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Burke 2 - Strega

Burke 2 - Strega

Titel: Burke 2 - Strega Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Vachss
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»Weißt du, daß Puertoricaner ein besonderer Stamm sind, mein Freund? Weißt du, daß wir keine ›Latinos‹ sind, wie einige Gringos glauben? Und wie es sich ein paar von uns wünschten. Puertoricaner sind afrikanisch, indianisch, spanisch ... Unsere Wurzeln liegen auf vielen Kontinenten, und das Wissen unseres Volkes besteht aus dieser Mischung unseres Blutes. Wir nennen es ›rassenspezifisches Wissen‹, und es reicht tiefer zurück, als du dir je vorstellen könntest.«
    Ich blickte Pablo an – seine dunkle Haut und das dicht gekräuselte Haar. Ich dachte an damals, als wir Kids waren und die Cops die Schlägerbanden hochnahmen. Die dunkelhäutigen Puertoricaner sprachen niemals Englisch – sie wollten nicht für Schwarze gehalten werden. Ich dachte an das schwarze Gesicht des Soldaten auf São Tome, der mich, just bevor wir übers Wasser nach Biafra fuhren, in einer Bar ansprach. Mir ein Bild seiner Frau zeigte, lächelte. » Muy bianco, no?« sagte und auf meinen Beifall wartete. Liberale wollten ihre Wurzeln finden – Überlebenskünstler wollten möglichst nicht von ihnen erdrosselt werden.
    »Als du das erste Mal von dieser Frau erzählt hast, dachte ich, du würdest eine Santeria-Priesterin beschreiben. Du kennst sie – sie mischen Voodoo und Christentum wie ein Chemiker zwei Stoffe mischt. Doch diese Frau, sie ist nichts Vergleichbares. Ihre Rituale sind in ihrem Kopf – sie wurden durch andere überliefert – sie sind ihre eigene Schöpfung.«
    »Yeah. Aber ...«
    »Wie nennt sie sich, mein Freund?«
    »Das ist ’ne komische Sache – ihr Name ist Gina, der Name, den ihr ihre Leute gegeben haben. Aber als sie älter wurde, hat sie sich dann anders genannt. Strega. Du weißt, was es heißt?«
    » Si, compadre. Aber es heißt nichts ... oder alles. Es hängt davon ab, wer spricht. Vom Ton ihrer Stimme – ihrer Beziehung zu der Frau. Wir haben im Spanischen dasselbe Wort. Bruja. Es heißt ... Hexe, wahrscheinlich. Eine Frau mit starker Macht, doch möglicherweise dem Bösen im Herzen. Es kann ein Ausdruck von Zuneigung sein ... eine Hexe mit Feuer im Blick und dem Teufel im Hintern, verstehst du?«
    »Hexe. Hure. Es nützt mir nichts.«
    »Das eine ist im anderen – doch erinnere dich, die Hexe schließt alles andere ein. Eine Frau, die eine Hexe ist, kann alles sein, was sie will – sie kann viele Formen annehmen. Eine alte Frau, ein Kind.
    Eine Heilige, eine Teufelin. Und sie hat immer die Wahl. Wir können eine solche Frau nie sehen – nur die Erscheinung von ihr, die sie uns sehen läßt. Wenn zehn Männer sie sehen, sehen sie zehn verschiedene Frauen. Und jeder wird glauben, er hat die Wahrheit gesehen. Ein Mann kann eine Hexe nicht sehen.«
    »Komm schon, Pablo. Du glaubst den Scheiß?«
    »Ich glaube, was wahr ist«, sagte er mit ernster Stimme. »Ich glaube, diese Weisheit, die uns über Jahre überliefert worden ist, hat aus einem bestimmten Grund überlebt. Die Wahrheit zu ignorieren heißt, nicht verstehen, warum die Wahrheit überlebt hat.«
    Überleben. Meine Spezialität – mein Geburtstagsgeschenk vom Staat. »Was will sie?« fragte ich ihn.
    »Das weiß nur sie, Burke. Bruja ist ein Feuer – sie braucht Treibstoff.«
    Ich drückte meine Zigarette aus. »Für mich ist es das Beste, ich kratz die Kurve, richtig?«
    Pablo nickte.
    »Aber ich muß diesen Job machen«, sagte ich ihm.
    »Du wirst nicht immer so verwirrt sein, Burke. Wenn Bruja dir erscheint, wird es klar sein. Du wirst die Wahrheit wissen. Sie wird nicht versuchen, dich ohne die Wahrheit festzuhalten – du kannst von solch einer Frau nicht ausgetrickst werden, sie verabscheuen die Schliche normaler Frauen. All ihre Sklaven sind Freiwillige.«
    »Wer geht denn freiwillig als Sklave?«
    »Ein Mann, der die Freiheit fürchtet«, sagte Pablo im Aufstehen und umarmte mich. Es war eine Verabschiedung.
    Der Lincoln stand draußen vor der Klinik, als wäre er nie bewegt worden. Die Fahrertür war offen, der Motor lief.
    Ich weiß einen Fingerzeig zu nehmen. In Sekundenschnelle war ich aus der Straße.
    Es war inzwischen weit nach Mitternacht – noch nicht zu spät, zu Mamas Schuppen zu gehen, doch ich war nicht hungrig. Der Lincoln wandte sich gen Norden zur Triboro – ich wollte eine Schleife ziehen und zurück zum Büro steuern. Doch ich befand mich statt dessen auf einer langen Überführung in Richtung Queens. Die Brücke war ruhig. Ich passierte den Brooklyn-Queens-Expressway, meine letzte Chance, zurück nach

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