Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bullet Boys

Bullet Boys

Titel: Bullet Boys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
war. Aber ich habe eine Million weitere Gründe, die Schule zu hassen: die Lehrer, die meisten Schüler, die langweilige Büffelei. Und ich wollte sie ja nur ein bisschen kitzeln, der Schule mit ein oder zwei Wespenstichen unter die Haut gehen, genauer gesagt, ein paar kleine Päckchen, die aussehen wie Sprengkörper, gut verteilt im Hauptgebäude,sollten für ein bisschen Aufregung sorgen. Ich hätte nie gedacht, dass ich die Schule damit bis auf die Grundfesten erschüttern und das zu Massenevakuierungen führen würde, dass Armee und Sonderkommandos und per Hubschrauber anreisende Regierungsvertreter eingeschaltet werden würden. Die haben total überreagiert!
    »Hätte ich das bloß nicht gemacht!«, sage ich und lasse den Kopf auf meine Knie sinken. Den folgenden Teil würde ich am liebsten vergessen.
    Zwei Wochen nachdem ich von der Schule verwiesen worden war, brachte mich Dad zur Kaserne, weil Hauptfeldwebel Furzey und einige der Sprengstoffspezialisten, die mit der Sache zu tun gehabt hatten, mit mir reden wollten. Ich weiß, dass ich nervös war, aber nicht allzu sehr. Schließlich habe ich mir schon jede Menge Strafpredigten anhören müssen. Am Tor der Kaserne wurde Dad durchgewinkt, er fuhr direkt auf den hinteren Teil des Geländes und parkte vor einem kleinen, alleinstehenden gemauerten Gebäude.
    Wir gingen hinein und es kam mir komisch vor, dass es so kalt war und es keine Fenster gab. Als Dad mir befahl, ich solle mich in die Mitte des dunklen Raumes auf den Zementfußboden setzen, geriet ich in Panik. Dann kamen Soldaten rein. Mit Hauptfeldwebel Furzey waren sie zu sechst, alle rausgeputzt, als kämen sie von einer Parade, alle mit ihren persönlichen Waffen. Ich hatte solche Angst, dass ich mich nicht rühren konnte. Sie guckten mich an, als wollten sie mich umbringen. Dann wurde es noch schlimmer. Sie zeigten mir Bilder von Verwüstungen, die Bomben anrichten können, Bilder von der gefährlichen Arbeit der Bombenentschärfer. Sie erzählten mir von zerstörtenExistenzen und verzweifelten Familien. Sie zeigten mir Bilder von Kindern, deren Väter bei der Entschärfung von Bomben getötet worden waren. Dann zeigten sie mir die toten Väter. Ein Soldat schaltete einen Projektor an und ich sah riesige Farbdias von Bombenverletzungen. Ich musste mich übergeben und der Hauptfeldwebel schrie mich an und ich musste das Zeug vor aller Augen selber aufwischen und dann ging das Martyrium weiter. Ich sah Filme, in denen echte Bomben explodierten und echte Leute verletzt und getötet wurden. Ich sah Fotos, die jetzt in meinem Kopf herumschwirren und nie verschwinden werden, entsetzliche Bilder, schrecklicher als alles, was ich mir je hätte vorstellen können.
    Und dann ließ sich der Hauptfeldwebel auf die Knie hinunter, kam ganz an mich heran und brüllte mir ins Gesicht, wie dumm und wie nutzlos ich sei. Ich sei ein wertloses Stück Scheiße, das man eigentlich erschießen sollte. Ich brach zusammen und weinte und schluchzte vor allen wie ein kleines Kind, so verängstigt und verschreckt war ich. Und mein Dad saß die ganze Zeit in der Ecke und rührte keinen Finger.
    Es war mein lieber Vater, der dies mit seinen Verbindungen zur Armee extra für mich arrangiert hatte. Ich glaube, die Idee hatte er aus Clockwork Orange . Dad hat das Buch schon immer gemocht. Ich habe nur den Film gesehen.
    Jetzt muss ich die Tränen zurückhalten, die aus meinen Augen quellen wollen.
    Auf dem Weg nach draußen sagte Dad zu mir, er habe das tun müssen. Er sagte, ich müsse »zurechtgebogen« werden.
    Da bin ich weggelaufen.
    Und was wird jetzt? Gott weiß, was mein Vater diesmal für mich arrangieren wird. Was auch immer, es wird in jedem Fall entsetzlich sein. Dad wird nicht glauben, dass der Schuss versehentlich losgegangen ist. Ich kann nie wieder nach Hause. Diesmal bringt mein Vater mich um. Aber dann habe ich plötzlich eine Idee.
    Vielleicht könnte ich ja trotzdem nach Hause.

    Levi will, dass ich den Reißverschluss vom Schlafsack aufmache, damit er ihn auf dem stacheligen Gras ausbreiten kann. Er legt sich auf eine Seite und deckt sich mit einer von den geklauten Decken zu. Es ist zwar unbequem, aber er ist trotzdem innerhalb von zehn Minuten eingeschlafen und schnarcht so laut, dass ich fürchte, die Gruppenleiterinnen könnten herkommen und nachgucken, was das wohl ist.
    Levis Füße sind ein bisschen größer als meine. Er hat noch immer seine großen, weichen grauen Turnschuhe an den Füßen. Ich betrachte

Weitere Kostenlose Bücher