. Und SA80er. Sie waren in erstaunlich gutem Zustand, abgesehen von manchen Abnutzungserscheinungen: Mal fehlte ein Griff, mal ein Sicherungshebel, mal hatte ein Gewehr einen Kratzer, mal einen
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