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Burgfrieden

Burgfrieden

Titel: Burgfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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Originalwortlaut, vorzubereiten. Als er das Wandschränkchen, in dem er die Handschrift am Vorabend deponiert hatte, öffnete, war dieses leer. Botsch glaubte zunächst an ein Versehen und suchte den ganzen Raum ab, doch keine Spur von den Pergamentbögen. In seiner Verzweiflung rief er Francesca, die sich ebenfalls schon auf der Burg befand. Diese dehnte die Suche auf den dem »Saal der Liebespaare« vorgelagerten Turniersaal aus. Vergebens, die Handschrift blieb verschwunden. Blasius hätte nun die gesamte Burg durchsuchen können, doch das schien ihm ein vergebliches Unterfangen, zumal das Eintreffen der »gelehrten Herren und Damen« für neun Uhr angekündigt war und es bis dahin schlechterdings unmöglich war, das monumentale Bauwerk zu durchkämmen. Das war der Moment, in dem er sich dazu entschied, den Professor anzurufen.
    »Weil er meint, dass einer von uns etwas mit der Sache zu hat.« Jenny fand, dass es am besten sei, Arthur gegenüber die unangenehme Tatsache offen auszusprechen. Nachdenklich strich der sich das Haar in die Stirn.
    »Es ist noch schlimmer. Ich glaube, er hält Mordred für den Schuldigen.«
    »Was ja naheliegend ist.« In dem Augenblick, in dem Jenny die Worte ausgesprochen hatte, bereute sie diese auch schon wieder. Deshalb beeilte sie sich zu versichern: »Doch das Offensichtliche ist nicht immer das Richtige. Es gibt meist mehr als eine Lösungsmöglichkeit. Fakt ist, dass Herr Botsch selbst den Eingang zur Burg zugesperrt hat und keiner von uns einen Schlüssel besitzt. Folglich könnte einer von der Burg eher für das Verschwinden der Handschrift verantwortlich sein.« Sie wollte noch hinzufügen, der Herr Direktor solle lieber die Putzfrau befragen anstatt haltlose Verdächtigungen in den Raum zu stellen. Doch Arthurs verzweifelte Miene gebot ihr Einhalt. Scherze waren momentan fehl am Platz – auch dann, wenn sie einer gewissen pragmatischen Grundlage nicht entbehrten. Daher stand sie auf, strich ihre bunt gemusterte Caprihose glatt und stellte Arthur die Frage, die sie in vergleichbaren Situationen auch ihren Kunden stellte: »Und wie kann ich dir nun helfen?«
    Bevor Arthur antworten konnte, klopfte es erneut, diesmal verhalten und zögerlich. Wer wagte es, jetzt zu stören? Ärgerlich riss Jenny die Tür auf. Draußen stand Lenz Hofer. »Such’ ich den Professor. Konnt’ ich ihn nirgends finden. Dacht’ ich mir, ist er vielleicht bei Ihnen.« Noch ehe Jenny antworten konnte, erhob sich der Gesuchte aus seinem Sessel und bedeutete seinem Assistenten, einzutreten.
    »Am besten, du erfährst die schlechte Nachricht gleich: Die Handschrift ist verschwunden.«
    Jenny war wenig erbaut darüber, dass Arthur Lenz Hofer ins Vertrauen zog, noch bevor sie Gelegenheit hatte, sich über die weitere Vorgehensweise Gedanken zu machen. Doch die Chance, den Assistenten bei der Ankündigung seines Chefs zu beobachten, ließ sie sich nicht entgehen. War da vielleicht ein verdächtiges Aufflackern hinter den Brillengläsern, das ihn verriet? Jenny rief sich in Gedanken zur Ordnung, bevor ihre Fantasie vollends mit ihr durchging. Das Leben war schließlich kein Kriminalroman.
    Das schien auch Lenz Hofer so zu sehen.
    »Sind alle jetzt fertig. Wartet der Georg schon mit dem Van. Werd’ ich das Fahrrad nehmen.« Unwillkürlich musste Jenny lächeln. Nerven hatte der, tat einfach so, als wäre nichts passiert. Dennoch hatte sie das Gefühl, Arthur, nachdem er sie immerhin als erste konsultiert hatte, ein wenig Schützenhilfe leisten zu müssen.
    »Wie der Herr Professor schon gesagt hat: Die Handschrift ist verschwunden beziehungsweise seit heute Morgen nicht mehr auffindbar. Der Burgdirektor verdächtigt einen von uns, Mordred, um genau zu sein. Ich glaube daher nicht, dass es jetzt von Relevanz ist, wer mit wem oder womit fährt.«
    Jenny hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Sie hörte sich ja schon an wie Xenia Schmied-Schmiedhausen. Dabei gab es wirklich keinen Grund, ihren Unmut über die vertrackte Situation an Lenz auszulassen. Dennoch hatte sie es getan. Jetzt schlug auch Arthur in dieselbe Kerbe.
    »Lenz, Frau Dr. Sommer sieht das richtig. Unter den gegebenen Umständen sind wir auf der Burg nicht mehr willkommen.«
    Lenz steckte die Hände in seine Hosentaschen und fixierte einen Punkt im Zimmer, der sich irgendwo oberhalb von Jennys Kopf befinden musste.
    »Sag ich dem Georg halt, dass wir hier bleiben. Wird Herr Botsch die Handschrift eben alleine suchen.«
    Eines musste man

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