Burke 2 - Strega
wissen wir’s. Aber um es damals wirklich zu wissen, mußtest du es erfahren.«
»Wenn du also gedacht hast, die Erfahrung wäre bloß Einbildung ...«
»Ja«, sagte Pablo, dankbar, daß ich endlich das Licht sah, das für ihn so hell strahlte.
Ich stand auf und schritt ruhelos durch den kleinen Raum. »Vergiß die Politik eine Minute«, sagte ich. »Wir wissen, daß Leute Kindern so was antun, okay? Wissen wir, warum?«
Pablo legte den Kopf zurück, bis er an die Decke starrte. »Ich werde dir alles sagen, was wir tatsächlich wissen – es dauert nicht lang. Wir wissen, daß Leute Sex mit Kindern haben – den Kindern Fremder und auch ihren eigenen. Wir wissen, daß dies etwas mit Macht zu tun hat – der Macht, die erwachsene Menschen über Kinder haben. Tatsache ist, daß Sex mit Kindern kein Sex ist, wie du ihn verstehen würdest, Burke. Es ist, zum Beispiel, kein Anpassungsprozeß, wie er Männer dazu bewegt, sich anderen Männern zuzuwenden, wenn es keine Frauen gibt – etwa im Gefängnis.
Dies ist eine völlig andere Dimension. Der Pädophile – derjenige, der Sex mit Kindern hat – mag in der Lage sein, Sex mit Frauen zu haben, oder mit erwachsenen Männern. Aber er zieht es andersherum vor. Je intelligenter der Pädophile, desto geschickter mag er seine Gewohnheit begründen, doch die Wahrheit ist ganz simpel – er weiß, was er tut, ist falsch, und er tut es nichtsdestotrotz.«
»Ich dachte, diese Freaks könnten sich nicht selber helfen?«
»Nein! Sie können aufhören – doch sie haben beschlossen, nicht zu wollen.«
»So simpel kann’s nicht sein«, sagte ich ihm. »Wer zum Geier würde sich entschließen, Frauen sausen zu lassen und kleine Kinder zu zwingen ...?«
»Alles, was in ihnen steckt, steckt auch in dir und mir, mein Freund. Wenn jeder Mann, der gegenüber einer Frau den sexuellen Drang zur Gewalt empfände, sich nach dieser Empfindung verhielte, wäre New York keine Stadt – es wäre ein Friedhof.«
»Du meinst, das ist es nicht?«
»Du scherzt, wenn du etwas nicht verstehst. Bloß weil auf unseren Straßen ein paar niedere Bestien umgehen, macht das unsere Kommune nicht zum Dschungel – nicht, solange Leute gegen die Bestien kämpfen.«
Pablo nahm eine dunkle Flasche von einem Regal und goß sich ein Glas von dem Dschungelsaft ein, den er immerzu trinkt. Ich lehnte sein Angebot mit einem Kopfschütteln ab.
»Auf die Rehabilitation!« sagte er, das halbe Glas runterkippend.
»Hast du das jemals mit einem von den Freaks probiert?« fragte ich ihn.
»Einmal. Einmal haben wir genau das getan«, sinnierte er, der Blick irgendwo anders. »Meine Leute brachten vor Jahren einen Mann hier rein. Er hatte in der Gegend Kinder geschändet, und man hielt es für das beste, ihn an unsere Klinik zu überstellen.«
»Warum nicht den Cops?«
»Meine Leute wollten Gerechtigkeit, Burke. Und sie wußten, der Mann würde wahrscheinlich nie angeklagt. Seine Opfer waren nicht wichtig.«
»Was haben sie von dir erwartet?«
»Der Mann willigte ein, bei uns in Behandlung zu gehen. Er machte einen bestimmten Vertrag, daß er sein Treiben einstellen würde, während wir etwas gegen sein Betragen zu tun versuchten.«
»Betragen?«
»Nur sein Verhalten war eine Gefahr für unsere Gemeinde – seine Beweggründe sind so tief in ihm, daß es jahrelanger Behandlung bedurft hätte, um sie an die Oberfläche zu bringen. Und selbst dann könnten wir wahrscheinlich nichts dagegen tun. Uns ging es nur darum, daß er aufhört.«
»Hat er?«
»Nein. Wir können nicht wissen, warum er seine Wahl traf – welche Kräfte in ihm waren. Wir können nur vermuten, daß er versucht hat, bei der Stange zu bleiben. Eines Tages rutschte er aus und fiel.«
»Was hast du dann gemacht?«
»Nichts. Ab da war es eine Angelegenheit der Polizei.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, die Cops könnten nichts machen.«
»In diesem Fall konnten sie, compadre. Als er das letzte Mal ausrutschte und fiel, war er auf einem Dachfirst.« Pablo hob sein Glas zu einem stillen Toast auf die einzige Rehabilitation, die wirklich funktioniert.
Schweigend saßen wir eine Minute lang da – jeder wartete auf den anderen. Pablo nahm einen weiteren Schluck von seinem Dschungelsaft. » Hermano, in Wahrheit haben wir über Verbrechen geredet, nicht über Psychiatrie. Und du weißt mehr über das Betragen solcher Leute als ich. Oftmals haben wir dich aufgefordert, die Aktionen derart schlechter Menschen vorauszusagen – ursprünglich
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